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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — N.F. 4.1939

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Simon, Karl: Zeichnungen von Adam Grimmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.6339#0078
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in Wien führt freilich sehr viel mehr in die
Tiefe und enthält die ganze Szene des Heran-
nahens der Häscher. Vegetation fehlt auf
der Stuttgarter Zeichnung ganz.

Die Behandlung der Figuren und ihrer
Gewandung, der Falten, soweit man hei der
Stuttgarter Zeichnung davon sprechen kann
—• über die durch die Verschiedenheit der
Themen bedingte Andersartigkeit hinaus —
zeigt eine spätere Stilstufe als die Wiener
Olbergszene, aber ein gewisser Schulzusam-
mcnhang zwischen den beiden Zeichnungen
besteht doch wohl. Da nun die Stuttgarter
Zeichnung für Adam Grimmer gesichert ist,
so darf die von H. A. Schmid versuchsweise
vorgeschlagene Taufe der Wiener Olberg-
szene auf Johannes Grimmer ernsthafter
Erwägung wert sein.

Anhangsweise sei noch auf ein Blatt des
Berliner Kupferstichkabinetts hingewiesen:
eine schwarze Federzeichnung, getuscht
und weiß gehöht, auf rotbraun grundiertem
Papier, die einen Rahmen zeigt, von einer
männlichen und einer weiblichen Karya-
tide flankiert, mit Putten und Rollwerk
(316 x 217 mm)1» (Abb. 6).

Die Signatur zeigt rechts unten in Ligatur
A S V oder A V S, in einer Ausführung, die (besonders bezüglich des A) an diejenige des
Wiener Blattes erinnert; nur ist das S mehr an das A herangerückt als an das V. Und es
fehlt der Familienname. Aber die Vorliebe für üppige, schwere Dekoration ist schon ähnlich,
wenn sie auch in der Richtung der ganzen Zeit liegt. Auf der Zeichnung des Rahmens
zeigen die Putten einen stark heraustretenden dicken Bauch, der auf dem Wiener Blatte
besonders in den oberen Puttengestalten ähnlich ist. Die wild flatternden Haare der Berliner
Zeichnung sind auf dem Wiener Blatte höchstens bei dem Putto rechts oben festzustellen;
aber die Anfänge dieser Richtung liegen schon in dem flatternden Hutschmuck des Wiener
Blattes und den langbärtigen Masken darauf. Auf beiden Blättern begegnen mehrfach ganz
unnatürlich kolossale Schenkel der Putten. Die räumliche Vorstellung ist auf beiden Blättern
nicht immer logisch klar entwickelt: der oberste Putto auf dem Rollwerk des Berliner Blattes
müßte konsequenterweise abrutschen; ähnlich ist es bei den Putten des Wiener Blattes links
und rechts unten, die sich auf dem Lorbeerkranz auch nicht eigentlich halten können.

Rührt die Berliner Zeichnung auch etwa von Adam Grimmer her — und sie könnte wohl
Anlaß geben, ihn sich auch für die Buchillustration beschäftigt zu denken (vielleicht auch
für Franz Behem, so daß sich die Beziehung zu seinem Sohne, dem Frankfurter Glasmaler,
sehr leicht erklären ließe) — so müßte sie wohl beträchtlich später entstanden sein als das
Wiener Blatt; es zeigt schon die Züge eines zum Schema erstarrten Manierismus.

>iJ Staatl. Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett: Die deutschen Meister.
Bearb. v. Elfr. Bock II, S. 99, Nr. 1215, Bd. I (Text), S. 66.

6. Meister AVS (Adam Grimmer?), Rahmen-Entwurf.
Berlin, Staatl. Kupferstichkabinett

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