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hat die Liebe zur Kunst auch auf seine Söhne übertragen, von denen Eduard, dem eine nicht all-
tägliche Fertigkeit als Maler nachgerühmt wird, an der Pariser Ecole des Beaux Arts studiert und
als Silberwarenfabrikant sich später gleichfalls aufs Kunstgewerbe verlegt hat, während Anton, der
Vater unserer Brüder, sich dem kaufmännischen Berufe zuwandte und nur in den Mußestunden
jüngerer Jahre als begabter Dilettant zum Pinsel griff. Erst in den Zwillingen Hans und Leo, die
am 13. Mai 1884 in Wien das Licht der Welt erblickten,' hat die offenbar seit Generationen auf-
gespeicherte künstlerische Veranlagung der Familie ihre Vollreife erlangt, ist der letzte Schritt
jenes Veredlungsprozesses vollzogen worden, der den bis dahin vorwiegend im Handwerklichen
betätigten Form- und Gestaltungstrieb der Frank auf die Höhen der reinen Kunst hinaufführte.
Doch ist dabei die handwerkliche Gewissenhaftigkeit keineswegs verloren gegangen, sondern sitzt
auch noch den Brüdern Hans und Leo tief im Blut, die in ihrem unablässigen Streben 'nach
höchster technischer Vollendung, in ihrem feinen Gefühl für die Forderungen und Möglichkeiten
des Materials sowie in der Freude am Aufspüren neuer graphischer Methoden den gesunden Boden
nicht verleugnen können, in dem ihre liebenswürdige, immer vornehme Kunst wurzelt.

Beide Brüder haben eine sorgfältige Erziehung genossen, zusammen die Realschule besucht,
am selben Tage die Matura bestanden und sodann von 1902 bis 1906 den Lehramtskandidatenkurs
an der Wiener Kunstgewerbeschule frequentiert, wo sie unter Leitung Professor Anton Kenners
malten, Akt zeichneten und die ersten Versuche im Holzschnitt wagten. 1906 bis 1907 leisteten sie
als Einjährig-Freiwillige in einem Artillerieregiment ihrer Militärdienstpflicht Genüge und setzten
hierauf in den Jahren 1907 bis 1911 ihre Studien an der Wiener Akademie der bildenden Künste
fort, die ihnen in dem Vorstand der Spezialschule für Malerei, Professor Franz Rumpier, einen
Lehrer bot, der ihrer Eigenart und ihren Bestrebungen in der idealsten Weise entgegenkam. Die
akademische Schulausstellung des Jahres 1911 zeigte die Brüder bereits im Vollbesitze aller
technischen Mittel; als würdige Schüler Rumpiers, dem sie auch heute noch die Treue wahren,
verließen sie. mit ersten Preisen ausgezeichnet," die Hochschule, um im gemeinsamen Atelier nun-
mehr in voller Freiheit die Kräfte zu entfalten. Das Jahr 1912 haben sie größtenteils auf Reisen
zugebracht und ein gutes Stück Europa gesehen. Über die Schweiz und Frankreich (Paris) ging
es nach England, wo namentlich die reichen Sammlungen Londons eifrig studiert wurden; die
Rückreise führte über Belgien und Holland nach Deutschland. Kaum heimgekehrt, riß die Teil-
mobilisierung des Winters 1912 13 die Brüder zum erstenmal auseinander. Leo mußte einrücken
und kam in die Bocche di Cattaro, während Hans inzwischen die Kollektivausstellung in der Wiener
Sezession für sich und den Bruder vorbereitete, der erst im Frühjahr 1913 den Säbel wieder mit
dem Pinsel vertauschen konnte. Als das Kriegsgespenst im folgenden Jahre neuerlich an die Pforten
des Reiches pochte, eilten beide Brüder bereits in den ersten Augusttagen zu den Fahnen, Hans als
Munitionskolonnenkommandant nach Galizien, Leo in gleicher Eigenschaft an die montenegrinische
Grenze, von wo aus er noch im November 1914 nach Serbien einmarschierte. Im weiteren Verlaufe
des Krieges erhielt Hans ein Batteriekommando an der Dolomitenfront (Monte Piano) und zeichnete
sich hier durch solch hervorragende Tapferkeit aus, daß sein Name sogar gelegentlich im Armee-
oberkommandobericht lobende Erwähnung fand; Leo kämpfte, gleichfalls als Batteriekommandant,
am Monte Tomba, sowie am Piave und bewährte noch am Rückzug nicht mindere Bravour und

1 Sie wurden — Leo eine Stunde vor Hans — in Wien, VI., Hirschengasse 6. geboren, im selben Hause, das die Familie nocli heute
bewohnt. Auch die Mutter der Zwillinge. Betty, geborene Kindler. entstammt als Tochter eines in seinem Metier sehr geschickten Möbelfabrikanten
dem Kunsthandwerkerstande.

2 Hans, dem schon 1910 der1 KUeber-Prels verliehen worden war. erhielt 1011 das große Staatsreisestipendium. Leo im selben Jahre den
Spezialschulpreis

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