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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (1. HeftTheil 2, 6. Band, 1. Heft): Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils — Stuttgart: Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.67517#0015
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DIE BAUKUNST DER RENAISSANCE.

2. Abfchnitt.
Die Bauknnft der Renaiffance in Frankreich.
Von Dr. Heinrich Baron v. Geymüller.
A. Hiftorifche Darftellung der Entwickelung des Bauftils.
. . . auf dafs wir der Wahrheit Gehilfen werden.
3 Epift. Johannis 8.
Einleitung.
Drei Momente einzig in ihrer Art weist die Gefchichte der chriftlichen Archi-
tektur in Europa auf:
1) die Entftehung des gothifchen Stils in Frankreich feit 1150;
2) das endgiltige Auferftehen der Renaiffance in Italien, bald nach 1400, und
3) das Eindringen der Renaiffance in das Heimathland der Gothik, nach
Frankreich, kurz vor 1500.
Das erftgedachte Ereignifs vollzog fich, als die nordifchen Völker nach
700-jährigem Streben fich fo weit entwickelt hatten, um fich den architektonifchen
Ausdruck für ihr religiöfes Ideal und die ihnen eigenartige Gemüthsweife zu fchaffen,
und die in der »Franco-Gallia« entftandene gothifche Bauweife bereit war, im
ganzen chriftlichen Abendlande überall dort Wurzel zu faffen, wo Völker von ger-
manifcher Abdämmung in beträchtlicher Zahl fich niedergelaffen hatten.
Das in zweiter Reihe angeführte Ereignifs zeigt den nicht minder ergreifenden
Augenblick, in welchem nach taufendjährigem Ringen gegen die Folgen des morali-
fchen Verfalls des Römerreiches und gegen den Theil der in Italien nicht affimilir-
baren nordifchen Elemente Toscana befchlofs, zu den römifchen Bauformen zurück-
zukehren und diefe als Ausdrucksform für ihre inzwifchen vielfach veränderten
geiftigen und materiellen Bedürfniffe zu wählen. Es war das erfte Mal in der Welt-
gefchichte, dafs man zu einer feit 1000 Jahren fo gut wie untergegangenen Cultur-
form zurückkehrte, fie wieder erweckte und dafs fie unter neuen Verhältniffen fo zu
fagen neu geboren wurde. Ein folches Ereignifs, einzig in feiner Art, verdient
wohl eine Rrnafcita, eine Wiedergeburt, eine »Renaiffance« genannt zu werden.
Das dritte Moment, mindeftens eben fo feierlich, wie die beiden eben ge-
fchilderten, bezieht fich auf den Augenblick, wo der neo-italifche Stil, nachdem er
während dreier Generationen in feiner Heimath erftarkt und zur vollen Reife gelangt
war, nunmehr in einer Richtung, welche der von der Gothik 300 Jahre früher ein-
gefchlagenen entgegengefetzt war, feinen friedlichen Triumphzug durch Europa

Ueberficht.

Handbuch der Architektur. II. 6.

I
 
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