Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von [Mitarb.]
Die Baukunst der Renaissance in Frankreich (1. HeftTheil 2, 6. Band, 1. Heft): Historische Darstellung der Entwickelung des Baustils — Stuttgart: Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, 1898

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67517#0145
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
128

136.
Zunahme
des
italienifchen
Einflußes.

*37-
Hervor-
ragendfte
Architekten.

Es verdient, hervorgehoben zu werden, dafs dasjenige, was fich auf dem Ge-
biete der Architektur vollzieht, fich auf anderen geiftigen Gebieten wiederholt.
Worte, wie die folgenden von Henri Marlin2^} könnten fich faft eben fo auf die
Entwickelung der Architektur beziehen.
Mit der Regierung Heinrich'* II., fo fchreibt er, fteigt der Glanz der fchönen Wiffenfchaften (Lettres)
noch mehr. Frankreich hatte keinen Rivalen in der Kenntnifs des Alterthums; das College de France und
die Schule von Bourges für das römifche Recht beherrfchten die Wiffenfchaft von ganz Europa. Robert
und Henri Etienne veröffentlichten von Genf aus ihren Thefaurus in lateinifcher und griechifcher Sprache.
Nach Alciati, dem Schöpfer der hiftorifchen und archäologifchen Methode, kommt Cujas, der
grofse Rechtsgelehrte der Renaiffance, der ein fociales Ideal: Die Ueberzeugung von der Ueberlegenheit
der römifchen und der antiken Principien über die feudalen — hatte; die Nachwelt hat ihm Recht gegeben.
Das römifche Recht, nach den Bedürfniffen der modernen Gefellfchaft abgeändert und mit den beften
Elementen der Coutumes vereinigt, ift das Hauptelement der franzöfifchen Gefetzgebung.
Durch den Lombarden Cardan hatte die Algebra bedeutende Fortfehritte gemacht. Franz Viete
aus dem Poitou führte die Buchftaben als allgemeine Symbole der Gröfsen ein.
Am Hofe Franz I., fagt ferner Henri Martin, war das Italienifche Allen ge-
läufig, und unter dem Einflüße diefer Sprache begann fogar die Ausfprache des
Franzöfifchen am Hofe eine andere zu werden. Es entftand das Francais italianize,
fo wie es zu Ende des XVI. Jahrhundertes das Francais espagnolize gab.
In der Umgebung der Katharina von Medici, der Gemahlin des fpäteren
Königs Heinrich II, befanden fich in grofser Zahl Italiener, die am Hofe fehr ein-
flufsreich waren und in die Hoffprache eine Menge italienifcher Worte einführten.
Die Soldaten, die lange in Piemont und Toscana geftanden hatten, thaten ein
Gleiches in ihren Kreifen. Auf dem Gebiete der Fortification fpielten die italieni-
fchen Ingengnieri eine durchaus führende Rolle. Der langjährige Einflufs Katharina's
felbft, namentlich in der zweiten Hälfte der Hoch-Renaiffance, war fo bedeutend,
dafs Anthyme Saint-Paul die Bezeichnung Style Catherine den Namen Style Henri II.
und Charles IX. vorziehen würde, nicht nur weil fie der Zeit nach mit der Dauer
diefer Stilrichtung faft genau übereinftimmt, fondern wegen des perfönlichen Ein-
flußes der Königin und ihres Antheils, die viel gröfser waren, als die ihres Gatten
und ihrer drei Söhne. Es wäre dies, fo fagt Saint-Paul weiter, aufserdem eine
Anerkennung für die Rolle gewefen, die eine Reihe überlegener Frauen in der Kunft,
fo wie in der Entwickelung und Anwendung der Architektur gefpielt haben, wie
Paluftre klar nachgewiefen hat.
Welcher diefer Bezeichnungen man fich auch bedienen mag, Eines darf dabei
niemals vergeßen werden: die Umwandelung der Früh-Renaiffance und die Ent-
ftehung der Hoch-Renaiffance vollzogen fich durchaus unter Franz I. in den 5 bis
10 letzten Jahren feiner Regierung. Unter ihm fchon wurde der Entwurf für den
Louvre feft geftellt und der Bau in feinem Todesjahre begonnen.
1) Gruppe der fünf hervorragendften Architekten.
Die franzofifche Hoch-Renaiffance wird einerfeits durch den Bau des Louvre-
Hofes und die Schule zu Fontainebleau verkörpert und andererfeits durch die Gruppe
ihrer hervorragendften fünf Architekten, nämlich: Jean Goujon, bis jetzt hauptfäch-
lich als Frankreichs gröfster Bildhauer bekannt, Pierre Lescot, Jean Bullant und
Philibert de l'Orme. Ebenbürtig reiht fich an diefe der bisher faft ausfchliefslich
als Maler angeführte Primaticcio an, während Serlids Einflufs, der zwar fehr be-
283) In : Hiftoire de France depuis les temps le plus recules jusqu'en 1789. Paris 1833 36. 4. Ausg. Paris 1856 6©.
Bd. IX, S. 2.
 
Annotationen