5. Inschrift und Stifter
5.1 Bauinschrift und Datierung
Die Bauinschrift des Nymphaeum Traiani befindet sich auf den Architrav-Fries-Blöcken des Untergeschoßes in der Frieszone und auf der
oberen Faszie.
Der in beiden Zeilen erhaltene Text läßt sich folgendermaßen ergänzen261:
[’Ap]TEgiÖi ’Ecfisoiq Ka[i] AufTOKpccropi] Nfpoua Tpa[iavwi Ka]ioa[pi LEßa<JTw]i Fsp[paviK]w Acckikw Kai rfj TrocTpiÖi KXaüöio«; ’Apicrricov
Tpi<; ctoiapyiK KfX1 vecoKÖfpoq]
[pejra ’lovXiaq Avöiat; AafTEpavijc; ’0uapiX]Xq[(;]262 rfjfc; yvvaiKÖt;] 6vya[T]pöc; ’Aoioa; dp/iEfpsio«; Kai TtpUTdjvEcoc [... uÖcop263 siojayaycbv
Öfov K[araaKEuac>EV ö/Jetou öiaKoaiwv Kai ÖEKa OTaÖiwv Kai tö bbpEKÖoxiov aöv navTi tw Koopcoi264 dvEßrjKEV ek twv iÖiwv.
Die wörtliche Übersetzung lautet demnach:
Der Artemis von Ephesos, dem Kaiser Nerva Traianus Caesar Augustus Germaniens Dacicus und der Vaterstadt [gestiftet von] Claudius
Aristion, dreimaliger Asiarch und Neokoros gemeinsam mit lulia Lydia Laterane [Varilla?], [seiner] Frau und Tochter Asias, Archiereia
und Prytanin, der das Wasser eingeleitet hat in die Leitung von 210 Stadien Länge und das Hydrekdocheion, die er errichten ließ mit allem
Schmuck aus eigenen Mitteln.
(Übersetzung: U. Quatember)
In ihrer Form folgt die Inschrift dem üblichen Schema von Stifterinschriften, wobei zuerst im Dativ diejenigen genannt werden, denen
das Bauwerk geweiht ist, im Anschluß daran erfolgt die Nennung des bzw. der Stifter im Nominativ. Die Erwähnung einzelner, besonders
bedeutsamer Ämter und Titel des Stifters ist dabei durchaus üblich265. Als Vergleich zur Inschrift des Nymphaeum Traiani ist auch jene des
sog. Brunnens an der Straße zum Magnesischen Tor heranzuziehen266. Aus beiden ergeben sich weitreichende Konsequenzen nicht nur für
die Datierung beider Bauten, sondern auch zu Karriere und Familie der Stifter Ti. Claudius Aristion und lulia Lydia Laterane.
Die in der Inschrift beider Brunnen angegebene Kaisertitulatur erlaubt eine relativ genaue zeitliche Einordnung: Der genannte Titel Dacicus
wurde Traian im Herbst 102 verliehen267, d. h., es handelt sich um einen Terminus post quem für die Errichtung des Bauwerks; das Fehlen der
Bezeichnung Optimus bzw. seiner griechischen Entsprechung ’Apioroc; (Verleihung zwischen 10. August und 1. September 114268) hingegen
liefert einen Terminus ante quem. Somit läßt sich die Datierung des Bauwerkes auf die Zeit zwischen 102 und 114 n.Chr. einschränken269.
Mit welcher konkreten Bauform der Begriff uöpsKÖoxiov bzw. üÖpEKÖoxEiov zu verbinden ist, muß beim derzeitigen Forschungsstand
offenbleiben, denn anders als von Dorl-Klingenschmid vermutet270, ist es aus methodischen Überlegungen nicht möglich, das Wort auf den
„Typus Fassadennymphäum“271 zu beziehen: Zu gering sind unsere Kenntnisse über die in der Antike vorherrschenden „Denkkategorien“
261 Erstmals publiziert bei Miltner, Grabungsbericht 1957, 329 f. Die hier angegebene
Ergänzung folgt IvE II 424 mit einigen Korrekturen. Zur Inschrift s. auch Bulletin
epigraphique 1961, 222 Nr. 539; AE 1967, 144 Nr. 467; Quass, Honoratiorenschicht,
216f.; Dorl-Klingenschmid, Prunkbrunnen 119; Cramme, Euergetismus, 148 mit
Anm. 552. Die von ihm vorgenommenen Korrekturen am Text („nach einem Foto“)
sind jedoch mit Ausnahme des Iota adscriptum bei KÖopcoi nicht zutreffend: weder
aveOriKev noch der letzte Buchstabe von iöicov fehlen.
