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Technik

der Waid-, später der Indigoküpe spielt. Ähnlich wird der Weinstein, als Ablagerung
in Weinfässern gewonnen, für die Färberei verwertet. Kupferwasser und Eisenvitriol
kamen in Fässern in den Handel. Die deutschen Bergwerke erzeugten in großen
Massen die für die Schwarzfärberei unentbehrlich gewordene Droge. Der Kölner
Markt scheint die Sorte vom Rammeisberg bei Goslar bevorzugt zu haben.

Der Urin fand beim Entfetten und Färben der Wollen Verwendung. Die An-
gaben des Libellus medicus variorum experimentarum von 1568(77) entbehren nicht
des drastischen Reizes. Die Blüte der Pariser Färberei der Gobelins beruhte nach
Ansicht des gelehrten Verfassers auf der geeigneten Ernährung des Personals, denen
fleißiges Weintrinken, zur Erzeugung eines hochwertigen Urins, zur Pflicht gemacht
wurde. Die Studenten und die Jünger des Mars sollen sich in aufopferndster Weise
zur Verfügung gestellt haben, selbst ein zum Tode Verurteilter war bereit, das weniger
schmerzhafte Ende des Gobelinstrinkers auf sich zu nehmen.

Verschiedene Gärungsmittel wie Kleie, bisweilen auch Waid, gewisse Zusätze wie
Operment (Schwefelarsenik), Asche (Alkali), Seife, Holzruß — zum Grundieren mancher
Farben — und arabischer Gummi, den namentlich Giovanni Ventura Rosetti (Plictho)
gegen ein allzu rasches Anfallen des Farbstoffes benutzt, spielen eine wesentliche
Rolle. Das Wasser führt bei den alten Färbern die Bezeichnung „weißer Liquor";
man schied in der Benutzung streng das Flußwasser von dem härteren Brunnenwasser.
„Liquor" kurzweg bezeichnete ein Kleienwasser zum Färben zarter Krapptöne.

Wolle, Seide, Gold.

Das vornehmste Rohmaterial des Bildteppichs, sowohl für Kette wie für Einschlag,
ist von jeher die Schafwolle. Die Materialienfrage findet bei Erörterung der ein-
zelnen Manufakturen eingehende Berücksichtigung; nur kurz sei das Ergebnis berührt.
Arras verwandte den von altersher berühmten, aus englischer Wolle gefertigten „fin
file" — das Pfund eingefärbte Arraser Wolle stellt sich 1420 auf 10 sols tournois —;
Paris verarbeitete einheimische und englische Wollen, das kommerziell eingestellte
Oudenaarde war völlig von der deutschen Einfuhr abhängig; Tournai bevorzugte in
seiner Blütezeit englische, später spanische Wollen, in den Tagen des Niederganges
wurde auch die minderwertigere Wolle der Auvergne benutzt. Die Frage des „flocon"
kann an dieser Stelle ausscheiden. Brüssel bediente sich der einheimischen, der eng-
lischen, französischen und spanischen Wollen. Bereits 1277 entfallen von der gesamten
englischen Ausfuhrlizenz nicht weniger wie 32,2% auf die Niederlande. „La chaine
se fera de filetz de laine de Lion, d'Espaigne, d'Arragon" verfügt die Verordnung
Kaiser Karls V. von 1544, die ergänzend hinsichtlich des zu verwendenden Einschlages
hinzufügt: „Qu'au susdict ouvrage ne se pourra ouvrer pour estoffe et entraimure fillet
de Lion, de quelque couleur qu'il soit: ny fillet de laine courte et danuelin, ou fillet
bruslö en maniere quelconque: ains fillet de bonne estoffe et laine comme d'Irlande,
d'Escosse etc." Die letztere Vorschrift bezieht sich zum Teil mit auf die Färbetechnik,
insbesondere auf die Gefahren des Schwarzfärbens: „Qu'en ouvrage dudict prix
(24 patars) et au dessus, l'on ne pourra ouvrer d'estoffe de legere couleur noire: ains
de bonne couleur de camp ou de moins de bon brun, verd boutö en noir bien woudö
et wedde\" Die weiteren Normen des kaiserlichen Erlasses, die sich im wesent-
lichen mit den Pariser, Arraser und Tournaiser Verordnungen der voraufgegangenen
Jahrhunderte decken, verbieten die Verwendung aller Wollen, die nicht vom Schafe
stammen (78); nur die minderwertigen Behänge dürfen mit gewissen Einschränkungen
den „flocon" und ähnliche Ersatzstoffe verwerten (79). Bei Herstellung der berühmten
Tunisfolge schreibt der kaiserliche Auftraggeber Meister Wilhelm de Pannemaker für
die Kette „du meilleur et plus exquis fillet de Lyon" vor, ganz gleichgültig „quoi quil
puisse couter".

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