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Pülz, Andrea M.; Bühler, Birgit; Melcher, Michael; Schreiner, Manfred; Schwarcz, David Zsolt; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Contr.]
Byzantinische Kleinfunde aus Ephesos: ausgewählte Artefakte aus Metall, Bein und Glas (Band 18,1: Textband): Textband — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51987#0021
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2 Methode

Die Aufnahme des Materials aus dem gesamten ephesischen Stadtareal ermöglichte zudem
eine Kartierung der byzantinischen Kleinfunde mit dem Ziel, die Interpretationen einzelner
Areal- und Gebäudenutzungen zu verifizieren oder gegebenenfalls zu falsifizieren.
Die Grundlage der Studie bildeten zunächst eine Zusammenstellung und Bestimmung aller
Objekte und die Erstellung einer Typologie innerhalb der einzelnen Objektgruppen aufgrund von
Form und Funktion der Artefakte sowie in weiterer Folge eine zeitliche Einordnung, basierend
auf relevanten Vergleichsbeispielen. Mit der Frage nach der Herkunft der Artefakte beschäftigten
sich die Materialanalysen und die herstellungstechnologischen Untersuchungen, die im weiteren
Verlauf zur Klärung der Werkstätten beitragen sollten21: Die Frage nach Produktionszentren
außerhalb Konstantinopels ist nach wie vor nur bedingt zu beantworten. Viele Schmuckstücke
weisen reichsweit eine typologische und stilistische Homogenität auf22, lange Zeit wurde daher
angenommen, dass die meisten der qualitätvollen Schmuckobjekte in konstantinopolitanischen
Werkstätten hergestellt und von dort im gesamten Reich verbreitet worden waren23. Neuere
Grabungsergebnisse und Funde wie Gussformen und Halbfertigprodukte haben jedoch Belege
dafür erbracht, dass viele Artefakte auch außerhalb Konstantinopels hergestellt wurden. Ein
bekanntes Handwerkszentrum ist z. B. die Crypta Balbi in Rom, wo alle Produktionsstufen bis
hin zu den Fertigprodukten vertreten sind24. Ein weiterer Herstellungsort ist Abuqir Bay in Ägyp-
ten, wo bei jüngsten Ausgrabungen Objekte mit interregionalen Merkmalen in hoher Qualität
gefunden wurden25. Vor allem aber die unzähligen Gürtelschnallen waren Massenprodukte, die
sicher in Werkstätten verteilt im gesamten Byzantinischen Reich und nicht nur in der Hauptstadt
hergestellt und im Nahhandel verkauft wurden; Halbfabrikate und Gussformen beispielsweise
in Tralles/Aydin26, der Crypta Balbi27, Karthago in Nordafrika28, aber auch in Ephesos29 liefern
dafür den Beweis.
Die zeitliche Einordnung der Objekte erfolgte einerseits mithilfe stilistischer, zeitlich relevan-
ter Parallelen und andererseits durch eine - wenn vorhanden kontextorientierte Auswertung30.
Viele Kleinfunde der byzantinischen Periode stammen aus Museumsbeständen (z. B. Römisch-
Germanisches Zentralmuseum in Mainz; Dumbarton Oaks Sammlung in Washington, D.C.)
oder dem Kunsthandel und bleiben in den meisten Fällen ohne genaueren Fundkontext, weshalb
ihre Datierung oftmals allein anhand stilistischer Vergleiche vorgenommen wird. Fundmaterial
aus archäologischen Grabungen in Anatolien ist bislang vergleichsweise wenig bekannt oder
publiziert31. Abgesehen von Streufunden ist ein Großteil des wertvollen Schmucks als Teil von
Schatz- oder Hortfunden zutage getreten, die beispielsweise während der arabischen Einfälle

21 Die ephesischen Werkstätten, ursprünglich Teil dieser Studie, wurden aufgrund des engen zeitlichen Rahmens
des Projekts schließlich ausgegliedert und werden zurzeit von D. Zs. Schwarcz im Rahmen einer Dissertation
bearbeitet.
22 Beispielsweise sind die halbmondförmigen Ohrringe des 6.-7. Jhs. in relativ einheitlicher Durchbruchstechnik und
Motivik hergestellt. Vorab sei an dieser Stelle vorweggenommen, dass bislang aus Ephesos kein einziges Exem-
plar dieses sonst im Byzantinischen Reich so weit verbreiteten Typs bekannt ist. Zur Diskussion dieser Thematik
s. u. S. 59 f.
23 z. B. M. C. Ross in: Kat. New York 1979, 298; zur Diskussion s. Stolz 2010.
24 Kat. Ciypta Balbi 2001.
25 Petrina 2012; Petrina 2014; Stolz 2010, 33: zur Begriffswahl von »interregional« im Gegensatz zum »internatio-
nalen Stil« bei Segall 1938, 143.
26 Erwähnt bei Lightfoot 2003, 81 Anin. 6.
27 Kat. Crypta Balbi 2001, 374 Abb. II.4; 593-594.
28 Eger 2010a, 137 f. mit Lit.
29 Vgl. dazu Beitrag D. Zs. Schwarcz, Kap. V in diesem Band.
30 So finden sich im Katalogteil die jeweiligen Datierungen anhand von stilistischen/typologischen Vergleichen und/
oder basierend auf den Fundkontexten immer parallel angegeben.
31 z. B. Ödekan 2007: Mittelbyzantinische Funde aus Anatolien, z. T. von archäologischen Grabungen, z. T. aus
Museumbeständen unbekannter Provenienz. Einzelne Beiträge in Böhlendorf-Arslan - Ricci 2012; einzelne Funde
in Waldbaum 1983; Gill 1986; Otten u. a. 2011; Russell 1982; Berti 2012.
 
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