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Technik

weis der korrekten Ausführung zu erbringen. Überschritt die Abweichung eine be-
stimmte Grenze, wurde die Abnahme verweigert oder der Meister in mehr oder
weniger hohe Strafe genommen.

Bei Wandteppichen mit starker Höhenentwicklung, die unverhältnismäßig lange
Bäume bedingte, war eine Abweichung von der Geraden fast unvermeidlich; selbst
die Verwendung gut abgelagerter Hölzer vermochte den Übelstand nicht ganz zu be-
heben. Bevorzugt war das leichtere Kiefern- oder Tannenholz; für manche Manufak-
turen (Aubusson und Felletin) ist auch Eichenholz, das weniger starke Durchbiegungs-
erscheinungen zeitigte, sich aber schwerer handhaben ließ, bezeugt.

Abb. 5 zeigt den Wirker bei der Arbeit. Zum Verständnis des Vorganges sei kurz
folgendes bemerkt: Die Kette wird dergestalt aufgebäumt, daß zwischen den ein-
zelnen Fäden ein freier Raum von '2/3 bis 4/5 der Kettstärke gewahrt bleibt. Es
folgt sodann die Trennung in ein gerades und ein ungerades Fach, hierauf die An-
bringung der Litzen. Wie das Verfahren sich vollzieht, zeigt Abb. 6. Nach Ein-
bringung des Kreuzstabes (6), der eine Stärke von etwa 2 cm besitzt und aus poliertem
Hartholz besteht, erfolgt die Anschleifung der Litzen. Zunächst wird der Litzenbaum
— 8 cm (3 pouces) stark — durch eine Schablone (Fig. 2) in genau gleichmäßigem
Abstand — etwa 32 cm (1 Fuß) — vom Kettfach gelagert. Ein besonderes Instrument,
eine Art Zahnlehre (d) sorgt dafür, daß eine Verwirrung der Fäden ausgeschlossen ist.
Unterhalb dieses Kammes, der später durch eine eingelegte Schnur ersetzt wird, be-
ginnt die Teilung. Mit Hilfe von Schlingen wird die Hälfte des Kettfaches erfaßt, der
Litzenstab (a) nimmt die KIisses" auf. Die Verteilung auf die Hilfslitzenstäbe zeigt
Abb. 5.

Der Wirker sitzt vor seinem Feld; er ist augenscheinlich im Rückstand, dem-
entsprechend hängt der Hilfslitzenbaum etwas tiefer wie bei seinem Nachbarn. Die
Verseilung der Hilfslitzenstäbe mit der Wand verhindert ein Pendeln und damit ein
Verwirren der freihängenden Schleifen. Deutlich erkennbar sind die Kreuzungs-
schnur g(8), der Sicherungsfaden h und der Kreuzstab /. An dem bereits fertig-
gestellten Teile des Wandteppichs hängen und stecken die Farbenllieten, auch der
Kamm, dessen Zähne der Kettstärke entsprechen müssen, fehlt nicht. Ebenso zweck-
mäßig wie einfach ist die Konstruktion des Sitzes, der sich entsprechend dem Fort-
schreiten der Arbeit in verschiedenen Höhen gebrauchen läßt. Beginnt der Wirker
seine Tätigkeit, liegt der Kasten, wie im vorliegenden Falle, flach, rückt das fertig-
gestellte Feld in die Höhe, wird der Sitz hochkant gestellt, im Notfalle noch ein
kleines Bänkchen (Fig. 3b) aufgesetzt. Das Vorgehen findet seine natürliche Begrün-
dung in dem Bestreben, das wenig angenehme Neuspannen nach Möglichkeit hinaus-
zuschieben. Weder in den Gobelins, noch in den niederländischen Manufakturen
scheint ein weiteres Erhöhen des Sitzes durch untergeschobene Böcke und Gestelle
stattgefunden zu haben. Die schlechte Beleuchtung des obersten Teiles der Kette, die
hinderlichen Wandverseilungen der Litzenbäume, das umständliche Heranschaffen
neuen Arbeitsmaterials, macht den Vorteil mehr oder weniger illusorisch. Sprengel
erwähnt allerdings die Tatsache, die er den Erläuterungen Du Hamels über die
Knüpftechnik der Savonnerie entlehnt. «Es hält nämlich schwer, die starken Bäume
mit der ebenso starken Kette zu bewegen, und daher übernehmen sie (die W irker)
lieber die Mühe, mit der Bänke hinaufzurücken, soweit es nur die Höhe des Zimmers
erlaubet. Doch ist dies nur von großen Stühlen zu verstehen. Ebenso bringet man
auch die Bänke großer Stühle bey den Tapeten der Savonnerie höher."

Ähnlich wie der Litzenbaum bei den größeren Stühlen eine 1 eilung erfährt, werden
ensprechend an Stelle der durchgehenden Kreuzrute verschiedene kleinere Stäbe ein-
gezogen.

Savarys Dictionnaire universel de commerce erläutert: «Enfin il y a quantite de
petits bätons, ordinairement de bois de saule (Weidenholz) de diverses longueurs, mais
tous d'un pouce (2,7 cm) de diametre, que le Haute-lissier tient aupres de celui dans
des corbeilles, pour s'en servir ä croiser les fils de chaine, en les passant ä travers,

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