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Anhang: Originaleinträge zum Nymphaeum Traiani im hand- bzw. maschinschriftlichen
Tagebuch Ephesos
1. Handschriftliches Tagebuch der Grabungskampagne 1957 (4. August bis 15. November 1957)1
„Sonntag, den 1. September 1957
[...] Auf der Kuretenstrasse vor und neben dem Domitianstempel Architekturstücke, Gesims mit Bogenabschluss. [...] [auf der Seite unten
Anmerkung: „?wohl hier Nymph. Traiani]
Montag, den 2. September 1957
[...] Auf der Kuretenstrasse bei dem eigenartigen Domitianssockel neben dem gestrigen Gesimstympanon nun ein zugehöriger Gesimsgiebel
und Kassettenplatte, offensichtlich späte Architektur, etwa des ausgehenden 3. Jhs. n. Chr. Dabei auch ein Porträtkopf des 3. Jhs. und ein
auf dem Kopf aufstehender Fisch [Anm. in anderer Handschrift darüber: „lies: Delphin (FE.)“], in dessen Schwanzpartie noch Reste einer
Eroten(?)figur erhalten sind. Weiter östlich Mittelpartie einer Gewandstatue; das Fragment ist zu einem Gesimse umgearbeitet. [...]
Dienstag, den 3. September 1957
[...] Auf der Kuretenstrasse geht an der Südseite die Halle weiter; an der Nordseite zeigt sich an dem Domitianssockel immer mehr Architektur,
ohne dass sich eine Klärung ergibt. Darunter zwei Stücke, welche Kapitelle sein sollen, aber mit dem „Säulenschaft“ zusammengearbeitet
sind, die aber die Formen von Baumstämmen aufweisen und in sehr bizarr-barocker Weise mit Reliefs verziert sind: Trauben und Geranke
sowie Figuren. [Anmerkung in anderer Handschrift: „Photo.Inv. 8407 u. 8027.“] [...]
Mittwoch, den 4. September 1957
[...] Auf der Kuretenstrasse wird weiter nach Osten gearbeitet, die Verschüttung wird wieder stärker. Das Vordringen verlangsamt sich
allerdings, da der „Domitianssockel“ aufhält; es muss natürlich hier nach Norden ausgegriffen werden, um den Grundriss der Anlage
zu gewinnen; die mit Architekturstücken überschüttet ist, welche aus ziemlicher Höhe herabgestürzt sein müssen, da beispielsweise ein
Giebel und mancherlei Gesimsstücke auf dem Kopf liegen. Zwischen diesen einen gröberen Eindruck erweckenden Stücken (kleines
Zahnschnittgesimse) finden sich zwei mehr oder weniger vollständige Schrankensteher, die von Köpfen schlechter Arbeit bekrönt sind;
es scheint sich aber bei diesen zweien nur [um] grobe Kopien früher Originale zu handeln; einer dieser Steher ist aus einem seinerzeitigen
Inschriftblock herausgeschnitten, dessen Buchstabenformen wohl dem 2. Jh. angehören. Auch einer der Balustradensteine der zweiten
Reihe weist eine Inschrift auf der Rückseite auf, die vielleicht aus dem 1. Jh. stammt. Zwischen diesen im allgemeinen späten Stücken (3.
oder viell. 4. Jh.) kommen im Ostabschnitt auch Stücke vor (Fassadenarchitrav mit Perlenstäben in den Faszienkanten und feinem, reichem
Rankenwerk auf Polsterarchitrav), welche spätestens dem 2. Jh. zuzuweisen sind, aber auch noch dem Ausgang des 1. Jhs. angehören
können. Es ist aber fraglich, ob sie ebenfalls zu dem „Domitianssockel“ gehören oder zu einem östlich anschliessenden Bau. Ostwärts folgen
jedenfalls auch Gesimsstücke dieser Zeitstufe. [...]
Donnerstag, den 5. September 1957
[...] Auf der Kuretenstrasse geht es langsam vorwärts, weil nun stärker bei dem Sockel der Domitiansinschrift ausgegriffen wird. Dabei
findet sich eine Standplatte mit einem Fuss überlebensgrossen Ausmasses, und zwar rechtem, neben welchem etwa 30 cm hohes Stück
eines Baumstammes erhalten ist; davor liegt eine Kugel. Die Inschrift auf der Vorderseite der Standplatte ergibt, dass es sich um die Reste
einer Kolossalfigur des Kaisers Traian handelt, der wohl auch der schon früher gefundene Oberkörper zugehört und die drei Finger einer
grossen Hand. Ausserdem findet sich eine etwas unterlebensgrosse Figur eines auf einem Pantherfell in der Stellung des gefallenen Galliers
ruhenden Satyrs. Die Arbeit ist nicht besonders gut. Im Abstand von etwa 4 m hinter der zweiten Balustrade wird zunächst auf ein ganz
kurzes Stück eine Rückwand erreicht, welche mit wasserdichtem Mörtel verputzt ist. Ohne noch den Grundriss zu überblicken, möchte man

1 Hervorhebungen durch F. Miltner. Die Wiedergabe folgt der Orthographie des Originals.

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