Brüssel
17. Jahrhundert verschiedentlich hervorragende Wirker- und Patronenmaler. Unter
den Interessenten, die die Benutzungsordnung der Antwerpener Pant vom 24. De-
zember 1554 mit einer Eingabe beantworten, befindet sich auch ein Jan de Kempenere.
Wie weit Peter de Kempener, bekannter unter dem Namen Pedro Campana, einer
der besten Brüsseler Kartonzeichner, mit den Wirkern gleichen Familiennamens ver-
wandt ist, läßt sich nicht einwandfrei feststellen.
Völlig im Dunkel liegt die Tätigkeit der Manufaktur des Jan Ghietiets und des
Andreas Matens, die 1544 mit zu den Begutachtern der berühmten Tunisfolge gehören,
also zweifelsohne Wirker von Ruf gewesen sein müssen. Von Anton van Herberghen
ist durch einen notariellen Akt vom 10. März 1550 lediglich eine Geschichte des Her-
kules (12 Teppiche) und ein Türbehang bekannt, die der Brüsseler Meister an Jakob
Pierrevyver in Antwerpen und Andreas Ymonica in Hertogenbosch für 2400 Gulden,
zu einem Einheitspreise von vier Gulden die Quadratelle verkauft (48). Andreas
van der Strate wohnt in Laeken bei Brüssel, er scheint lediglich einen Kleinbetrieb
besessen zu haben und läßt sich um 1560 in Antwerpen nieder. Die Religionsver-
folgungen bringen um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine starke Abwanderung der
Brüsseler Wirker nach den zunächst weniger gefährdeten Städten des Nordens. Am
8. Oktober 1563 siedeln sich allein vier Brüsseler Tapissiers in Antwerpen an: Denis
de Bruyne, Jan de Poortere, Jaspar Provoost, Hubert Riembeslagere. Die holländischen
Manufakturen rekrutieren sich zum großen Teile aus der brabantischen Hauptstadt.
Es würde zu weit führen, all diese Namen, die bei der Besprechung der Einzelmanu-
fakturen wieder erscheinen, zu erwähnen. Es sei nur an den berühmtesten, an Meister
Franz Spierincx, den Begründer des Delfter Ateliers, erinnert. Ähnlich verhält es sich
mit den Manufakturen der skandinavischen Reiche und Deutschland. Jakob de Cannes
und sein Sohn Moritz, die hervorragendsten Wirker der Frankenthaler Kolonie, die allein
in Stuttgart tausende von Quadratellen für Herzog Christoph von Württemberg nach den
Entwürfen des Nikolaus van Orley fertigen, sind Brüsseler (49). In Frankenthal, Köln,
Frankfurt, Torgau, Dresden, Wesel und anderen Städten Deutschlands arbeiten nach-
weislich Brüsseler Wirker.
Italien, Spanien, England nehmen das hochgeachtete Kunsthandwerk mit offenen
Armen auf. 1566 verkauft der uinde verwershoek" wohnende Jan de Buck „tapytsier
tot Bruessele" an den Antwerpener Wirker Jan de Ram eine Geschichte des Salomo.
Hiero de Curiel erwirbt von de Buck die aus sechs Teppichen bestehende Historie
Davids, die zum Teile bei dem Brüsseler Wirker Jan van Heyst gefertigt zu sein
scheint. Auch von Verdüren ist die Rede. Die Angaben zeigen wieder, wie will-
kürlich die Behänge ein und derselben Folge vergeben werden, und wie wenig ein-
heitlich in Qualität eine Teppichreihe zu sein braucht. Das wichtigste Moment in
der Abmachung zwischen de Ram und de Buck hegt jedoch in der Tatsache begründet,
daß der letztere bei der erwähnten Salomofolge in der Brüsseler Werkstatt lediglich
die figürlichen Szenen wirkt, de Ram dagegen in Antwerpen den Hintergrund und
die Bordüren anfügt. Wir sehen einen jener typischen Fälle vor uns, gegen die der
kaiserliche Erlaß von 1544 mit aller Schärfe einzuschreiten sucht. Der Behang muß
aus einem Stücke bestehen, es ist verboten, Einzelteile weder in verschiedenen Ateliers
noch in der gleichen Manufaktur zu erzeugen und nachträglich zu verbinden. Natur-
gemäß läßt sich eine Teppichreihe viel schneller herstellen, wenn das Innenbild und
die Bordüren gesondert gewirkt werden. De Buck bearbeitet die ihm in Auftrag
gegebene Folge anscheinend in der Weise, daß er von der inneren Bildfläche nur die
unteren zwei Drittel fertigstellt und den oberen Streifen mit dem Hintergrunde dem
Antwerpener zur Ausführung überläßt. Daß eine derartige Arbeitsmethode nichts
neues ist, illustriert z. B. die Folge des St. Johannes auf Schloß Pau. Die Teppiche
entstammen dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Der untere Streifen mit den
blühenden Pflanzenbüscheln ist augenscheinlich eine Sonderarbeit und erst nachträglich
angewirkt. Da in Technik und Ausführung kein merklicher Unterschied zu erkennen
ist, dürften die Teppiche schon zur Zeit ihrer Herstellung in mehrere Streifen zerlegt
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17. Jahrhundert verschiedentlich hervorragende Wirker- und Patronenmaler. Unter
den Interessenten, die die Benutzungsordnung der Antwerpener Pant vom 24. De-
zember 1554 mit einer Eingabe beantworten, befindet sich auch ein Jan de Kempenere.
