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Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (1. HeftTheil 2, 6. Band, 1. Heft): Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils — Stuttgart: Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.67517#0074
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57

fügt in feinem fehr fchön geftochenen Tractat der Architektur nach Vitruv 13 2) auf
dem Titelblat den Zufatz bei: »Oü il a efte adioufte les diverfes mefures et pro-
portions de ces fameux architectes Scamozzi, Paladio et Vignole.«.
Von dem Anfehen, welches Palladio in Frankreich genofs, zeugt die folgende
Stelle. Sauval fchreibt von Lemercier, dem Architekten Richelieu s: ». . . wenn er
nicht der Vitruv feiner Zeit war, fo war er wenigftens deren Palladio ... er machte
fich in ganz Europa berühmt, befonders in Rom, welches der Sitz der fchönen
Künfte ift. Von Jugend an hat er alle noch erhaltenen Werke der Alten unterfucht
und gemeffen . . .«
Von dem geradezu traditionellen Einflufs, den gewiffe Werke von Palladio
und von Vignola auf den Unterricht in der Architektur in Frankreich feit Ludwig XIII.
bis auf unfere Tage ausgeübt haben, foll hier nicht weiter gefprochen werden. Es
fei nur bemerkt, dafs Verfaffer noch im Jahre 1858 während feiner Ingenieurftudien
auf der Ecole centrale zu Paris die Säulenordnungen hauptfächlich nach Vignola
zeichnen muffte.
Wir gelangen nunmehr zur letzten der in Art. 33 (S. 34) erwähnten Quellen,
durch welche italienifche und antike Formen in Frankreich Verbreitung fanden:
zu den italienifchen Meillern verfchiedenen Grades (vom einfachen Scarpellino an),
welche fich längere oder kürzere Zeit in Frankreich aufgehalten haben. Eine rich-
tige Würdigung ihrer Thätigkeit ift ziemlich fchwierig, nicht allein wegen der über-
lieferten Nachrichten, bei denen man zuweilen Mühe hat, fie ohne Weiteres als glaub-
würdig anzufehen, fondern weil nicht zu bezweifeln ift, dafs die neuere Schule von
der Richtung Paluftre's in ihrem Streben, der Wahrheit immer näher zu treten, öfters
von unrichtigen Vorftellungen ausgeht und defshalb mehrfach in entgegengefetzter
Richtung irre gegangen ift. Ich geftehe gern, dafs meine eigenen Anfichten über
die Thätigkeit der italienifchen Meifter in Frankreich mehrfachen Schwankungen
unterlegen haben. Indefs gelangte ich fchliefslich zu der Anficht, dafs ein richtiges
Verftändnifs der Verhältniffe, unter denen fie gewirkt haben, viel fchwieriger ift,
als man dies gewöhnlich annimmt, und es fei keine Bürgfchaft dafür vorhanden,
dafs bis jetzt überhaupt nach allen Seiten hin eine zutreffende Vorftellung von der
verfchiedenen Art und Weife, wie diefe Meifter thätig gewefen fein mochten, erzielt
worden ift. Zur Zeit bin ich geneigt, anzunehmen, dafs die italienifchen Künftler
an der Erfindung gewiffer Bauwerke möglicherweife theilhaben konnten, und zwar
felbft in Fällen, wo mir vor etwa einem Jahre diefe Theilnahme zum minderten
als fehr unwahrfcheinlich erfchien.
In die Behandlung diefer Fragen haben fich leider mehrfach Beftrebungen und
Gefühle eingefchlichen, die nicht dahin gehören, das eigene Urtheil trüben und das-
jenige der Gegner ebenfalls zu Uebertreibungen verleiten. Dies ift in hohem Mafse
zu bedauern; denn felbft ohne diefe trübenden Beigaben find diefe Fragen fchwierig
genug.
Um das Gleichgewicht bezüglich der Vertheilung des Stoffes im vorliegenden
Bande zu erhalten und vielfache Wiederholungen zu vermeiden, hat es Verfaffer
aufgegeben, Alles, was über das Wirken italienifcher Künftler in Frankreich und
ihren Einflufs auf die Architektur dafelbft anzutreffen ift, zufammenzuftellen; eine
132) Jean Mauclerc, Jleur de Ligneron-Mauclerc, la Brogardiere et Remanguis, traited'architecture Juivant Vitrzive.
Paris 1648 in Fol. mis en lumi'ere ft ar Pierre Daret, graveur ordinaire du Roy. (Bibliothek der Ecole des Beaux-Arts —
I, 5.)

54-
Italiener
in
Frankreich.
 
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