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800 bis 850. Mit dem weiteren Ausbau der Eisenbahner: wird sich das
Silber übrigens wohl bald weiter ins Innere ziehen, und die Aussichten
für die Herstellung bedeutender Eisenbahnlinien sind erheblich günstiger
geworden, da man ihren Nutzen, wenn auch nicht im Volke, so doch
in den Kreisen der einflußreichen Persönlichkeiten eingesehen zu haben
scheint. Zu dieseu gehört augenblicklich besonders Tseng Taotai, der
die Zeit, wo sein alter Meister Lihungtschang in Europa weilte, benutzt
haben soll, um sich iu den Vordergrund zu schieben. Tseng ist oberster
Beamter in Eisenbahnangelegenheiten, nebenbei aber auch der be-
deutendste Fabrikant und Großkaufmaun Chinas. Ihm gehören so
und so viel Spinnereien und die großen Hanyau-Eisenwerke in Hankau,
er ist die Seele der chinesischen Dampfschiffahrtsgesellschaft, der Tele-
graphenanlagen, kurz, es gibt kaum ein großes chinesisches Unternehrneu,
bei dem Tseng nicht beteiligt wäre. Er ist ein Mann in der Mitte der
Fünfziger, von hervorragendem Unternehmungsgeist, großer Klugheit
und Arbeitskraft. Die europäischen Kaufleute lieben ihn nicht, und es
sind mancherlei Gerüchte über ihn verbreitet, die mir von unbeteiligten,
glaubwürdigen Personen als unbegründet bezeichnet wurden. So sollte
Tseng im Kriege mit Japan als chinesischer Kaufmann den Japanern
die fehlenden Lebensmittel geliefert haben, dafür zum Tode verurteilt,
aber durch seineu Gönuer, den Vizekönig von Nanking, gerettet worden
sein, wofür er diesem nun wieder die obengenannten Hanyan-Werke
zu einen: ganz unverhältnismäßig hohen Preis abgekauft habe. Er-
wirb von seiner: Gegnern auch als bestechlich und unzuverlässig ver-
schrieen. Von bestunterrichteter Seite wurde mir dagegen bemerkt, daß
bei den iu den letzten Jahren unter Tseng erbauten Eisenbahnen für
etwa 8 Millionen Mark Material durch öffeutliche oder beschränkte
Ausschreibung beschafft worden sei. Bei allen diese:: Verdingungen sei
Tseng ausnahmslos für die Wahl des Mindestsordernden gewesen und
habe uur grundsätzlich eine Nation dabei unberücksichtigt gelassen. Es
sei also ganz ausgeschlossen, daß er hierbei seinen eigenen Vorteil
gesucht habe. Ich glaube auch, daß er^das in weit bequemerer Weise
thun kann, indem er z. B. bei den Grundankäusen für die Staatsbahn
und bei der Wahl der Linien ohne Schwierigkeit in erster Reihe die
Interessen der Gesellschaften mit berücksichtigt, an denen er beteiligt
ist. Tseng hat ein besonders großes Vertrauen zu deutschen Technikern,
die er für die tüchtigsten und ehrlichsten der Welt hält und mit denen
er gern alle seine großen Pläne ausführen möchte. Dies günstige
Urteil verdanken wir zumeist den: außerordentlich geschickten und takt-
 
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