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VEREENIGING DER ANTWERPSCHE ETSERS.
Ein Künstler-Verein zur Pflege der Maler-Radirung in Antwerpen.




NTWERPEN macht in neuerer Zeit kräftige Anstrengungen, um wenigstens einen Theil jener
hohen künstlerischen und literarischen Bedeutung wieder zu erlangen, welche die Stadt im
Zeitalter des grossen Rubens und nachher noch lange besessen. Das an kostbaren Meisterwerken
reiche Museum wird sorgfaltig gepssegt und besitzt seit Decennien einen wissenschaftlich
gearbeiteten Catalog, wie ihn gar manche andere Sammlungen von gleichem, ja noch höherem
8 Range nicht aufzuweisen haben; die dortige Academie der bildenden Künste gedeiht und
entwickelt sich immer mehr zu einem Mittelpunkte eigenartigen künstlerischen Schaffens'; vor drei Jahren hat
Antwerpen durch die Errichtung des in seiner Art einzigen Mufeums Plantin-Moretus 1 einen erfreulichen Beweis
der Pietät geliefert, welche die Bürger der grossen Vergangenheit ihrer Vaterstadt entgegenbringen; in jüngster
Zeit endlich haben wir in dem neugegründeten Vereine der Maler Antwerpen's zur Pflege der Original-Radirung,
um dessen Zustandekommen unser Mitarbeiter Herr Max Roofes, Conservator des Mufeums Plantin-Moretus sich
besondere Verdienste erworben, ein höchst erfreuliches Symptom gesteigerter und auf richtiger Bahn befindlicher
künstlerischer Thätigkeit zu begrüssen.
Seit jeher haben zahlreiche bedeutende Maler der Scheldestadt in ihren Musestunden gern die Radirnadel
zur Hand genommen; der Name eines der grossen Meister der Atzkund,vanDijck's, fallt Jedem sofort ein, aber auch
mehrere seiner Zeitgenossen und einige Epigonen sind hervorzuheben, darunter van Thulden, die beiden Teniers,
Pieter Boel, Lucas van Uden, Willem van Nieulant und Leys. Im Allgemeinen hat sich die Tradition der Maler-
Radirung in Antwerpen aufrecht erhalten und viele hundert Blätter sind dort auch in neuerer Zeit entstanden,
welche verstreut und unbekannt blieben, weil sich Niemand fand, der sie in zweckmässiger Weise den Liebhabern
bekannt gemacht und deren Erwerbung vermittelt hätte. Diesem Übelstande, der sich gegenwärtig, wo das
Interesse an den Werken der Ätzkunst überall bedeutender und allgemeiner geworden ist, weit fühlbarer macht
als zuvor, wird der neue Verein der Maler-Radirer Antwerpens abhelfen, und aus den bereits vorliegenden Proben
darf man schliessen, dass nicht bloss die Heimat, sondern auch der grosse internationale Kreis von Liebhabern
der Radirkunst den Publicationen der erwähnten Künstlergesellschaft Beachtung und Theilnahme zuwenden werde.
Dies hoffen wir insbesondere von den Mitgliedern unserer Gesellschaft, welche ja die Pflege der Maler-Radirung
als einen wesentlichen Theil ihres umfassenden Wirkungskreises betrachtet.
Die Organisation der „Vereeniging der Antwerpsche Etsers" entspricht vollkommen ihrem Zwecke, ein
localer Verband von Antwerpner Malern zu bleiben, welche die Maler-Radirung zu pssegen geneigt sind. Die
Anzahl der ordentlichen Vereinsmitglieder ist vorläufig auf vierzig beschränkt, von denen drei Viertel ausübende
Künstler sein und der Antwerpner Künstler- und Schriftsteller-Gesellschaft („Verbond van Kunden, Letteren en
Wetenschappen") angehören mussen; ihr Jahresbeitrag ist auf 12 Francs festgesetzt. Ausserdem enthält der Verein
unterstützende Mitglieder, welchen gegen einen Jahresbeitrag von 24 Francs die Publicationen des Vereines
unentgeltlich zukommen und correspondirende Mitglieder, die über Vorschlag des Vereinsvorstandes unter auswär-
tigen Künstlern und Kunstfreunden gewählt werden, von denen die Gesellschaft eine Förderung ihrer Bestrebungen
erwartet und welche die Publicationen unentgeltlich empfangen. Der Verein wird unter der Ehrenpräsidentschaft
des jeweiligen Vorsitzenden der erwähnten Künstler- und Schriftstellergenossenschaft von Antwerpen, von einem
aus der Zahl der ordentlichen Mitglieder gewählten, aus einem Obmanne und seinem Stellvertreter, einem Cassier,
einem Schriftführer und noch fünf Mitgliedern zusammengesetzten Vorstande geleitet und verwaltet. Alljährlich
publicirt der Verein in regelmässigen Zeiträumen von je drei Monaten vier Hefte Original-Radirungen, von denen
jedes sechs Blätter enthält, sodass die Mitglieder jährlich vierundzwanzig Original-Radirungen in Gross-Folioformat

1 Vergl. den Aufsatz „Das Museum Plantin Moretus in Antwerpen" von Oskar Berggruen in Lützow's „Zeitschrift sür bildende Kunst",
J. XIV, 1878 („Kunst-Chroriik" Nr. 3).
 
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