Deutung
tapiz ä chappellez ä rozes, oü il a I. S. couronnez sur champ vert, et escussons aux
armes monseigneur d'Anjou". Das Amsterdamer Reichsmuseum besitzt einen Behang,
der zeitlich den Teppichen Karls Y. nahesteht und stark an die Wirkerei mit den
zinnenbesetzten Türmen erinnert (Abb. 65). Die Verarbeitung ist ungleich reicher und
verleugnet in keiner Weise die Abhängigkeit von den gleichzeitigen Seidenstoffen.
Nach den Wappen zu urteilen, stammt das Fragment aus dem Besitze des 1396 ver-
storbenen Guillaume Rogier de Beaufort, des Yicomte von Turenne und Herrn von
Alais.
Die noch mehrfach erhaltenen Kissenbezüge zeigen mit Vorliebe ausländische Tiere,
Papageien, Affen, Löwen — selbstverständlich fehlt das Einhorn mit der Jungfrau nicht —,
daneben Hirsche, Füchse, Schafe und dergleichen; auch blühende Pflanzen sind beliebt.
Es versteht sich von selbst, daß Namensinitialen und Wappen dem gleichen Zwecke
dienen. Schon seltener findet sich der Name Christi oder der der Madonna (90).
Die figürlichen Darstellungen beschränken sich in der Regel auf biblische Szenen;
in typischer Anordnung erscheint der Heiland, umgeben von den vier Evangelisten oder
ihren Symbolen.
Wenig geklärt ist die Frage der reinen Verdüren. Einwandfreie Stücke, die dem
13. oder 14 Jahrhundert zuzusprechen sind, haben sich nicht erhalten. Der Grün-
teppich stellt die billigste Gattung dar, er ist lediglich Gebrauchsgegenstand, weder
geldliche Rücksichten, noch Gründe der Pietät ließen seine schonende Behandlung
zweckmäßig erscheinen. Die einfachen Verdüren werden gleichfalls in „Zimmern"
bezogen, doch gelangen des öfteren auch Einzelstücke, in erster Linie Bankteppiche,
in Auftrag. Hauptabnehmer ist der kleine Adel; in fürstlichen Schlössern beschränken
sich die Grünteppiche auf die Ausstattung der Gasträume und der Schlafzimmer der
jüngeren Söhne und Töchter des Hauses.
Die älteste Art streut blühende Reiser und Äste in bunter Fülle über den Grund;
erst später scheint sich der Gartenteppich — dessen Entwicklung in dem der Renais-
sance vorbehaltenen Kapitel eine zusammenfassende Darstellung findet — zu der führenden
Rolle durchgerungen zu haben.
Die Inventare unterscheiden die Verdüren einesteils nach den verwandten Pflanzen,
andernteils nach der Farbenstimmung. Beliebt ist symmetrisch angeordnetes Weinlaub,
blühender Klee, Margueriten, Weißdorn, Veilchen, Glockenblumen, Schwertlilien, Akelei,
Gänseblümchen, Kaiserkronen und dergleichen. Der Fond ist zumeist dunkelsaftgrün,
„vert perdu" oder „vert herbu", seltener erscheint „le champ vert gay" (Hellgrün) oder
„brun vert" (Braungrün). Bisweilen kommen auch Pflanzen zur Darstellung, die auf
den ersten Blick eigenartig anmuten, die sich als heraldisches Motiv aber zumeist un-
schwer erklären lassen, wie die Distelstauden, die Peter IL von Bourbon zum Gedenken
seines Ahnherrn Ludwigs II. in Teppiche wirken läßt. Die Stauden tragen weiße
Köpfe mit blauer Umrandung „la ceinture d'espe>ance". Die Folge befand sich noch
zur Zeit Ludwigs XIII. im Louvre und wurde von Andr6 Favyn in seinem „Thöätre de
l'honneur et de la chevalerie" des näheren beschrieben. Das beigefügte Wappenschild
war geteilt in Bourbon und Frankreich, die Buchstaben P und A bezogen sich auf den
Besitzer und seine Gattin Anna de Beaujou, eine Tochter Ludwigs XL
Ahnlich verhält es sich mit den Ginsterbüschen, die vielfach noch auf späteren fran-
zösischen Verdüren, in Erinnerung an den von Ludwig dem Heiligen gegründeten
Orden „de la cosse de geneste" vorkommen. Noch eigentümlicher sind die „escotz"
in einer Verdüre des Herzogs von Orleans, „ouvree ä devise de connins (Kaninchen),
lieppars (Leoparden) et d'autres bestes". „L'Escot", der ästige Stock, ist ein Wahr-
zeichen des Herzogs. Die Auslegung, die sich gegen Philipp den Kühnen richtet, ist
leicht zu verstehen. Der Burgunderherzog ist schnell von Begriff und wählt als Gegen-
emblem den Hobel.
