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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 6.1898

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Hedinger, August: Alte Erzschmelzstätte auf dem Natterbuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.27824#0071
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stralilige, stark eisenoxydhaltige, mit vielen kleinen, unregelmässigen
Höhlungen, während die ersteren ein gleichmässigeres Gefüge und
Ansehen zeigen.

Die durch Prof. Abel vorgenommene chemische Analyse ergab:
70 % Eisenverbindung, etwa 30 % Thon und Kieselsäure als Haupt-
bestandteil, Thonerde, Mangan und Phosphorsäure in sehr merkbaren
Mengen, in sehr geringen Mengen Kalk, Magnesia und Zink. Doch war
dies bei fünf verschiedenen Proben in sehr verschiedener Weise der Fall.

Daraus dürfte wohl mit Sicherheit der Schluss auf eine Schmelz-
stätte des dort überall reichlich vorhandenen Bohnerzes gestattet
sein. Auch Beste vom „Schmelzofen“ in Form jurassischer Steine
mit Enkriniteneinschlüssen, die so rot gebrannt sind wie Ziegelsteine,
und eine Anzahl ebensolcher rot gebrannter Thonfragmente fehlten
nicht. Ausserdem konnte ich noch ein Rückenwirbelbruchstück eines
bis jetzt noch nicht bestimmten Thieres, sowie ein Stück eines
jedenfalls jüngeren Schleifsteines und ein Bruchstück eines gelochten
Stieles aus Koniferenholz konstatieren. Früher sollen dort auch
Waffen aus Eisen gefunden worden sein.

Dass die dort angehäuften Feuersteine den Zweck der Feuer-
erzeugung hatten, kann wohl als sehr wahrscheinlich angenommen
werden, da Feuerstein und Bohnerz mit Zunder, Wollhaaren von
Säugetieren oder weissem Flaum von einzelnen blühenden Sträuchern,
wie es heute noch die Eskimos machen, ohne Anstand Feuer giebt.

Bestärkt wird man in dieser Ansicht noch durch Kohl’s Funde
in vielen neolithischen Gräbern bei Worms, die eine Menge der
gleichen „Feuersteintypen“ enthielten, gewiss zu keinem anderen
Zwecke, als um den Toten die Möglichkeit zu geben, sich Feuer und
Licht zu verschaffen. Etwas Aehnliches fand auch in Aegypten statt.

Keinesfalls aber ist es eine prähistorische Eisenschmelz-
stätte, sondern, wie auch schon die keramischen Funde beweisen,
eine vormittelalterliche, wahrscheinlich alemannische aus der Zeit
der frühesten Völkerwanderung, 3.—4. Jahrhundert1. So sehr pri-
mitiv, wie an anderen solchen Stätten, ist die. Erzeugung des Eisens
auf dem Natterbuch denn doch nicht, denn es enthalten die Schmelz-
produkte 70°/o Eisen. Freilich sollten wir auch die Analyse der
anderen Schmelzstätten auf der schwäbischen Alb daneben haben,
die aber nicht existiert. Jedenfalls konnten daraus Haus- und Acker-
geräte und Waffen gemacht werden, wie die ersten einwandernden
Alemannen für ihre einfachen Bedürfnisse sie eben brauchten. Guss-
formen fanden sich nirgends.

1 Noch vor dem Jahre 270 haben die Alemannen den Römerboden rechts
vom Rheine erobert, die Gefilde am Neckar und der oberen Donau in dauernden
Besitz genommen, cf. Mommsen, Rom. Gesch. V. 1885. S. 150.
 
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