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Der Schwarzwald.
«.Gedicht ven Hrn. F. in L.)
Nachdem der Verfasser die muthmaßliche Entwickelung des Schwarzwaldes von Urzeit an bis zum Schlüsse.des dreißigjäh-
rigen Krieges geschildert, welchen THeil wir wegen Mangel an Raum weglassen, fährt er also fort:

Paulus, Abt vom Stift St. Peter,
Gründete zu Wälders Glück
In der Hütt' von Stroh und Bretter
Schwarzwalds erste Glasfabrik.
In dem Dörfle, auf dem Aeule,
Grünwald und im Bubenbach
Folgte man in rascher Eile
Paul, dem wackern Abte, nach.
Dieß Erzeugniß, welch Beglücken!
Hob des Wälders erste Noth,
Denn der Landmann, auf dem Rücken,
Keil in fernem Land es bot.
Statt für die verkauften Gläser
Heimzubringen Gelder baar,
Wußte weislick er und besser
Umzutauschen andre Waar'.
Vögel er im Anfang brachte
Aus dem fernen Sachsenland,
Die im Rückweg er vcrschachte
In dem reichen Niedcrland.
Holz, geschnitzelt in Figuren,
Brachte er zu Kirchen Zier,
Und aus Böhmenland die Uhren,
Zinnern Eß- und Trinkgeschirr.
Im Italiens warmen Fluren,
Wo der ew'ge Len; erblüht.
Tauscht' er um die Holzfigurcn,
Für geflochtne Sommcrhüt'.
Und wenn er in langen Wintern
An dem warmen Ofen saß,
Sprach er dann mit Frau und Kindern
Stets von Reisen, Handel, Glas.
Während sie am Rocken spinnen
Und besorgen Haus und Feld,
Geht des Mannes Streben, Sinnen
In die große, weite Welt.
Bei der Sorge, bei der Liebe
Für sein thcnres Heimathland
Schiens ihm Unrecht, wenn er bliebe
Nur allein beim Handelstand.
Sann auf Mittel, daß die Uhren,
Die aus fernem Land er bracht',
Strohhüt' und die Holzfigurcn
Man im Walde selber macht'.
Und dem Fleiß, dem Selbstgefühle
Fehlet ja die Hoffnung nie.

Stets erreichen sich're Ziele
Kopf und Herz und das Genie.
Denn der Jahre sind'S zweihundert
Seit die Welt dem Wälder schon
Seine Uhren hat bewundert,
Ihm gezollt des Fleißes Lohn.
Wenn man denkt den Mann im Kittel,
Ohne Kcnntniß, ohne Rath,
Ohne Werkzeug, ohne Mittel,
An der Arbeit früh und spat.
Wie er einfach mit dem Messer
Näder zahnet, Spindeln schnitzt,
Und an einem Stundenmesser
Unverdrossen, schafft und schwitzt.
Bis nach langem Ringen, Sinnen
Er sein erstes Werk vollbracht,
Dankbar d'Uhr im Kasten drinnen
Ihm die erste Stunde schlagt! —
O, io muß sich seiner Ahnen
J§der Wälder stolz erfreu»,
Es an Arbeit, Fleiß ihn mahnen,
Um der Men werth zu sein!
Es verbreitete die Kunde
Von der ersten Uhr sich bald.
Und das Lob von Mund zu Munde
Waldes erstem Meister schallt.
Viele folgten seiner Fahne,
Ahmten dessen Beispiel nach,
Der nun eine neue Bahne
Zu des Waldes Wohlstand brach.
Und als wollte Schöpfers Güte
Lohnen gleich die Thätigkeit,
Ward gebracht Kartoffelblüthe
Auf den Wald zur selben Zeit.
Dieses Manna unsrer Felder,
Glasfabriken und die Uhr
Wischten bald vvn unsrem Wälder
Sorge, Noth, der Armuth Spur.
Bei dem Kunstsinn, bei dem Fleiße,
Eigen jedem Wäldersohn,
Sann man bald auf neue Weise,
Zu erhöhn der Arbeit Lohn.
Bald erschienen Weckeruhren,
Uhren auch mit Viertclstund,
Mit dem Knckuk, Schachfiguren,
Schlag aus schöner Glocken Mund.

Zeiger, Räder und Gestelle,
Zifferblätter, hübsch lackirt,
Glocken wurden rein und Helle
Bald in Masse fabrizirt.
Selbst auch große Musikwerke
Mit dem schönsten Flötenton,
Wie mit der Orchester Stärke,
Fertigte nun Schwarzwalds Sohn.
Mit dem freud'gen Wälderstolze
Zähle ich hier Namen auf,
Die aus Schwarzwalds zähem Holze
Zwangen Maß und Stundenlauf.
Von den Alten wissen's Kinder,
Daß der Uhrcnmacherei
Erster Meister und Erfinder
Dilger aus der Urach sei.
Kettrer, Laubis, "beide Brüder,
Hummel, Wehrte, Dorer auch,
Waren Reister, wacker, bieder.
Nach der Wälder altem Brauch.
Schon in frühsten Zeiten waren
Aus der Reukirch, Glotterthal,
Schönwald, Neukirch, Kirnach Maaren
Ausgcführt in großer Zahl.
Nußbachs und St. Märgens Uhren,
Die von Breitnau, Eisenbach,
Folgten bald der andern Spuren
Nicht in mindrer Anzahl nach.
In der Schweiz, den Niederlanden,
In dem Rußland, der Türkei
Wälder gar bald ein sich fanden.
Ob was zu verkaufen sei.
In Italien, Spanien, Schweden,
Frankreich und in Griechenland
Hörte mau vom Walde reden,
Würd' des Wälders Uhr bekannt.
Einfach, wie des Wälders Hütte,
War auch dessen Reisekleid,
Strenge hielt er Zucht und Sitte,
Ob er nahe oder weit.
Wenn er wegzog von den Seinen,
Er den Stock nahm von der Wand,
Drückt dem Weib und seinen Kleinen
Er noch warm die Vaterhand.
(Fortsetzung folgt.)

Herausgegebcn von R. Gerwig. — Druck von Friedrich Wagner in Freiburg
 
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