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Niederlassung von Neuhäusel1. Nicht nur bestehen hier die Wände
aus einem Rahmengestell ans starken Pfosten, wie wir sie vom Mont
Beuvray kennen, sondern besonders charakteristischerweise sind ein
Teil der Gebäude trapezförmig konstruiert, eine Konstruktionsweise,
die J. G. Bodlliot in Bibracte so sehr auffällt. Er schiebt die Ab-
weichung vom rechten Winkel auf die mangelhafte Konstruktions-
technik der Maurer. Dieselbe hat jedoch sicher einen bestimmten
konstruktiven Grund gehabt.
II. Die gallische Besitznahme des Landes.
Wenn wir jetzt in die Zeit der Besitznahme unseres Landes
durch gallisch-keltische Stämme eintreten, welcher die Anlage unserer
Bauerngehöfte angehört, so müssen wir zunächst kurz den Gang der
Besiedlung des Neckarlandes in der La Tene-Zeit und das Geschick
dieser keltischen Staatenbildungen berühren, so wie sie sich bei uns
darstellen. In meinem Aufsatz „La Tene-Flachgräber im württem-
bergischen Unterland“ (Fundber. X. Jahrg. 1902) sind die ungefähren
Grundzüge gegeben, es wird vielleicht jetzt jedoch im Anschluß an
neuere Forschungen2 möglich sein, die Dauer dieser Besiedlung
schärfer zu bestimmen.
Nach dem Zeugnis des Tacitus (Germ. 29) hatten sich von
den keltischen Stämmen Bojer und Helvetier in das eroberte Land
geteilt, und zwar hatten letztere das fruchtbare Land zwischen
Rhein, Main und Herzynischem Wald, die Bojer die nordöstlich von
diesem Gebiet gelegenen Länder in Besitz genommen. Der Vortrab
der keltischen Heeresmassen, welche die Kleinfürstentümer der
Hallstattleute über den Haufen warfen, die kriegerischen Volcae-
Tectosages, war zwar zum Thüringer Wald weitergezogen, hatte aber,
wie aus den Münzprägungen späterer Zeit hervorgeht, da und dort
Posten hinterlassen. Wahrscheinlich hatten die Volker, von den
vordringenden Germanen aus ihren Sitzen am Thüringer Wald ge-
woifen, sich nach dem Abzug der Helvetier noch eine Zeitlang im
Main-Neckargebiet gehalten, ehe sie vor dem Anprall der Cimbern
vollends über den Rhein entwichen. Von den durch die Flachgräber
gekennzeichneten zwei Strömungen des Besiedlungszugs der Friih-
La Tene-Zeit wird daher nach Tacitus der nordöstliche den Helvetiern,
der südöstliche den Bojern zuzuteilen sein. In welcher Linie diese
Stämme das Land zuerst teilten, ist nicht genau zu bestimmen.
Ptolemäus (2, 11), der im 2. Jahrhundert n. Chr. schrieb, heißt
freilich das ganze, von den Galliern geräumte Land auf der Nord-
seite des schwäbischen Jura die Helvetierwüste, aber die Grenze
dürfte wenigstens für die Zeit bis zum Ende des 2. Jahrhunderts
nördlicher verlaufen sein, denn noch in römischer Zeit finden sich
1 W. Soldan : Niederlassung aus der Hallstattzeit bei Neuhäusel im Wester-
wald. Nass. Annalen Bd. 32, 1901.
2 E. Fabricids: Die Besitznahme Badens durch die Römer. Bad. Neujahrs
blätter 1905.
Fundberichte. XIII. 1905.
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Niederlassung von Neuhäusel1. Nicht nur bestehen hier die Wände
aus einem Rahmengestell ans starken Pfosten, wie wir sie vom Mont
Beuvray kennen, sondern besonders charakteristischerweise sind ein
Teil der Gebäude trapezförmig konstruiert, eine Konstruktionsweise,
die J. G. Bodlliot in Bibracte so sehr auffällt. Er schiebt die Ab-
weichung vom rechten Winkel auf die mangelhafte Konstruktions-
technik der Maurer. Dieselbe hat jedoch sicher einen bestimmten
konstruktiven Grund gehabt.
II. Die gallische Besitznahme des Landes.
Wenn wir jetzt in die Zeit der Besitznahme unseres Landes
durch gallisch-keltische Stämme eintreten, welcher die Anlage unserer
Bauerngehöfte angehört, so müssen wir zunächst kurz den Gang der
Besiedlung des Neckarlandes in der La Tene-Zeit und das Geschick
dieser keltischen Staatenbildungen berühren, so wie sie sich bei uns
darstellen. In meinem Aufsatz „La Tene-Flachgräber im württem-
bergischen Unterland“ (Fundber. X. Jahrg. 1902) sind die ungefähren
Grundzüge gegeben, es wird vielleicht jetzt jedoch im Anschluß an
neuere Forschungen2 möglich sein, die Dauer dieser Besiedlung
schärfer zu bestimmen.
Nach dem Zeugnis des Tacitus (Germ. 29) hatten sich von
den keltischen Stämmen Bojer und Helvetier in das eroberte Land
geteilt, und zwar hatten letztere das fruchtbare Land zwischen
Rhein, Main und Herzynischem Wald, die Bojer die nordöstlich von
diesem Gebiet gelegenen Länder in Besitz genommen. Der Vortrab
der keltischen Heeresmassen, welche die Kleinfürstentümer der
Hallstattleute über den Haufen warfen, die kriegerischen Volcae-
Tectosages, war zwar zum Thüringer Wald weitergezogen, hatte aber,
wie aus den Münzprägungen späterer Zeit hervorgeht, da und dort
Posten hinterlassen. Wahrscheinlich hatten die Volker, von den
vordringenden Germanen aus ihren Sitzen am Thüringer Wald ge-
woifen, sich nach dem Abzug der Helvetier noch eine Zeitlang im
Main-Neckargebiet gehalten, ehe sie vor dem Anprall der Cimbern
vollends über den Rhein entwichen. Von den durch die Flachgräber
gekennzeichneten zwei Strömungen des Besiedlungszugs der Friih-
La Tene-Zeit wird daher nach Tacitus der nordöstliche den Helvetiern,
der südöstliche den Bojern zuzuteilen sein. In welcher Linie diese
Stämme das Land zuerst teilten, ist nicht genau zu bestimmen.
Ptolemäus (2, 11), der im 2. Jahrhundert n. Chr. schrieb, heißt
freilich das ganze, von den Galliern geräumte Land auf der Nord-
seite des schwäbischen Jura die Helvetierwüste, aber die Grenze
dürfte wenigstens für die Zeit bis zum Ende des 2. Jahrhunderts
nördlicher verlaufen sein, denn noch in römischer Zeit finden sich
1 W. Soldan : Niederlassung aus der Hallstattzeit bei Neuhäusel im Wester-
wald. Nass. Annalen Bd. 32, 1901.
2 E. Fabricids: Die Besitznahme Badens durch die Römer. Bad. Neujahrs
blätter 1905.
Fundberichte. XIII. 1905.
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