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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Diehl, Robert: Zu den Holzschnitten A. Weber-Schelds
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0099
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Die kritische Analyse
dieser Blätter würde schließ-
lich noch eine dritte Stil-
komponente bloßzulegen
haben, die in fast allen mehr
oder minder deutlich fühl-
bar ist. Es ist die Erinne-
rung an die Meister des
japanischen Holzschnitts
und derjapanischenTusch-
zeichnung, denen die Liebe
des Künstlers von jeher ge-
golten hat. Daß es sich da-
bei nicht um Übernahme
formaler Äußerlichkeiten,
sondern um wesentliche
Vertiefungund Befruchtung
aus artverwandter Quelle
handelt, braucht nach dem
Gesagten kaum besonders
ausgesprochen zu werden.
Doch trägt vielleicht gerade
dieserPunkt, die Berührung
mit der auf tiefste Natur-
verbundenheit gegründeten
Kunst des Ostens, dazu bei,
das künstlerische Wollen,
das der Graphik Weber-
Schelds zugrunde liegt,
noch näher zu umschrei-
ben. Es wurzelt, wie das-
jenige der Ostasiaten, in
dem tiefen Glauben, daß
es möglich sei, in den Linien der Landschaft alle unsere Empfindungen auszudrücken. Nicht die
Beschreibung, nicht das optische Abbild wird gesucht, auch nicht das bloße Augenerlebnis gestaltet.
Sondern aus den großen Gefühlen des Glückes und der Trauer, der Andacht und der Erschütterung
beim Anschauen und Erleben der Landschaft schaffen innere Kräfte das »wahre Bild«.

Mit dem Schnitzmesser realisiert, wird dieses Bild um so wahrer sein, je mehr dem Künstler die Nei-
gung zum zeichnerischen Sehen eingeboren ist und je zwangloser sich demnach seine Naturvorstellung
der Formgesetzlichkeit des Holzstocks unterordnet. Es gilt, einem Stück plastischen und räumlichen
Lebens seine lineare Struktur abzufragen, aus Linienbeziehungen einen neuen eigengesetzlichcn
Organismus zu bilden. Daß dabei ein starker subjektiver Erlebnisgehalt keineswegs in Widerspruch
zu geraten braucht mit einem fast ornamentalen Wohllaut der Linien- und Flächenrhythmik, dafür
bietet das Holzschnittwerk Weber-Schelds manches verbindliche Beispiel. So etwa, wenn in der

A. Weber-Scheld, Rhonlandschaft.

Holzschnitt.

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