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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Contr.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (1. HeftTheil 2, 6. Band, 1. Heft): Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils — Stuttgart: Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.67517#0245
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228

278.
Franzofen
in
Italien.

279.
Stil-
eintheilung.

280.
Zweitheilung
des
X VII. Jahrh.

Ein zweiter Beweis entfpringt der Thatfache, dafs dies die Zeit ift, wo die meiften
bedeutenden Franzofen lange Jahre in Italien zu weilen begannen. In ähnlicher Weife,
wie bereits früher die grofsen Vlämen G. Bologna, Francheville (A Francavilld} und
Duquesnoy, find es jetzt Poufßn und Claude Lorrain, die fich ganz in Rom nieder-
laffen, und ihre Kunftrichtung gehört weit mehr ihrer neuen Heimath, als der alten
an466). Nur im Temperament Poufßn s findet man den Franzofen wieder und, wie
bei Salomon de Broffe, einen Nachklang des grofsen Fufionsgeiftes Heinrich IV. 467).
In der eigenthümlichen Erfcheinung von Salomon de Broffe ift der Einflufs
Vignolds noch nicht klar erfichtlich. Wie wir fehen werden, fcheint fein ftrenger
Geilt mit dem der Werke einiger grofser Norditaliener, wie Palladio, Domenico
Cortoni, Pellegrini, Fabio Mangone und zuweilen Ammanati in feiner ftrengen Rich-
tung mehr verwandt zu fein. Erft nach dem Tode von Salomon de Broffe (1626)
fcheint fich in der ftrengen Richtung allmählich der Einflufs von Vignola und
Scamozzi einzubürgern.
h) Entwickelung der Stilftrömungen der zweiten Periode der franzöfifchen
Renaiffance-Architektur.
(ca. 1610—1735.)
Der Zeitabfchnitt der franzöfifchen Architektur, den wir als zweite Entwicke-
lungsperiode der Renaiffance bezeichnet haben (ca. 1610—1735), läfft fich, je nach
den Gefichtspunkten, in verfchiedene ftiliftifche oder chronologifche Abfchnitte
zerlegen.
Die Zertheilung diefer Periode in Styles Louis XIII., Louis XIV. und Louis XV.
hat die bereits erwähnte grofse Bequemlichkeit für fich. Begnügt man fich mit
demjenigen, was man gewöhnlich unter diefen Stilen verlieht, fo ift das Bild höchft
unvollftändig; die Begriffe werden vielfach ganz irregeleitet; ein richtiges Verfiänd-
nifs wird faft zur Unmöglichkeit.
Viele Franzofen zerlegen diefe Zeit in Siede de Louis XIV. und in Epoque de
Louis XV. Nach diefer Methode umfafft das Jahrhundert Ludwig XIV. ungefähr
die zwei erften Phafen der zweiten Entwickelungsperiode, die Zeit Ludwig XV. die
dritte oder letzte Phafe. Man verliert dabei den ftiliftifchen Zufammenhang zwifchen
der dritten und den zwei erften Phafen. Lemonnier hebt mit Recht hervor, wie die
Bezeichnung Siede de Louis XIV. allmählich die Gefchichte des XVII. Jahrhundertes
gefälfcht hat468).
Im Zufammenhang mit diefer Anfchauungsweife fleht die andere vieler Fran-
zofen, welche alle Ereigniffe im XVII. Jahrhundert vom berühmten Einzuge (l'entree}
Ludwig XIV. in Paris nach feiner Verheirathung (1660) an datiren.
Lemonnier läfft diefes Hervorheben des XVII. Jahrhundertes als eine Art
Ganzes, wie man auch vom XVI. Jahrhundert zu fprechen pflegt, gelten. Er nimmt
dann im XVII. Jahrhundert zwei Abfchnitte an 469): den erften vom Tode Heinrich IV.
466) Siehe hierüber im Folgenden (bei der Vorführung die Architekten) die Stellen, welche die Studien halber nach
Italien gefchickten jungen Architekten betreffen.
467) Et. Du Perac war mindeftens von 1564—85 in Italien, Lemercier etwa von 1607—13; Simon Vouet kam nach
15-jährigem Aufenthalt dafelbft 1632 zurück; Sarreßin kehrte nach einem langen Aufenthalte 1628 zurück.
468) Ee nom de Siecle de Louis XIV a fini fiar faußer Vhißoire du XVIle ßecle. On a tout fa.it commencer en
France non ßas meme awec le ßecle, mais avec le roi, et de plus on a tout attribue, ou ßeu f’en faut, a. notre fiays, ei
ßresque rien au reße de V Euroße. Voltaire a contribue plus que-ßerfonne a rep andre ces zdees. (In: L’art frangais,
a. a. O., S. 23. — Man lefe bei Lemonnier das ganze Kapitel II.)
469) Siehe ebenda!., S. 28.
 
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