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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 3.1938

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Holter, Kurt: Die Korczek-Bibel der Nationalbibliothek in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.6338#0095
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und hellt sich nach oben auf. Blau, Grau und Grün, stets in dunklen Tönen, sind die herrschenden
Farben, der Faltenwurf ist stark vereinfacht, vom Schüsselfaltenstil ist weniger zu spüren. Die
einzige Bewegung liegt in den geschwungenen Enden der Faltenwürfe. Der entwicklungsgeschicht-
liche Abstand vom Stil des Hasenburg-Meisters ist ein außerordentlicher, so daß vielleicht gar
nicht an eine gleichzeitige Entstehung gedacht werden kann. Will man aber doch an dieser fest-
halten und den Miniator nur einer jüngeren Generation zuweisen, so gewinnen diese Miniaturen
umsomehr Bedeutung. Denn sie sind dann zweifellos die frühesten, die jene harte und klare
Durchbildung aufweisen, wie sie seit dem dritten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts häufiger und
für den Albrechtsminiator in Wien so außerordentlich kennzeichnend geworden sind.

Da es sich bei den in diesem Aufsatz besprochenen Handschriften im wesentlichen um Prager
Buchmalerei handelt, soll als Anhang ein Nachweis geführt werden, der schon längst fällig ge-
worden ist. Außerdem handelt es sich um einen Meister, der in einer hier schon mehrmals ge-
nannten Handschrift zugleich mit dem Hasenburg-Meister auftritt. Julius v. Schlosser hat vor
langer Zeit in seiner grundlegenden Veröffentlichung „Die Bilderhandschriften König Wenzels I."
(Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen, Bd. XIV ,1893, S. 256, Nr. 4) die deutsche Über-
setzung der Paulusbriefe24 unter die Anzahl der Wenzelhandschriften aufgenommen, wogegen
Gottlieb25 aber Einspruch erhoben hat. Diese Ablehnung scheint auf den ersten Blick gerecht-
fertigt, da sich die Handschrift in die Wenzelwerkstatt stilistisch in keiner Weise einfügen läßt.
Dieser widerspricht der dicke Farbenauftrag, die Palette der matten, mit Weiß versetzten Farben,
der grobe Strich und die Verzierung mit meist plumpen weißen Punkten. Die Handschrift steht
nun nicht allein, sondern gehört zu einer Gruppe von Handschriften, die Kletzl26 beschrieben
hat. Sie stammt also unzweifelhaft von der Hand eines Prager Meisters,27 dessen Oeuvre ebenfalls
Kletzl S.71 zusammengestellt hat.28 Ein Beispiel für diese Zuschreibung wird vollauf genügen
(Abb. 10, fol. 15 v), da sowohl die Form des Ornaments, als auch die Farben, der Pinselstrich
und die Typen dem Stil entsprechen, wie er am angegebenen Orte geschildert ist. Außer bei
Schlosser ist die Beschäftigung dieses mittelmäßigen Meisters durch König Wenzel bisher nicht
erwähnt worden, obwohl der Hinweis auf diesen durch das auf fol. lr leider beschädigt erhaltene
Bademädchen gegeben war. Sie wird aber dadurch bestätigt, daß der Meister auch in der
Wiener Handschrift der Goldenen Bulle, cod. 338, mitgearbeitet hat.29 Es finden sich dort von
seiner Hand eine Initialminiatur (fol. llr) und eine Anzahl von Initialen, z. B. fol. 9r, lOv,
13 v, 15 r und vor allem die Initialen von fol. 49 an.30 Dieser Hinweis wirft ein deutliches Licht
auf den Niedergang der Wenzelswerkstatt, ja er läßt uns ihr Ende ganz deutlich erkennen,
wenn wir den schwächsten Meister der Goldenen Bulle, der dort nur zu den einfachsten Arbeiten
herangezogen wurde, kurz darauf, in den Paulusbriefen, mit Sicherheit der letzten Wenzel-
handschrift, da sie wohl nach der Antwerpener Bibel von 1402 anzusetzen ist, als einzigen
Meister tätig sehen.

24 Wien, Nationalbibliothek, cod. 2789. Vgl. dazu H. Vollmer, Neue Beiträge zur Geschichte der deutschen
Bibel im Mittelalter. (Bibel und deutsche Kultur. Bd. VIII.) 1938, bes. S. 148. In dieser Veröffentlichung ist
auch auf Taf. IV. eine Wiedergabe der ersten Seite der Handschrift nach einer Aufnahme im Weiß-auf-Schwarz
Verfahreu gebracht.

25 Th. Gottlieb, 1. c, S. 6.
2Ü O. Kletzl, 1. c, S. 68—76.

27 Bei Kletzl der Meister B des Zittauer Missale Pragense A VII.

28 Abbildungen bei Kletzl, 1. c, Abb. 27—29, weiter bei A. Podlaha, 1. c, Abb. 64, und R. Bruck, Die
Malereien in den Handschriften d. Königr. Sachsen, 1906, Abb. 183.

Schon Kletzl hat diese Tatsache kurz gestreift.
:i" Es sind also an dieser Handschrift außer den beiden Hauptminiatoren, dem „Hasenburg-Meister" und dem
„Meister der Goldenen Bulle", zwei Gehilfen beteiligt, da sich die übrigen Initialen in Form und Farben wesent-
lich von denen des oben genannten Meisters unterscheiden.

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