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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (1. HeftTheil 2, 6. Band, 1. Heft): Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils — Stuttgart: Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.67517#0021
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hundertes überhaupt als durchaus im Geilte der Renaiffance gelegen bezeichnen, ja
eine gewiffe erneute Zunahme deffelben in gewiffen Fragen fchildern. Meine Auf-
faffung über Wefen und Dauer der franzöfifchen Renaiffance fand ich nachträglich
auch in der unten genannten Studie Cefar Daly s * 2), worin diefer gleichfalls auf die
vielen Widerfprüche auf dem fraglichen Gebiete hinweist und zu denfelben Schlufs-
folgerungen gelangt, zu denen ich, unabhängig von Daly, vor Kenntnifs jener Studie
gekommen war.
Wenn wir nunmehr zur Vorführung der Anfchauungen verfchiedener franzöfifcher
Autoren übergehen, fo begegnen wir als erften Anfichten auf dem in Rede flehen-
den Gebiete folchen, die geneigt find, den Beginn der Renaiffance in Frankreich
früher, als üblich, zu verlegen, in manchen Fällen fie fogar als etwas hinzuft eilen,
was entweder die Gothik abfchliefst oder gar als ein vaterlofes Kind einer gothifchen
Mutter allein die Welt betreten hat.
Batiffier bemerkt3) nur in aller Kürze über den Bauftil, der im XVI. Jahr-
hundert herrfchte, dafs man diefe Epoche »Renaiffance« genannt habe und dafs fie
gefchichtlich das Mittelalter abfchliefse.
In Marlins Gefchichte Frankreichs4) heifst es:
Sobald man nach dem Sturme der Bürgerkriege von Neuem begann, Kunft zu treiben, fo erfchien
ein ganz neuer Stil. Eine fchwere, maffive Architektur, deren Kraft und Fettigkeit nicht mit Reinheit
des Gefchmacks verbunden waren, feiten die wahre Majeftät erreichten, kennzeichnet die erfte Periode des
Zeitalters des Verfalls und des Ueberganges, das auf drei glorreiche Zeitalter folgte : die romanifche Epoche,
die des Spitzbogens, die man mit Recht die franzöfifche nennen kann, und die der Renaiffance.
Für Lucien Magne beginnt5) die Renaiffance der Architektur in Frankreich
um die Mitte des XV. Jahrhundertes, z. B. mit Gebäuden, wie das Hotel von
Jacques Coeur in Bourges. Man begegnet hier Beftrebungen, die nicht ganz die-
jenigen der vorhergehenden Periode find, z. B. nach einer gewiffen Symmetrie. In
der Malerei, fügte er hinzu, find die Anfänge noch früher; unter Carl VII., 7. B. in
der Glasmalerei, in welcher Magne befonders bewandert ift, begegnet man dem
Beftreben, die perfönliche Aehnlichkeit zu treffen.
Mein verehrter Freund Louis Courajod lehrt feit einer Reihe von Jahren die
Theorie, dafs die Renaiffance im XV. Jahrhundert in Flandern, Nordfrankreich
und Burgund, aus dem Naturftudium und Realismus hervorgehend, entflanden fei.
Es darf dabei nicht vergeffen werden, dafs er vornehmlich an die Sculptur denkt.
Wir halten den Realismus in jenen Gegenden für abfolut unfähig, etwas Anderes,
als den Abfchlufs der gothifchen Kunft gefchaffen zu haben. Der nordifche Realismus,
die tiefinnige Empfindung, die wunderbarfte Wiedergabe der Charaktere wäre auch
noch in 2000 Jahren unfähig gewefen, in jenen Gegenden mit den Modellen, die
ihnen die dortige Natur bietet, die Renaiffance hervorzubringen und, fich felbft über-
laffen, etwas Anderes als eine »gothifche Kunft« zu fchaffen.
Eine zweite Anfchauungsweife betrachtete die Renaiffance eigentlich als den
Uebergangsftil vom Gothifchen zur Hoch-Renaiffance, die fie in Frankreich als Style
Henri II. bezeichnet; Anthyme-Saint-Paul nennt6) den Stil Franzi, die Renaiffance
par excellence«..
2) 7 heorie de l'arckitecture de l'avenir d propos de la renaifjance francaife. Revue gen. de l'arch. 1869, S. 10.
■1) Batissier , L. Elements d'arckeologie nationale, precedee d'une hißoire de Vart monumental chez les änderns.
Paris 1843. S. 16.
4) Martin, H. Hißoire de France. Bd. X, S. 474.
5) Nach einem mündlichen Gefpräch am 20. Mai 1893.
In: Planat, P. Encyclopedie de Varckitecture et de la conßructioii. Paris 1893. Bd. 6, S. 373.

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