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ON den Todesbildern Holbeiiis, seinem sogenannten Todtentanz, hat kürzlich Friedrich
Lippmann eine sehr schöne Nachbildung ' verösfentlicht. Das königliche Kupferstich-Cabinet
zu Berlin besitzt ein vollständiges, aus der Nagler'schen Sammlung slammendes Exemplar
der ersten Probedrucke des Todtentanzes, welche von den meisterhaften Schnitten des
Hans Lützelburger, genannt Frank," in geringer Anzahl genommen worden sind, ehe die
Stöcke einem Gläubiger des 1526 verstorbenen Formsehneiders, dem Buchdrucker Trechfel
in Lyon, überantwortet wurden, welcher später, von 1538 angefangen, diese volksthümlichen,
bis ins 18. Jahrhundert hinein beliebt gebliebenen und sortwährend nachgeschnittenen
Bildchen zur Buchillustration verwendete. Der Herausgeber bemerkt mit Recht, dass das Berliner Exemplar der
Probedrucke sich wegen seiner Gleichmässigkeit und Schönheit zur phototypischen Wiedergabe besonders eignet,
und diese ist der Anstalt von A. Frifch in Berlin tresflich gelungen. Es gewährt einen wahren Genuss, die
herrlichen Darstellungen Holbein 's, von denen man in der Regel nur ein „gesudelt Conterfei" in irgend einem
alten Buch besitzt, so klar und zart zu ss= ~~~~^P& lerischer Empfindunggeschnitten worden


sehen, wie sie sich auf den Probedrucken
des Formsehneiders präsentiren; umso-
mehr, als das alte Papier in der bespro-
chenen Ausgabe glücklich nachgeahmt
undderen Ausstattung überhaupt äusserst
geschmackvoll und vornehm gehalten ist.
Unserenebenstehendelllustration ist nicht
den 40 Bildchen entnommen, welche die
Probedrucke enthalten,sondern sie gehört
zu jenen Stöcken, die Lützelburger noch
unvollendet hinterlassen hat, und welche
nach Holbein's Vorzeichnung später von
anderer Hand mit weit geringerer künst-


sind. Unser Bildchen stellt dar, wie der
Tod einen Fuhrmann, der eine Wein-
ladung führt, plötzlich überfällt, und
zeigt besonders deutlich, welche Fülle
von Motiven derKünstler in den kleinsten
Raum zusammenzudrängen und auf die
klarste, ausdruckvollste, alle Schwierig-
keiten der Perspe£tive besiegende Weise
zu gestalten vermocht hat. Der Holz-
schneider freilich ist seiner Aufgabe nicht
gewachsen gewesen, und es bleibt be-
dauerlich, dass gerade dieser Stock nicht
von der Hand Lützelburger's vollendet

wurde, dessen unübertrefsliche Blätter in der Lippmaim'schen Ausgabe des „Todtentanzes" von allen Kunstfreunden
ebenso gen ossen werden können, wie in den kostbaren Original-Probedrucken.
1 Der Todtentanz von Hans Holbein. Nach dem Exemplare der erslen Ausgabe im kgl. Kupserstich-Cabinet zu Berlin in Lichtdruck
nachgebildet von A. Frifch. Herausg. von Friedrich Lippmann. Berlin, Ernst Wasmuth, 1879.
2 Vgl. die interessanten Aussührungen von Mantz (S. 82 ff.), welcher insbefondere aus das von Martette zuerst bemerkte und schars-
smnig gewürdigte Monogramm aus dem Fussgestell des Bettes, von welchem der Tod die „Hertzoginn" zerrt, hinweist.

CHRISTI BEWEINUNG,

Nach dem Gemälde von A. van Dijck gestochen von Fr. Fränkel.


ON derLeistungsfähigkeit desLichtkupferstiches, welche zu würdigen das gegenwärtige Heft der Grapliifchen
Künsse vollauf Gelegenheit gibt, legt auch die nebenstehende Illustration ein vollgiltiges Zeugniss ab. Sie ist
vom k. k. militär-geographifchen Inssitute in einer Redustion angefertigt worden, welche sich ungefähr auf
den vierten Theil des Originalblattes beläuft und erscheint, trotz dieser starken Verkleinerung, noch so scharf in
den Umrissen, so klar in den Strichlagen und so wirkungsvoll in der Vertheilung von Licht und Schatten, dass der
Eindruck dieser Reproduktion ein durchaus künstlerischer und befriedigender bleibt und von den Vorzügen des
Originalstiches einen hinreichenden Begriss gibt. Mit dem letzteren hat sich Fr. Fränkel aus Nürnberg kürzlich auf
vorteilhafte Weise in die Kunstwelt eingeführt, nachdem er schon seit 1853 als Kupferstecher thätig gewesen war,
aber bis vor wenigen Jahren seine Kunst an Stahlstiche zu buchhändlerischen Zwecken und an ähnliche Arbeiten
ohne eigentlichen Kunstwerth hatte wenden mussen. Seine erste künstlerische Leistung, der von uns besprochene,
im Selbstverlage erschienene Stich nach vanDjick, ist so tüchtig und vielversprechend, dass wir Fränkel's Anerbieten,
in den Kreis der künstlerischen Mitarbeiter unserer Gesellschast zu treten, mit Vergnügen angenommen haben, und
 
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