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Pülz, Andrea M.; Bühler, Birgit; Melcher, Michael; Schreiner, Manfred; Schwarcz, David Zsolt; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Contr.]
Byzantinische Kleinfunde aus Ephesos: ausgewählte Artefakte aus Metall, Bein und Glas (Band 18,1: Textband): Textband — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51987#0057
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I.B Körperschmuck (S)

LB KÖRPERSCHMUCK (S)
Unter der Bezeichnung Körperschmuck werden im Gegensatz zu Gewandschmuck Schmuck-
objekte geführt, die direkt am Körper getragen wurden, wie Ohrringe, Fingerringe, Armringe,
Anhänger und Perlen.
Körperschmuck und hier vor allem Goldschmuck spielte im Byzantinischen Reich beson-
ders im Rahmen der Selbstdarstellung sozialer Gruppen und Individuen eine große Rolle. So
dienten die Schmuckstücke oft als Auszeichnungen und Rangabzeichen, waren aber auch als
reine Repräsentationsobjekte Ausdruck von Macht und Reichtum und vielfach aufgrund eines
integrierten christlichen Motivs zudem Symbole des Glaubens. Der Kaiser verteilte mitunter
Geschenke in Form von Schmuck als Dank für Loyalität, um Bündnisse zu stärken oder um
besonderes Heldentum auszuzeichnen. Personen von Rang erhielten beispielsweise Bronze-,
Silber- oder Goldfibeln, wobei Letztere im Gegensatz zu der großen Menge an Bronzefibeln und
vergoldeten Exemplaren, die überall im Byzantinischen Reich gefunden wurden, allein aufgrund
des verwendeten Materials als etwas Besonderes galten und daher relativ selten waren399. Beson-
ders wertvolle Schmuckstücke der byzantinischen Periode haben sich wiederholt in Schatz- oder
Hortfunden erhalten400; der materielle Wert jenes Schmucks, der aus Gräbern stammt, ist hingegen
vergleichsweise gering401. Bildliche Darstellungen, wie die Mosaiken von der Piazza Armerina
(4. Jh.)402, in S. Maria Maggiore in Rom (5. Jh.)403 oder in S. Vitale404 und S. Apollinare Nuovo405
in Ravenna (6. Jh.), geben jedoch einen Einblick in Vielfalt, Reichtum und Trageweise von
Schmuck der gesellschaftlichen Oberschicht der byzantinischen Epoche406: So zeigt das Elfen-
beindiptychon des Stilicho aus dem Domschatz von Monza um 400 n. Chr. Serena, die Nichte
des Kaisers Theodosius I. und Frau des Stilicho, sowie ihren Sohn Eucherius. Serena ist mit
tropfenförmigen Perlenohrringen, einer doppelreihigen Perlenkette und einem Gürtel, verziert
mit Edelsteinen, geschmückt, allerdings fehlen sowohl Armreifen als auch Fingerringe407. Aus
der Zeit des 9. -11. Jahrhunderts sind im Gegensatz zur Spätantike oder der frühbyzantinischen
Epoche relativ wenig Malereien, Textilien, Ikonen oder illustrierte Texte erhalten, auf welchen
sich Schmuckstücke abgebildet finden408. Am häufigsten werden halbmondförmige Ohrringe
dargestellt, wie z. B. auf dem Gunthertuch im Bamberger Domschatz aus dem späten 10. Jahr-
hundert409, die sich vielleicht mit Schmuckstücken aus Ephesos identifizieren lassen. Die Figur
der Anna Radene, Frau des Stifters Theodoros Lemniotes, trägt auf einem Fresko des späten
12. Jahrhunderts ein Paar Ohrringe des halbmondförmigen Typs III im vorliegenden Material.
Ähnliche Goldohrringe des gleichen Typs finden sich als Zierde der Desislava, Frau des Sebas-
tokrators Kalojan, der 1259 diese Wandmalerei in Auftrag gab410.

Williams - Zervos 1992, 133-192: 15.-17. Jh. - Kitros: Angelikou - Cheimonopoulou 2006, 381-390: 10.-13.
Jh.
399 Zu den Fibeln s. o. S. 52 f.
400 z. B. Zyprischer Schatzfund (Mitte 7. Jh. vergraben): Stylianou - Stylianou 1969. - Assiüt-Schatzfund (2. Hälfte
6.-1. Hälfte 7. Jh.): Stolz 2006, passim bes. 562.
401 Allgemein zu Schmuckfunden aus Gräbern: Deppert-Lippitz 1995a, 276.
402 Carandini u. a. 1982.
403 Brenk 1975; Wilpert - Schumacher 1976, Taf. 37.
404 Deichmann 1958, Abb. 358-366; Brown 1979.
405 Deichmann 1958, Taf. 128-132.
406 Zu Schmuck in Darstellungen s. z. B. Deppert-Lippitz 1995b, 129 f.; Stolz 2006, 542-548; Bosselmann-Ruickbie
2011, 125-133.
407 Deppert-Lippitz 1995b, 129 Abb. 90 Kat.Nr. H 8. Von Deppert-Lippitz als offizielle Hoftracht bezeichnet; zum
Diptychon s. auch Volbach 1976, Nr. 63.
408 Bollök 2010, 173 mit Lit.; Katalog bei Bosselmann-Ruickbie 2011.
409 Bosselmann-Ruickbie 2011, 365 Kat. D87 mit Lit.
410 Kat. New York 1997, 308 Nr. 210 Abb. 210.
 
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