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9. Spätere Umbauten und Reparaturen der Architektur
Das Stadtbild von Ephesos und nicht zuletzt auch die Kuretenstraße präsentieren sich heute in einem Erscheinungsbild, das wesentlich
von der Spätantike geprägt ist661. Diese nachträglichen Veränderungen verunklären nicht nur in vielen Fällen die mittelkaiserzeitlichen
Baustrukturen und Befunde. Gleichzeitig sind diese auch selbst schwer nachzuvollziehen, da während der Ausgrabung Maßnahmen gesetzt
wurden, die auf eine Wiederherstellung eines - oft vermeintlichen - „Originalzustandes“ abzielten662.
Aus den Befunden einer Sondage hinter der Rückwand des Nymphaeum Traiani im Jahr 2005 läßt sich eine Nutzung des Brunnens bis
mindestens in das 5. Jh. nachweisen: Noch in der ersten Hälfte des 5. Jh.s wurde unmittelbar hinter dem Nymphäum aus der gemauerten
Freispiegelleitung Wasser für Bauaktivitäten entnommen, woraus zu schließen ist, daß die Wasserzufuhr zum Brunnen noch intakt und dieser
in Funktion war663. Für die Aufgabe dieser Abzweigung ergab der Befund das 6. Jh. als Terminus ante quem; der Brunnen selbst könnte jedoch
auch länger in Funktion gewesen sein. Der Bereich nordöstlich der Anlage war bis zum Beginn des 7. Jh.s immer wieder von Baumaßnahmen
betroffen. In dieser langen Nutzungszeit kam es naturgemäß mehrfach zu Reparaturen und Umbauten am Wasserverteilungssystem des
Nymphäums664. Auf Grund der bereits angesprochenen Vorgangsweise bei den Grabungen in den 50er Jahren des 20. Jh.s existieren darüber
hinaus keine stratigraphischen Befunde, die eine entsprechende Datierung der Nutzungsdauer erlauben würden; Umbauten lassen sich
vor allem an der erhaltenen Bausubstanz und der Ausstattung festmachen. Drei Bereiche sind hier zu unterscheiden: die Errichtung eines
Hermenzaunes wahrscheinlich in tetrarchischer Zeit, Reparaturen an der Fassade selbst, sowie die Anbringung einer spätantiken Inschrift
am Geison des Untergeschoßes. Auch das Statuenprogramm wurde zu einem späteren Zeitpunkt modifiziert665.
9.1 Der Hermenzaun
In Bereich des Nymphaeum Traiani wurden bei der Ausgrabung mehrere männliche und weibliche Hermen gefunden (Taf. 130-131). F.
Miltner ordnete diese zunächst einer der Brunnenfassade später als drittes Geschoß hinzugefügten „Attikabalustrade“ zu666. In weiterer
Folge waren die Hermen und vor allem ihre kunsthistorische Stellung Gegenstand der Forschung667. Ikonographie, Programm und Datierung
der von R. Hanslmayr zu einem Hermenzaun rekonstruierten Stücke (Taf. 132, 2) werden in der Publikation zu den ephesischen Hermen
vorgelegt668. Im Rahmen der Bearbeitung des Nymphäum soll der ursprüngliche Aufstellungsort rekonstruiert werden.
Fund- und Aufstellungsort
Zum Fund der Hermen bei der Ausgrabung liegen einige wenige Informationen aus dem handschriftlichen Tagebuch von 1957 bzw. 1958
vor669.
4. September 1957: „[...] zwei mehr oder weniger vollständige Schrankensteher, die von Köpfen schlechter Arbeit bekrönt sind; es scheint
sich aber bei diesen zweien nur grobe Kopien früher Originale zu handeln [sic! UQ]; einer dieser Steher ist aus einem seinerzeitigen
Inschriftpflock herausgeschnitten, dessen Buchstabenformen wohl dem 2. Jh. angehören.“ Im Text existiert keine genaue Fundortangabe.
Einem Grabungsfoto (Taf. 3, 1) zufolge dürften die Stücke jedoch aus dem Brunnenbecken stammen.
16. Oktober 1957: „[...] ein Schrankenplattenständer mit männlichem, bärtigem Kopf“, „bei der vollständigen Ausräumung des Nymphaeums
[...] in der Osthälfte“ gefunden.

661 Zur Kuretenstraße in der Spätantike s. auch Kap. 2.4 und bes. 10.2.
662 Dem entspricht etwa der unmittelbar nach der Ausgrabung erfolgte Wiederaufbau des
sog. Hadrianstempels an der Kuretenstraße oder auch die Aufstellung der Skulpturen
des Nymphaeum Traiani; zur Grabungsgeschichte der Kuretenstraße s. Quatember,
Kuretenstraße, 271-278.
663 Quatember u. a., Grabung 2005, 275 f.
664 s. dazu Kap. 8.3 sowie Quatember u. a., Grabung 2005, 265.-334.

665 s. dazu Kap. 7.4.
666 Miltner, Grabungsbericht 1957, 339 f. Abb. 184-186.
567 Vgl. Alzinger, RE Suppl. 12, 1607. 1701; Schwarz-Fredl, Heraklit, 169f.Abb. 15 f.;
Wrede, Welschbillig, 125 (C 2); ders., Spätantike Herme, 118 -148, bes. 134 f. 146 f.
668 Hanslmayr, Hermen, 120-138; Hanslmayr, Hermenzaun, 63-68.
669 Zu einer vollständigen Zusammenstellung der Tagebucheinträge s. Anhang.

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