262 Scherrer, Femwasserversorgung, 53-55 mit Anm. 53 schlägt - m. E. mit guten Grün-
den - „Varilla“ als Ergänzung vor und vermutet verwandtschaftliche Beziehungen zu
den Familien des C. Julius Celsus Polemaeanus und des P. Quintilius Valens Varius.
263 übcop wird in IvE II 424 wiedergegeben, als ob das entsprechende Fragment vorhanden
wäre; tatsächlich fehlt es aber, und in den Skizzenbüchem existiert ebenfalls keine
entsprechende Aufnahme eines Fragments. Das Wort wurde offenbar frei ergänzt.
264 IvE 424 gibt hier Koopw wieder.
265 Stephan, Honoratioren, 94 f. mit Verweis auf die Inschrift des Nymphaeum Traiani.
Friesen, Twice Neokoros, 105 betont in diesem Zusammenhang, daß die Karriere
griechischer „Provinz-Eliten” nicht dieselbe Struktur hat wie der stadtrömische cursus
honorum.
266 IvE II 424a; s. auch Scherrer, Kaiserpriester, 122; Stephan, Honoratioren, 95; Qua-
tember, Brunnen, 219-264, bes. 226-228 mit Abb. 10 zur Inschrift.
267 Kienast, Kaisertabelle, 123.
268 Kienast, Kaisertabelle, 123.
269 Zu weiteren Überlegungen bezüglich der Datierung s.u. 5.2.
270 Dorl-Klingenschmid, Prunkbrunnen, 19.
271 Zur in dieser Studie verwendeten Definition des Typus „Fassadennymphäum“ s.
Kap. 10.1.
49
5.1 Bauinschrift und Datierung
Die Bauinschrift des Nymphaeum Traiani befindet sich auf den Architrav-Fries-Blöcken des Untergeschoßes in der Frieszone und auf der
oberen Faszie.
Der in beiden Zeilen erhaltene Text läßt sich folgendermaßen ergänzen261:
[’Ap]TEgiÖi ’Ecfisoiq Ka[i] AufTOKpccropi] Nfpoua Tpa[iavwi Ka]ioa[pi LEßa<JTw]i Fsp[paviK]w Acckikw Kai rfj TrocTpiÖi KXaüöio«; ’Apicrricov
Tpi<; ctoiapyiK KfX1 vecoKÖfpoq]
[pejra ’lovXiaq Avöiat; AafTEpavijc; ’0uapiX]Xq[(;]262 rfjfc; yvvaiKÖt;] 6vya[T]pöc; ’Aoioa; dp/iEfpsio«; Kai TtpUTdjvEcoc [... uÖcop263 siojayaycbv
Öfov K[araaKEuac>EV ö/Jetou öiaKoaiwv Kai ÖEKa OTaÖiwv Kai tö bbpEKÖoxiov aöv navTi tw Koopcoi264 dvEßrjKEV ek twv iÖiwv.
Die wörtliche Übersetzung lautet demnach:
Der Artemis von Ephesos, dem Kaiser Nerva Traianus Caesar Augustus Germaniens Dacicus und der Vaterstadt [gestiftet von] Claudius
Aristion, dreimaliger Asiarch und Neokoros gemeinsam mit lulia Lydia Laterane [Varilla?], [seiner] Frau und Tochter Asias, Archiereia
und Prytanin, der das Wasser eingeleitet hat in die Leitung von 210 Stadien Länge und das Hydrekdocheion, die er errichten ließ mit allem
Schmuck aus eigenen Mitteln.