Wie weit Peter de Kempener, bekannter unter dem Namen Pedro Campana, einer
der besten Brüsseler Kartonzeichner, mit den Wirkern gleichen Familiennamens ver-
wandt ist, läßt sich nicht einwandfrei feststellen.
Völlig im Dunkel liegt die Tätigkeit der Manufaktur des Jan Ghietiets und des
Andreas Matens, die 1544 mit zu den Begutachtern der berühmten Tunisfolge gehören,
also zweifelsohne Wirker von Ruf gewesen sein müssen. Von Anton van Herberghen
ist durch einen notariellen Akt vom 10. März 1550 lediglich eine Geschichte des Her-
kules (12 Teppiche) und ein Türbehang bekannt, die der Brüsseler Meister an Jakob
Pierrevyver in Antwerpen und Andreas Ymonica in Hertogenbosch für 2400 Gulden,
zu einem Einheitspreise von vier Gulden die Quadratelle verkauft (48). Andreas
van der Strate wohnt in Laeken bei Brüssel, er scheint lediglich einen Kleinbetrieb
besessen zu haben und läßt sich um 1560 in Antwerpen nieder. Die Religionsver-
folgungen bringen um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine starke Abwanderung der
Brüsseler Wirker nach den zunächst weniger gefährdeten Städten des Nordens. Am
8. Oktober 1563 siedeln sich allein vier Brüsseler Tapissiers in Antwerpen an: Denis
de Bruyne, Jan de Poortere, Jaspar Provoost, Hubert Riembeslagere. Die holländischen
Manufakturen rekrutieren sich zum großen Teile aus der brabantischen Hauptstadt.
Es würde zu weit führen, all diese Namen, die bei der Besprechung der Einzelmanu-
fakturen wieder erscheinen, zu erwähnen. Es sei nur an den berühmtesten, an Meister
Franz Spierincx, den Begründer des Delfter Ateliers, erinnert. Ähnlich verhält es sich
mit den Manufakturen der skandinavischen Reiche und Deutschland. Jakob de Cannes
und sein Sohn Moritz, die hervorragendsten Wirker der Frankenthaler Kolonie, die allein
in Stuttgart tausende von Quadratellen für Herzog Christoph von Württemberg nach den
Entwürfen des Nikolaus van Orley fertigen, sind Brüsseler (49). In Frankenthal, Köln,
Frankfurt, Torgau, Dresden, Wesel und anderen Städten Deutschlands arbeiten nach-
weislich Brüsseler Wirker.
Italien, Spanien, England nehmen das hochgeachtete Kunsthandwerk mit offenen
Armen auf. 1566 verkauft der uinde verwershoek" wohnende Jan de Buck „tapytsier
tot Bruessele" an den Antwerpener Wirker Jan de Ram eine Geschichte des Salomo.
Hiero de Curiel erwirbt von de Buck die aus sechs Teppichen bestehende Historie
Davids, die zum Teile bei dem Brüsseler Wirker Jan van Heyst gefertigt zu sein
scheint. Auch von Verdüren ist die Rede. Die Angaben zeigen wieder, wie will-
kürlich die Behänge ein und derselben Folge vergeben werden, und wie wenig ein-
heitlich in Qualität eine Teppichreihe zu sein braucht. Das wichtigste Moment in
der Abmachung zwischen de Ram und de Buck hegt jedoch in der Tatsache begründet,
daß der letztere bei der erwähnten Salomofolge in der Brüsseler Werkstatt lediglich
die figürlichen Szenen wirkt, de Ram dagegen in Antwerpen den Hintergrund und
die Bordüren anfügt. Wir sehen einen jener typischen Fälle vor uns, gegen die der
kaiserliche Erlaß von 1544 mit aller Schärfe einzuschreiten sucht. Der Behang muß
aus einem Stücke bestehen, es ist verboten, Einzelteile weder in verschiedenen Ateliers
noch in der gleichen Manufaktur zu erzeugen und nachträglich zu verbinden. Natur-
gemäß läßt sich eine Teppichreihe viel schneller herstellen, wenn das Innenbild und
die Bordüren gesondert gewirkt werden. De Buck bearbeitet die ihm in Auftrag
gegebene Folge anscheinend in der Weise, daß er von der inneren Bildfläche nur die
unteren zwei Drittel fertigstellt und den oberen Streifen mit dem Hintergrunde dem
Antwerpener zur Ausführung überläßt. Daß eine derartige Arbeitsmethode nichts
neues ist, illustriert z. B. die Folge des St. Johannes auf Schloß Pau. Die Teppiche
entstammen dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Der untere Streifen mit den
blühenden Pflanzenbüscheln ist augenscheinlich eine Sonderarbeit und erst nachträglich
angewirkt. Da in Technik und Ausführung kein merklicher Unterschied zu erkennen
ist, dürften die Teppiche schon zur Zeit ihrer Herstellung in mehrere Streifen zerlegt
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