Die Durchsicht der Sammlung Rogers de Gaignieres (91) bringt neben den schon
bekannten Motiven nur eine neue Auffassung in der Wiedergabe von Wappentapisse-
7 Göbel, Wandteppiche.
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tapiz ä chappellez ä rozes, oü il a I. S. couronnez sur champ vert, et escussons aux
armes monseigneur d'Anjou". Das Amsterdamer Reichsmuseum besitzt einen Behang,
der zeitlich den Teppichen Karls Y. nahesteht und stark an die Wirkerei mit den
zinnenbesetzten Türmen erinnert (Abb. 65). Die Verarbeitung ist ungleich reicher und
verleugnet in keiner Weise die Abhängigkeit von den gleichzeitigen Seidenstoffen.
Nach den Wappen zu urteilen, stammt das Fragment aus dem Besitze des 1396 ver-
storbenen Guillaume Rogier de Beaufort, des Yicomte von Turenne und Herrn von
Alais.
Die noch mehrfach erhaltenen Kissenbezüge zeigen mit Vorliebe ausländische Tiere,
Papageien, Affen, Löwen — selbstverständlich fehlt das Einhorn mit der Jungfrau nicht —,
daneben Hirsche, Füchse, Schafe und dergleichen; auch blühende Pflanzen sind beliebt.
Es versteht sich von selbst, daß Namensinitialen und Wappen dem gleichen Zwecke
dienen. Schon seltener findet sich der Name Christi oder der der Madonna (90).
Die figürlichen Darstellungen beschränken sich in der Regel auf biblische Szenen;
in typischer Anordnung erscheint der Heiland, umgeben von den vier Evangelisten oder
ihren Symbolen.
Wenig geklärt ist die Frage der reinen Verdüren. Einwandfreie Stücke, die dem
13. oder 14 Jahrhundert zuzusprechen sind, haben sich nicht erhalten. Der Grün-
teppich stellt die billigste Gattung dar, er ist lediglich Gebrauchsgegenstand, weder
geldliche Rücksichten, noch Gründe der Pietät ließen seine schonende Behandlung
zweckmäßig erscheinen. Die einfachen Verdüren werden gleichfalls in „Zimmern"
bezogen, doch gelangen des öfteren auch Einzelstücke, in erster Linie Bankteppiche,
in Auftrag. Hauptabnehmer ist der kleine Adel; in fürstlichen Schlössern beschränken
sich die Grünteppiche auf die Ausstattung der Gasträume und der Schlafzimmer der
jüngeren Söhne und Töchter des Hauses.
Die älteste Art streut blühende Reiser und Äste in bunter Fülle über den Grund;
erst später scheint sich der Gartenteppich — dessen Entwicklung in dem der Renais-
sance vorbehaltenen Kapitel eine zusammenfassende Darstellung findet — zu der führenden
Rolle durchgerungen zu haben.
Die Inventare unterscheiden die Verdüren einesteils nach den verwandten Pflanzen,
andernteils nach der Farbenstimmung. Beliebt ist symmetrisch angeordnetes Weinlaub,
blühender Klee, Margueriten, Weißdorn, Veilchen, Glockenblumen, Schwertlilien, Akelei,
Gänseblümchen, Kaiserkronen und dergleichen. Der Fond ist zumeist dunkelsaftgrün,
„vert perdu" oder „vert herbu", seltener erscheint „le champ vert gay" (Hellgrün) oder
„brun vert" (Braungrün). Bisweilen kommen auch Pflanzen zur Darstellung, die auf
den ersten Blick eigenartig anmuten, die sich als heraldisches Motiv aber zumeist un-
schwer erklären lassen, wie die Distelstauden, die Peter IL von Bourbon zum Gedenken
seines Ahnherrn Ludwigs II. in Teppiche wirken läßt. Die Stauden tragen weiße
Köpfe mit blauer Umrandung „la ceinture d'espe>ance". Die Folge befand sich noch
zur Zeit Ludwigs XIII. im Louvre und wurde von Andr6 Favyn in seinem „Thöätre de
l'honneur et de la chevalerie" des näheren beschrieben. Das beigefügte Wappenschild
war geteilt in Bourbon und Frankreich, die Buchstaben P und A bezogen sich auf den
Besitzer und seine Gattin Anna de Beaujou, eine Tochter Ludwigs XL
Ahnlich verhält es sich mit den Ginsterbüschen, die vielfach noch auf späteren fran-
zösischen Verdüren, in Erinnerung an den von Ludwig dem Heiligen gegründeten
Orden „de la cosse de geneste" vorkommen. Noch eigentümlicher sind die „escotz"
in einer Verdüre des Herzogs von Orleans, „ouvree ä devise de connins (Kaninchen),
lieppars (Leoparden) et d'autres bestes". „L'Escot", der ästige Stock, ist ein Wahr-
zeichen des Herzogs. Die Auslegung, die sich gegen Philipp den Kühnen richtet, ist
leicht zu verstehen. Der Burgunderherzog ist schnell von Begriff und wählt als Gegen-
emblem den Hobel.
Die Durchsicht der Sammlung Rogers de Gaignieres (91) bringt neben den schon
bekannten Motiven nur eine neue Auffassung in der Wiedergabe von Wappentapisse-
7 Göbel, Wandteppiche.
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