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Galerie Schack.
schöne zarte Frau, in jugendlichem Alter; die in Ansbach lebende Grossmutter mütterlicherseit
übernahm die Pssege des Knaben und seiner älteren Schwerter Emilie, bis 1834 eine in das verwaist
Vaterhaus eingezogene neue Mutter die kleine Familie zurückbrachte. Dieser zweiten Mutter verdankt
Feuerbach nicht nur eine tresfliche Pssege und Erziehung, nicht nur stete Aneiferung und Aufmunteruno-
während der schwierigen Anfänge seiner Laufbahn, sondern auch eine fortdauernde thatkrästi<re Stütze
inmitten der Lebenssorgen, denen seine weich und zart geartete Künstlernatur allein nicht hätte Stand
halten können, und verständnissvollen Rath bei seinen künstlerischen Unternehmungen; diese edle Frau
war der einzige Glücksstern, der treu und unverändert der ganzen Laufbahn des Künstlers leuchtete
bis über ihren jähen und vorschnellen Abschluss hinaus. Zwei Jahre nach der zweiten Verehelichuno-
1836, erhielt Anselm's Vater einen Ruf als Professor an die Universität zu Freiburg im Breiso-au und
so wuchs der Knabe mitten in der schönen Umgebung des Schwarzwaldes froh heran. Er war nach
der Schilderung seiner Mutter,i ein hochbegabtes, lebhaftes, höchst erregbares Kind von liebens-
würdiger Gemüthsart, heiter und zufrieden mit allem, was ihm geboten ward; in der Schule stets der
Erste seiner Clasfe, während der Feierstunden auf der Strasse stets der lustigste der Genossen. Ein
nervöses Leiden, das sich mehrmals zu bedenklichen Fieberanfällen und Hallucinationen steigerte,
andere Kinderkrankheiten und Unfälle — einmal schoss man ihm aus Versehen eine Schrotladung in
den rechten Arm, ein anderes Mal fiel er von einer aus Kisten erbauten Festung und brach ein
Schlüsselbein — gingen spurlos vorüber und wurden vom Knaben gleichmüthig ertragen. Schon früh
bethätigte er einen unwiderstehlichen Trieb zu künstlerischer Beschäftigung; sowie seine kleine Hand
den Bleistift halten konnte, gleichgiltig ob die rechte oder linke — eine Eigenheit, die dem Künstler
in späteren Jahren oft die Arbeit erleichterte — begann er nach der Natur zu zeichnen und sogar
häusliche Vorfälle zu illustriren. Ehe er schreiben konnte zeichnete er seinen Namen durch eine häus-
liche Hieroglyphe in Gestalt eines langöhrigen Hasen; bald.machte er sich an Landschafts- und Archi-
teciurstudien und verruchte sich in grösseren Compositionen, wozu er Anfangs aus der germanischen
Urzeit und später aus den deutschen Kaiserhistorien seine Vorwürfe holte. Noch ist eine Zeichnung aus
Feuerbach's Kinderzeit vorhanden, die den schlafenden Kaiser Barbarossa darstellt, hinter welchem ein
gessügelter Genius mit der erhobenen Rechten Stille gebietet. Auch die Gdysfee, die er aus Erzählungen
genau kannte, beschäftigte mitunter seinen Stift. Obgleich sonst gar nicht eigensinnig, duldete der
Knabe bei diesen künstlerischen Versuchen keinerlei Widerspruch in Bezug auf die Wahl der Stoffe
und deren Ausführung; sein letztes Argument war immer: „So muss ich!"
Seltsam genug fand der Knabe, der schwere Studien nach der Natur zeichnete, ohne irgend eine
Anleitung ssott modellirte und sogar eine leidliche Büste seines Vaters zu Stande brachte, keine
Gnade vor den Augen des Zeichnenlehrers am Gymnasium; dieser sprach ihm alle und jede Begabung
für's Zeichnen ab. Aber in dem Jüngling regte sich der Trieb zur Kunst so mächtig, dass der Vater, der
ursprünglich mit Recht gewünscht hatte, seinen Sohn erst nach überstandenem Abiturientenexamen ziehen
zu lassen, keinen Widerstand leisten konnte; im Sommer 1845 kam Feuerbach, kaum sechzehn Jahre alt,
an die Akademie zu Düsseldorf. Im Hinblick auf die spätere Richtung des Künstlers ist es begreislich, dass
ihm die „katholisirende Romantik des damaligen Direktors Schadow, unter dessen Leitung Feuerbach)
seine Studien begann, und überhaupt die ganze süssliche Sentimentalität der Düsfeldorfer Schule"2
nicht zusagte. Er machte sich auch, wie er einmal schrieb, nicht viel daraus, dass er bei dem Direktor
in besonderer Gunst stand und als Famulus in seinem Atelier fungirte; vielmehr trieb er mit grossem
1 Die treue Mutter des Künstlers, Frau Hofrath Feuerbach in Nürnberg, war so gütig, uns eine Reihe mündlicher und briessicher Mit-
theilungen zu machen, die uns von grossem Werthe waren und sür welche wir der verehrten Frau zu innigem Danke verpflichtet sind
s Vergl. Friedrich Pechi: „Deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts." Nördlingen, C. II. Beck, 1877. I. Reihe, S. 240.

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