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1.

Allgememes iiber den Zeichenunterricht.

Didaktischer Heir.

Der Zeichemlliterricht beausprucht iu der Neuzeit immer mehr gleichen
Rnug mit deu auderen Disziplinen der Schule, er will diesen gegenüber als
gleichbedeutend gelten uud ihnen nicht wie bisher untergeordnet sein. Wer
aber einen höheren Rang beansprncht, mnß nachweisen, daß er die Krafte
besitzt, nm denselben zn behaupten. Wer grbßere Rechte verlangt, ist gellötigt,
höhere Pflichten zu ersüllen. Es ist daher notwendig, zu llntersuchell, in
welcher Weise es dem Zeichenunterrichte möglich werden kann, seine Ansprüche
geltend zu machen, nnd zu beweisen, daß er die Kräfte besitzt, den beanspruchten
gleichen Rang, gegenüber den anderen für wertvoller gehaltenen Lehrfächern,
auszufüllen. Kann er diese Beweise bringen, so ist ihm seine Stellung
gesichert und er wird vvn jedem Pädagogen demgemäß geachtet, behandelt
lilid in seinem Rechte erhalten werden.

Um nnn dem Wesen des Zeichenunterrichts auf den Grnnd zu kommen,
dessen Bedeutnng sür die Schule festzustellen, erscheint es dienlich, seiner Wirk-
samkeit in geuetischer Folge nachzuspüren und hierbei zu nntersuchen, ob
diese Wirksamkeit der der übrigen Fächer gleich- oder nntergestellt erscheint.
Gleichzeitig dient dieses Versahren zu einer Klarlegung des Weges, den eine
Methode einzuschlagen hat, welche für die Schnle wirken soll.

Der Trieb, die Lust und eine dadurch hervorgebrachte gewisse Geschick-
lichkeit des Kindes, seine Gedanken in sichtbarer Form zum Ausdrncke Zn
bringen, zeigt sich bereits im zarten Alter. Jn derselben Weise, wie das
in den Unterricht eintretende Kind für jedes Lehrfach gewisse Erfahrungen,
Begrifse und Kenntnisse in die Schnle mitbringt, geschieht dies anch in
Hinsicht anf das Zeichnen. Aber die Eindrücke, welche das Kind vor seinem
Eintritte in den Unterricht empsing, die Kenntnisse, welche es sich auf Grnnd
derselben erwarb, haben in seinem Kopfe wenig oder keinen Znsammenhang
und sind deshalb seine Gedanken mehr dnrch ein unbestimmtes Ahnen als
dnrch ein sicheres Erkennen hervorgerusen. Es denkt noch nicht logisch,
aber es zeigt das Bedürfnis, seine Gedanken nach gewissen Gesetzen zu
ordnen und frent sich am Gesetzmäßigen. Der Schafsenstrieb ist fortwährend
in ihm rege und spornt es an zur eingehenden Betrachtung eines Gegen-

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