(Übersetzung: U. Quatember)
In ihrer Form folgt die Inschrift dem üblichen Schema von Stifterinschriften, wobei zuerst im Dativ diejenigen genannt werden, denen
das Bauwerk geweiht ist, im Anschluß daran erfolgt die Nennung des bzw. der Stifter im Nominativ. Die Erwähnung einzelner, besonders
bedeutsamer Ämter und Titel des Stifters ist dabei durchaus üblich265. Als Vergleich zur Inschrift des Nymphaeum Traiani ist auch jene des
sog. Brunnens an der Straße zum Magnesischen Tor heranzuziehen266. Aus beiden ergeben sich weitreichende Konsequenzen nicht nur für
die Datierung beider Bauten, sondern auch zu Karriere und Familie der Stifter Ti. Claudius Aristion und lulia Lydia Laterane.
Die in der Inschrift beider Brunnen angegebene Kaisertitulatur erlaubt eine relativ genaue zeitliche Einordnung: Der genannte Titel Dacicus
wurde Traian im Herbst 102 verliehen267, d. h., es handelt sich um einen Terminus post quem für die Errichtung des Bauwerks; das Fehlen der
Bezeichnung Optimus bzw. seiner griechischen Entsprechung ’Apioroc; (Verleihung zwischen 10. August und 1. September 114268) hingegen
liefert einen Terminus ante quem. Somit läßt sich die Datierung des Bauwerkes auf die Zeit zwischen 102 und 114 n.Chr. einschränken269.
Mit welcher konkreten Bauform der Begriff uöpsKÖoxiov bzw. üÖpEKÖoxEiov zu verbinden ist, muß beim derzeitigen Forschungsstand
offenbleiben, denn anders als von Dorl-Klingenschmid vermutet270, ist es aus methodischen Überlegungen nicht möglich, das Wort auf den
„Typus Fassadennymphäum“271 zu beziehen: Zu gering sind unsere Kenntnisse über die in der Antike vorherrschenden „Denkkategorien“
261 Erstmals publiziert bei Miltner, Grabungsbericht 1957, 329 f. Die hier angegebene
Ergänzung folgt IvE II 424 mit einigen Korrekturen. Zur Inschrift s. auch Bulletin
epigraphique 1961, 222 Nr. 539; AE 1967, 144 Nr. 467; Quass, Honoratiorenschicht,
216f.; Dorl-Klingenschmid, Prunkbrunnen 119; Cramme, Euergetismus, 148 mit
Anm. 552. Die von ihm vorgenommenen Korrekturen am Text („nach einem Foto“)
sind jedoch mit Ausnahme des Iota adscriptum bei KÖopcoi nicht zutreffend: weder
aveOriKev noch der letzte Buchstabe von iöicov fehlen.
262 Scherrer, Femwasserversorgung, 53-55 mit Anm. 53 schlägt - m. E. mit guten Grün-
den - „Varilla“ als Ergänzung vor und vermutet verwandtschaftliche Beziehungen zu
den Familien des C. Julius Celsus Polemaeanus und des P. Quintilius Valens Varius.
263 übcop wird in IvE II 424 wiedergegeben, als ob das entsprechende Fragment vorhanden
wäre; tatsächlich fehlt es aber, und in den Skizzenbüchem existiert ebenfalls keine
entsprechende Aufnahme eines Fragments. Das Wort wurde offenbar frei ergänzt.
264 IvE 424 gibt hier Koopw wieder.
265 Stephan, Honoratioren, 94 f. mit Verweis auf die Inschrift des Nymphaeum Traiani.
Friesen, Twice Neokoros, 105 betont in diesem Zusammenhang, daß die Karriere
griechischer „Provinz-Eliten” nicht dieselbe Struktur hat wie der stadtrömische cursus
honorum.
266 IvE II 424a; s. auch Scherrer, Kaiserpriester, 122; Stephan, Honoratioren, 95; Qua-
tember, Brunnen, 219-264, bes. 226-228 mit Abb. 10 zur Inschrift.
267 Kienast, Kaisertabelle, 123.
268 Kienast, Kaisertabelle, 123.
269 Zu weiteren Überlegungen bezüglich der Datierung s.u. 5.2.
270 Dorl-Klingenschmid, Prunkbrunnen, 19.
271 Zur in dieser Studie verwendeten Definition des Typus „Fassadennymphäum“ s.
Kap. 10.1.
49