AUGUSTE RICHTER, KIND UND TANNENBAUM / ORIGINALLINOLEUMSCHNITT
KINDERGRAPHIK.
ARBEITEN VON SCHÜLERN DER VON PROFESSOR FRANZ CIZEK GELEITETEN
JUGENDKLASSE AN DER WIENER KUNSTGEWERBESCHULE.
Die Blätter des folgenden kleinen Bilderbuches sind von Knaben und Mädchen im Alter von
sieben bis fünfzehn Jahren geschaffen. Es sind zumeist Linoleumschnitte, aber auch Holzschnitte,
ein paar Radierungen und eine Lithographie. Ein halbes Dutzend dieser Arbeiten konnte sogar
von den Originalplatten gedruckt werden. Eröffnet wird die Reihe durch Erstlingsarbeiten auf
Linoleum. Mit einem,,Weißschnitt" (Kennern derGeschichte desFormschnittes ist diese Benennung
wohl vertraut) als der nächstliegenden und einfachsten Ausdrucksform wird fast immer begonnen.
Den Grund zu beiden Seiten der Linie so sorgfältig zu entfernen, daß diese als unversehrter
Steg stehen bleibt, der dann, eingefärbt, aufs weiße Papier einen reinen schwarzen Strich abdruckt,
ist natürlich schon viel schwerer, verlangt bereits eine gewisse Übung und eine festere Hand.
Erstaunlich ist, wie rasch und klar sich der Stil der Schwarz-Weiß-Technik ausbildet, zuerst in
Flächen, später in Linien. Manche Blätter zeigen bereits einen höchst vollendeten, an das künst-
lich verschlungene Fädengewirr von Stickereien erinnernden Linienstil. Dem Hohleisen wird
vor dem Schneidmesser der Vorzug gegeben. Beobachter unterscheiden sich von Träumern,
naturalistische Begabungen von dekorativen. Selbstverständlich aber wird niemals sklavisch
die Natur kopiert, sondern stets nur nach Erinnerungsbildern gearbeitet, der Sinn für eine dem
Auge schmeichelnde Verteilung von Schwarz und Weiß innerhalb der Bildfläche ist bei beiden
Richtungen gleich stark entwickelt. Freilich ist eine gewisse Übereinkunft, zum Beispiel bei der
Darstellung von Laub und Zweigen und von Gewandfalten unverkennbar, aber sie geht sicherlich
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KINDERGRAPHIK.
ARBEITEN VON SCHÜLERN DER VON PROFESSOR FRANZ CIZEK GELEITETEN
JUGENDKLASSE AN DER WIENER KUNSTGEWERBESCHULE.
Die Blätter des folgenden kleinen Bilderbuches sind von Knaben und Mädchen im Alter von
sieben bis fünfzehn Jahren geschaffen. Es sind zumeist Linoleumschnitte, aber auch Holzschnitte,
ein paar Radierungen und eine Lithographie. Ein halbes Dutzend dieser Arbeiten konnte sogar
von den Originalplatten gedruckt werden. Eröffnet wird die Reihe durch Erstlingsarbeiten auf
Linoleum. Mit einem,,Weißschnitt" (Kennern derGeschichte desFormschnittes ist diese Benennung
wohl vertraut) als der nächstliegenden und einfachsten Ausdrucksform wird fast immer begonnen.
Den Grund zu beiden Seiten der Linie so sorgfältig zu entfernen, daß diese als unversehrter
Steg stehen bleibt, der dann, eingefärbt, aufs weiße Papier einen reinen schwarzen Strich abdruckt,
ist natürlich schon viel schwerer, verlangt bereits eine gewisse Übung und eine festere Hand.
Erstaunlich ist, wie rasch und klar sich der Stil der Schwarz-Weiß-Technik ausbildet, zuerst in
Flächen, später in Linien. Manche Blätter zeigen bereits einen höchst vollendeten, an das künst-
lich verschlungene Fädengewirr von Stickereien erinnernden Linienstil. Dem Hohleisen wird
vor dem Schneidmesser der Vorzug gegeben. Beobachter unterscheiden sich von Träumern,
naturalistische Begabungen von dekorativen. Selbstverständlich aber wird niemals sklavisch
die Natur kopiert, sondern stets nur nach Erinnerungsbildern gearbeitet, der Sinn für eine dem
Auge schmeichelnde Verteilung von Schwarz und Weiß innerhalb der Bildfläche ist bei beiden
Richtungen gleich stark entwickelt. Freilich ist eine gewisse Übereinkunft, zum Beispiel bei der
Darstellung von Laub und Zweigen und von Gewandfalten unverkennbar, aber sie geht sicherlich
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