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Brüssel

Magdalena, Christus und Thomas. Eine weitere Würdigung der Reihe erübrigt sich,
sie bleibt einer anderen Stelle des Abschnittes «Brüssel" vorbehalten.

Die Fugger sind nicht die einzigen, mit denen Meister Peter und sein Geschäfts-
freund Turcho in Verbindung stehen. 1525, in einer Zeit schwieriger finanzieller Ver-
wickelungen, gibt das Brüsseler Wirkereiunternehmen der Münchener Kaufmanns-
und Bankfirma Sebastian Ligsalz, Balthasar Schrenk u. Co. für eine Schuld von
1460 flämischen Pfunden fünf Teppiche aus der Geschichte des Urias und der Bath-
seba sowie zwei Behänge aus dem Leben Johannis des Täufers zum Pfände. Der Ver-
trag wird mit dem Antwerpener Faktor des Münchener Hauses Thomas Fleckhamer
geschlossen, nachdem zuvor eine ordnungsmäßige Taxe durch zwei Antwerpener Sach-
verständige aufgenommen worden ist. Die Davidfolge wird mit zwei Pfund flämisch,
die wahrscheinlich mit Gold gewirkte Johannesserie mit drei Pfund bewertet.

Peter van Aelst scheint bald nach 1532 verstorben zu sein, wenigstens sind urkund-
liche Nachrichten, die später als 1531 datieren, vorerst nicht bekannt. Die Lebens-
schicksale des Meisters sind ausführlicher geschildert; sie geben uns ein klares Bild
des typischen Brüsseler Großwirkers aus dem ersten Drittel des 16. Säkulums. Pieter
van Aelst eröffnet eine gut fundierte Manufaktur im letzten Jahrzehnt des 15. Jahr-
hunderts; er wird Hofwirker, ein treuer Diener seines Herrn; in verhältnismäßig
kurzer Zeit erreicht der Meister einen Weltruf, der ihm zahlreiche Auftrage in den
Schoß wirft. Die Bezahlungen der hohen Herren lassen oft an Pünktlichkeit zu wünschen
übrig; van Aelst operiert notgedrungen mit riesigen Summen, die letzten Endes seine
Bewegungsfreiheit hemmen müssen. Er beschäftigt eine größere Anzahl von Ateliers
und betreibt außer seinem eigentlichen Handwerk einen umfangreichen Handel mit
heimischen und fremden Wandteppichen. Einzelne der von ihm gelieferten Folgen,
so die «histoire indienne ä oliffans et jeraffes", dürften Tournaiser Erzeugnisse ge-
wesen sein. Die letzten Jahre seines Lebens zeigen ihn ständig in schwierige Trans-
aktionen verwickelt, deren Ausgang bislang noch nicht geklärt ist.

Verhältnismäßig ruhig spielt sich dagegen der Lebensgang der Brüsseler Mittel- und
Kleinwirker ab. Sie übernehmen größere Arbeiten gemeinsam wie z. B. im Jahre
1510 Pierquin Derinne, Peter van Oppenem — wohl ein Nachkomme des 1433 als Ge-
selle erwähnten Willem van Ophem —, Franchois Hoen und der uns bereits bekannte
Jehan van der Brugghe (van Brügge), die rund 60 zum größten Teile golddurchwirkte
Teppiche des alten burgundischen Staatsschatzes zur Ausbesserung erhalten. Es handelt
sich um bekannte Reihen, die Zerstörung Trojas, die Folge der zwölf Pairs von Frank-
reich, die Geschichte Kaiser Karls, die Jugendquelle und andere mehr. Ein weiterer
Teil wird, wie schon erwähnt, Peter van Aelst zur Instandsetzung überwiesen. 1527
liefert Jehan Artsteene der Statthalterin Margarete verschiedene Personenteppiche und
Verdüren. 1521 bessert der Brüsseler Wirker Anton de Lombeke für den herzog-
lichen Hof mehrere Stücke der Chlodwig- und Trojafolge sowie verschiedene andere
Teppiche und Verdüren aus.

Gabriel van der Toramen — vielleicht ein Nachkomme des 1445 erwähnten Willem
de Tomme — betreibt eine umfangreiche Manufaktur; er liefert 1520 16 Bildteppiche,
insgesamt 575 Quadratellen, von denen acht zu einer Geschichte des Perseus gehören,
die übrigen stellen Wild- und Vogeljagden dar. Der Einheitspreis ist mit 56 Sous be-
rechnet. Möglicherweise bilden die zwei Perseusteppiche der Sammlung Raoul Heil-
bronner (Abb. 266) einen Teil der Lieferung. Weitere 15 Behänge sind einfacherer Art,
sie bringen Busch-, Waldwerk- und Schäfermotive. Die Gesamtvergütung beläuft sich
auf 2009 Livres. 1522 erhält der Meister, der als „marchent tapissier, demourant en
la ville de Bruxelles" bezeichnet wird, einen nicht minder umfangreichen, wenn auch
einfacheren Auftrag. Er liefert Kaiser Karl V. für die bevorstehende Reise nach Spanien
100 mit dem Wappen des Herrschers durchwirkte Maultierdecken, die mit 1000 Livres
vergütet werden.

Sein Sohn Hubert van der Tommen setzt die Manufaktur fort.

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