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Gewerbeblatt

für den
Schwarzwald.

(Erscheint alle 14 Tage einmal. Preis ohne Zustellnngsgebühr 36 Kreuzer für de» Jahrgang; Speditionsgebühr der Großh.
Postanstalten 9 kr., Zustellnngsgebühr 20 kr. Bestellungen werden in Furtwangen bei der Uhrenmacherschule, auswärts bei allen
Postbehördcn und Buchhandlungen entgegengenommen.)

Zt. Jahrgang. IV"- 6. Furtwangen, den 13. März 1833.

Die Uhrenfabrik in Oberlenzkirch.
Die großartige Fabrik von Stockuhren und Stock-
nhrentheilen, welche in Oberlcnzkirch von einigen unter-
nehmenden Männern gegründet wurde und nun in er-
freulichem Aufschwünge begriffen ist, hat in der öffent-
lichen Meinung auf dem Schwarzwalde manche falsche
Beurtheilung hervorgerufen. Man hort jetzt noch häufig
die Bcsorgniß äußern, cs mochte diese Fabrik die An-
fertigung der Stockuhren auf dem Schwarzwalde ganz
an sich reißen und die kleinen Meister, welche bisher
Stockuhrcn verfertigten, mit andern Worten die betref-
fende häusliche Industrie des Schwarzwaldcö zu Grunde
richten.
Wer die Sache unbefangen beurtheilt, wird schon
aus dem Preisverzeichniß, welches wir in Nr. 4 dieses
Blattes veröffentlicht haben, eines Andern belehrt. Die
Fabrik bietet alle Arten von Rohwerken und Uhrenthei-
len (wozu in Bälde auch in Lenzkirch verfertigte Zug-
federn kommen werden), den Uhrcnmachern des Schwarz-
waldes um billige Preise zum Verkauf an. Sie ist im
Grunde genommen nichts als eine Stockuhren-Roh-
werkfabrik. Sie wird allerdings eine Umwälzung in
der Schwarzwälder Stocknhrcnfabrikation Hervorrufen,
aber nur eine solche zu Gunsten dieser Industrie. Wer
den Standpunkt der concnrrircnden französischen Indu-
strie kennt, der weiß, daß es dieser nur durch die große
Arbeitstheilnng möglich ist, so billig und so gut zu fa-
briziren, als es iu Wirklichkeit der Fall ist. Diese Ar-
beitsthcilung besteht aber darin, daß das Rohwerk und
seine Theile in großen Fabriken gefertigt werden, die
alle Erleichterungen, welche großes Capital, Verwen-
dung von leblosen Kräften (Wasser-, Dampfkraft), welche
streng gegliederte Maschinenarbeit gewähren, sich zu
Nutzen ziehen können, daß aber die Ausarbeitung, das

Fertigmachen der Uhren eine selbst wieder getheilte häus-
liche Industrie ist, bei der dann weniger die Maschine,
als die Geschicklichkeit und Kunst des Arbeiters wirksam
sind. Man lese darüber nach, was wir in Nr. 12 des
vorjährigen Gewerbeblattcs angeführt haben.
So wird also die Veränderung, welche die Fabrik
in Lenzkirch hervorzurufen im Stande ist, darin beste-
hen, daß die häusliche Industrie sich nicht mehr mit der
Selbstverfcrtigung der rohen Theile der Uhr befassen
kann, sondern daß sie ihre Bedürfnisse von Lenzkirch
bezieht und sich auf das Fertigmachen beschränkt. Dabei
können dann mehr Hände als bisher im häuslichen Kreise
sich beschäftigen, weil die Menge und Güte des Fabri-
kates zunehmcn wird. Der gute Arbeiter wird einen höhe-
ren Lohn finden als bisher.
Man wird bald einsehcn, daß eine Rohwcrkfabrik
eine nothwendige Bedingung für das Aufblühen der
Schwarzwälder Stockuhrenfabrikation war, um so mehr
noch, als meistentheils in Lenzkirch nur solche Artikel
verfertigt werden, welche bisher gar nicht oder nicht in
der nöthigen Vollkommenheit auf dem Schwarzwalde
fabrizirt worden sind.
Dabei müssen wir noch lobend erwähnen, daß die
Uhrenfabrik in Lenzkirch mit den Bestrebungen der Uh-
rcnmacherschule übereinstimmend vergeht. Jene Fabrik
hält sich an die Normaluhren, welche früher verabredet
wurden (s. Gewbl. v. 1852 Nr. 2). Die Fabrik hat
auch der Uhrcumacherschule eine vollständige Mnsterkarte
ihrer Fabrikate zum Geschenk gemacht, wovon jederzeit
Einsicht genommen werden kann.
Man muß dcßhalb im Interesse des SchwarzwaldcS
dem Unternehmen der Aktiengesellschaft in Oberlcnzkirch
allen Erfolg wünschen. Man muß aber zugleich auch
darauf aufmerksam machen, daß die veränderte Betriebs-
 
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