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Tempelsculpturen. 167

östlichen Giebel des Parthenon fanden, angeordnet, wonach
es nicht nothwendig ist, dass die correspondirenden Theile
sich auch in gleicher Entfernung vom Centrum befinden.

Und wozu sind diese Götter hier erschienen? Gewiss
um das Opfer entgegenzunehmen, das die Procession ihnen
entgegenbringt, doch haben sie sich der göttlichen Würde
und Feierlichkeit so sehr begeben, dass sie mehr den Ein-
druck zwangloser, unbefangener Zuschauer machen als den
höherer Wesen.

Es bleibt uns noch die Mittelgruppe* zwischen den sitzen-
den Gottheiten, fünf Figuren, die auffallend unsymmetrisch
angeordnet sind, indem zu den schön entsprechenden Gruppen
von je zwei Figuren noch eine fünfte sich merklich isolirende
hinzutritt. Wir wissen hievon den Grund nicht, so wie wir
überhaupt den Sinn dieses ganzen Vorgangs nicht kennen.
In der Gruppe zur Rechten nimmt ein älterer Mann einem
Knaben ein grosses zusammengefaltetes Tuch ab und in der
entsprechenden Gruppe hebt eine Frau dem an sie herantre-
tenden Mädchen einen gepolsterten Sessel vom Kopf. Nur
das eine Bein dieses Sessels war in Marmor angegeben, das
andere, wie ein erhaltenes Bohrloch zeigt, war in Metall »hin-
zugefügt, woraus zugleich eine Bemalung des ganzen Geräthes
folgt, da doch Einheit der Farbe nothwendig war. Das Ge-
räth, welches das zweite Mädchen trägt, ist offenbar wieder
ein Sessel, zugleich trägt sie aber in der Linken einen andern
Gegenstand, der nicht näher bestimmbar ist.

Gewöhnlich wird die Gruppe zur Rechten als die Ueber-
reichung des Peplos erklärt, welcher in der Procession des
grossen Panathenäischen Festes der Athene dargebracht wurde.
Allein dieser Peplos, ein mit reichem Bilderschmuck verse-
henes Obergewand, wurde nicht der im Parthenon wohnenden
Göttin, sondern der Athene Polias, die im Erechtheum ver-
ehrt wurde, dargebracht und diente zur Bekleidung ihres al-
tertümlichen Holzbildes. Man versteht daher einmal nicht,
wie die Uebergabe dieses Peplos am Parthenon dargestellt
sein konnte, sodann aber entspricht der dargestellte Gegen-
stand, der einem mehrfach zusammengelegten Teppich gleicht,
nicht der Form eines solchen Peplos, und endlich sieht man
nicht, dass der Peplos von der Procession überreicht wird.
Denn die Spitzen des Zuges sind die Mädchen; schon die

11. 146. 147.
 
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