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BEMERKUNGEN ÜBER GRAPHISCHE
ZEICHNUNGEN.

Zur Einführung zweier unveröffentlichter Studien von Lucas van Leyden.

Handzeichnungen für Holzschnitte und Stiche tragen
weit offensichtlicher das Gepräge ihrer zukünftigen Bestim-
mung und Verwendung an sich als jene für Gemälde. Ihre
strenge und klare Formgebung, ihre Sauberkeit in der Durch-
führung heben sich — nicht immer zu ihrem Vorteil — von
dem ungestümen und schaffensfrohen Gestalten der anderen
ab, wie es der Aufbau eines Bildes mit sich brachte. Dort
die Abhängigkeit von einer verwandten Technik auf Holz oder
Kupfer, hier ein freies Walten auf dem Papier ohne besondere
Bezugnahme auf die Ausführung, die allzeit ihre eigenen
Wege wandelte. Dort meist Federtechnik oder spitze Griffel,
hier jede Art aller zugänglichen Mittel. Nur die Radierung
folgte dem malerischen Brauch, weil auch sie ein ungehemmt
zeichnerisches Entstehen anstrebte und eine rasche und
der Phantasie willige Unterordnung bedingte. Rembrandts
Zeichnungen für seine graphischen Produkte unterscheiden
sich in keinerlei Weise von jenen seiner Bildkompositionen.

Indes kommen bis zum ersten Viertel des XVI. Jahr-
hunderts bereits dreierlei Zeichnungsarten für die Graphik in Betracht, die gleichzeitig drei Ent-
wicklungsstufen bezeichnen: der kompositioneile Entwurf (Konturzeichnung), die Klarmachung
der Strichmodellierung bis in jedes Detail (ausgeführte Kupferstichzeichnungen) und die Anlage
von Teilstudien. Viel muß es von diesem Material einst gegeben haben, aber verschwindend
wenig ist heute der Forschung erhalten geblieben, so daß man von einem Meister zum andern
greifen muß, um sich zur Genüge ein deutliches Bild zu verschaffen.

Vom Anbeginn wurde das Umrißmäßige ohne viel Umstände auf den grundierten Holzstock
gezeichnet oder abgeklatscht, auf die Metallplatten aber allzeit aufgepaust. Diese nicht immer
gegenseitig vorgedachten Entwürfe legten den Ton mehr auf einfache Klarheit als auf Modellierung.
Die Tradition alter Buchillustration spielte noch lange mit. Nicht nur jene frühen Beispiele wie die
kleinen Holzstöckel der Amerbachschen Offizin in Basel (Abb. 1), auch noch Dürers Zeichnungen
zum Marienleben wissen uns zu berichten, daß keinerlei anderweitige Studien hiezu in Verwendung
standen, sondern alles unmittelbare Wiedergabe der freien Phantasie war. Es sei denn, daß zu ein-
zelnen Figuren wie etwa zur Kirchengängerin in Mariens Verlobung (B. 82) oder zur babylonischen
Buhlerin in Dürers Apokalypse (B. 73) die Skizzenbücher mit ihrem Vorrat herhalten mußten. Und
wenn später schon Teilentwürfe separat angelegt wurden, wie jene Zuschauergruppe des Hinter-

Abb. 1. Albrecht Dürer zugeschriebene Zeichnung auf
einem Holzstock in Basel. (Rechte Hälfte).

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