Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
109


Die Nähßube. Federzeichnung von Fritz von Ukdt

DER Cultus Uhdes für die geschmackvolle Cultur vergangener Zeit mit dem vornehmen Reiz
comfortabler Einrichtung und gefälliger Kostümirung, sein Bemühen um einen nach den hesten
holländischen Sittenmalern des siebzehnten Jahrhunderts gemodelten Stil einer Malerei, die harmo-
nische Bilder zum Schmucke luxuriöser Ausstattung schasft, diese Schwärmerei für die malerische
Schönheit des Vergangenen stand in schroffem Widerspruch zu denjenigen Strömungen der Malerei,
die in Frankreich umwälzend, vorwärtstreibend sich gewaltsam soslösten von aller Tradition und
Schule. Inmitten des naturalistischen Treibens der Pariser Maler stand er noch ganz im Banne
Lenbachs, der ihn Ehrfurcht vor den Alten gelehrt hatte, und Munkäczys, dessen Wirksamkeit
einer ähnlichen Gesinnung entfloss. Auch an Brandts ritterlichen Scenen hatte er seine Freude. Was
Wunder, wenn ihn damals bei solchen Neigungen die neuen impressionistischen Erscheinungen in der
französischen Kunst wenig bekümmerten und ihm das Verständniss ihrer Berechtigung und Not-
wendigkeit nicht sofort aufging! Eilt als er selbst begann, die Studien nach den besten Meistern durch
Studien nach der Natur zu ersetzen und sich bemühte, der Natur gegenüber nach dem Ausdrucke
selbsteigener Empfindung zu ringen, erst dann überkam ihn auch die Einsicht, dass der Weg, den die
modernen Franzosen eingeschlagen hatten, ein richtiger sei und dass auch er um den Preis ähnlicher
Studien sich Selbstständigkcit erwerben müsste.
Ende 1882 war Uhde von Paris nach München zurückgekehrt. Er traf da Max Liebermann,
der gerade mit seiner lichtdurchflutheten Schusterwerkstatt bei den Künstlern einen grossen Erfolg
errungen hatte. Liebermanns naturalistische Malerei interessirte Uhde auf das lebhafteste; sie öfsnete
 
Annotationen