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Herzogtum Brabant.

Brüssel.

Frühzeit und 16. Jahrhundert.

Das Inventar Philipps des Guten von Burgund, vom 12. Juli 1420, bringt neben zahl-
reichen Wirkteppichen von Arras und Tournai „ung grant vielz tapiz de l'istoire du
duc Regnault de Montaben, comment il vainquit le roy Dennemont devant Angourie
et est de Brabant." Derselbe Herkunftsvermerk findet sich bei einer Folge, die
gleichfalls als alt, „vielz", bezeichnet wird und das bekannte Motiv Schach und Brett
spielender Damen und Herren zum Vorwurf hat. De Laborde erwähnt in seinem
Werke „Les Ducs de Bourgogne" ein weiteres, reiches Wirkereizimmer „appelöe le
Couronnement de Nostre Dame". Anton von Brabant mit der herzoglichen Familie
erscheint unter den in den Teppichen dargestellten Personen. „Et est tout de Bra-
bant" (1).

Der Ausdruck „vielz" hat durchaus nicht die Bedeutung, wie heutigentags etwa
„antik", er besagt lediglich, der und der Teppich ist nicht mehr neu, er ist bereits
abgenutzt, ohne daß größere Schäden wahrnehmbar sind. In der Regel bezeichnet
diese Klassifizierung Behänge, die etwa 20—30 Jahre in Benutzung sind. Der rasche
Verschleiß liegt in der Art der Verwendung, in der Unhandlichkeit und Größe der
Wirkereien begründet. Bei kleineren und feinkettigeren Teppichen rückt der Begriff
etwa 10 bis 15 Jahre zurück. Motten- und Rattenfraß machen vielfach schon nach
einem Dezennium umfangreiche Ausbesserungen notwendig. Die angeführten Folgen
dürften um 1380 geliefert sein. Der unbestimmte Ausdruck „de Brabant" und nicht
de Bruxelles" erklärt sich daraus, daß die Burgunderherzöge nur in seltenen Fällen
von dem Wirker unmittelbar kaufen, sondern sich Großhändler oder Bankiers als
Mittelspersonen bedienen. Immerhin läßt „von Brabant" darauf schließen, daß nicht
Brüssel allein das Bildteppichmonopol in dem Herzogtume besaß, sondern, daß der
Wirkereibetrieb auch die ländlichen Bezirke mit umfaßte.

Die wirtschaftlichen und politischen Umstände, die Arras und später Tournai die
Vorherrschaft in der edlen Kunst der Wirkerei entringen, sind bei Besprechung dieser
Manufakturen bereits genügend gewürdigt.

Eine Arbeit aus dem Kronschatz Philipps des Guten, „ung tapiz de haulte lice fait
ä or de petites ymaiges de la Passion de N. S. et y a au dessoubz une VeVonique et
les personnages de Vespasien, Titus et autres, et est de Brabant", gibt uns durch die
Art der Beschreibung Aufschluß über Technik und Wesen der Darstellung. Es handelt
sich um einen jener frühen Bildteppiche „estans en ung tabernacle en maniere de
moustier", die nach wenigen Dezennien zum Köstlichsten und Schönsten ausreifen,
was je Bildwirkereikunst erzeugte. Die Nebenfelder enthielten wahrscheinlich Episoden
aus der legendenhaften Pilatusgeschichte und der „Vengeance de N. S.", in der Ves-
pasion eine wesentliche Rolle spielt. Die Arbeit muß eine feinkettige gewesen sein.
Es ist die Rede von „petites ymaiges de la Passion". Es können nun sämtliche Per-
sonen, den Dimensionen des Teppichs entsprechend, in kleinen Abmessungen gewirkt

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