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Oskar Stössel, Blick auf Graz.

Nach der farbigen Radierung.

DER RADIERER OSKAR STÖSSEL.

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1921 war in der Grazer Frühjahrsausstellung der Genossenschaft bildender Künstler Steiermarks
zum erstenmal in seiner Gesamtheit das graphische Werk Oskar Stössels zu sehen, allerdings nicht
lückenlos, denn eine große Zahl von Platten hatte der Künstler, unzufrieden mit ihren Ergebnissen,
längst abgeschliffen. So waren nur etwas mehr als fünfzig Blätter übrig geblieben, in ihrer Mehrzahl
Bildnisse und Naturstudien, die in ihrer Wirkung aber alles übertrafen, was sonst noch an Graphik
in dieser Ausstellung hing. Der erste und stärkste Einfluß, der die Kunst Stössels bestimmt, geht von
den alten Meistern aus. Er charakterisiert sich in der genauesten Wiedergabe der Form und der größt-
möglich malerischen Wirkung des Ganzen und der Einzelheiten. Den Bildnissen versteht er eine
animalische Belebung zu verleihen, in den Landschaften bildet er die feinsten Stimmungen über-
zeugend nach und den alten Architekturen gibt er ihre Patina. Die starke malerische Wirkung in
den Schwarz-Weiß-Blättern erreicht der Künstler nur durch die Ausdrucksmittel, welche die Radie-
rung bietet. Er gehört zu den Graphikern strengster Richtung, für die die Kupferplatte nicht nur
bloß Grundlage ist. Mächtig gesteigert wird der malerische Effekt durch die Farbe. Er wird aber
nie sensationell, will weder formal noch durch technische Raffinements verblüffen. Sein Vorbild
ist Rembrandt, der als erster erkannt hat, daß man auch auf der Platte malen könne, während alle
seine Vorgänger über die »geätzten Stiche« eigentlich nicht hinausgekommen sind. Des Künstlers
Arbeitsweise ist auch die der echten, alten Kunsthandwerksmeister. Genaueste Beobachtung des
Darzustellenden, gewissenhafte Zeichnung, die immer das Ganze erfaßt, das Detail diesem unterordnet.

1 Siehe das Verzeichnis der graphischen Werke des Künstlers in den Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. 1922. Nr. 4.
 
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