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Brüssel

nischen und französischen Unterlagen geben für den Atelierbetrieb Brüssels gleichfalls
ein bislang nur lückenhaftes Bild.

1547 liefert — die Angabe ist der Notiz H. Hymans' im Allgemeinen Lexikon der
bildenden Künstler, Bd. III entnommen — Jan Bauldouyn (Baudouyn) an Ferdinand
de Gonzaga, den kaiserlichen Statthalter von Mailand, eine Wiederholung der be-
kannten Romanoschen Fruetus-Belli-Serie (acht Teppiche). Klärende Einzelheiten über
die Eigenart des Ateliers bringen die beiden angezogenen Schreiben vom 2. August
and % September 1547 (s. Archivio storico dell' arte II 252) leider nicht,

Die bis jetzt bekannten Belege heben die Wirker, die in erster Reihe für das hei-
mische Herrscherhaus tätig sind, und die auch zweifellos einen großen Ruf besaßen,
über Gebühr hervor. Es ist zu hoffen, daß Zeiten, die ein ruhiges Arbeiten in aus-
ländischen Archiven wieder ermöglichen, das Bild der Brüsseler Ateliers in einem kla-
reren Lichte erscheinen lassen. Wenn Marc Crötif durch seinen Faktor Melchior
Baldi 1534 für 16882 Livres 7 Deniers die reichen Geschichten des Romulus und Re-
mus, die „Spaliere" und die Schöpfung der Welt mit insgesamt 215 Quadratellen,
und einige Jahre später (1538) Melchior Bailif — der Name wird bald Bailde,
bald Bailif geschrieben, er dürfte mit Baldi, dem Faktor Crötifs, der diesmal Marc
Cocte genannt wird, identisch sein — die mit Gold durchwirkten „fünf Weltzeit-
alter" zum Preise von 1775 Goldtalern an König Franz I. verkauft, so muß es sich
entweder um Händler erster Klasse oder um bedeutende Manufakturen gehandelt
haben. Für die letztere Annahme spricht der Umstand, daß Fernand Donnet in seiner
gewissenhaften Arbeit den Namen eines Händlers Crötif nicht nennt, ferner die Tat-
sache, daß der französische König mit Peter de Pannemaker in Verbindung stand,
also auch unmittelbar von dem Erzeuger kaufte.

1539 pflegt Franz I. mit dem Genueser Emanuel Riccio, der in Antwerpen den
Tapisseriehandel betreibt, eingehende Verhandlungen. Der Italiener liefert dem Herr-
scher eine aus acht Teppichen bestehende Folge der Geschichte Josuas, die 171 Va Quadrat-
ellen Inhalt besitzt, die riesige Summe von 154401. 15 s. 6 d. erzielt, also mit einem
Einheitspreise von 40 Ecus vergütet wird. Bastien de la Porte verkauft 1538 dem König
die Geschichte des Phoebus (Phaeton) für 1961 liv. 13 s. 10 d. Auch hier fehlen alle
näheren Angaben. Es liegt die Wahrscheinlichkeit vor, daß die de la Porte Ant-
werpener oder Brüsseler Tapissiers sind, die in der Scheldezentrale eine selbst-
ständige Filiale besitzen. Ein Wirker Pierre del Porte erscheint 1586 in den Belegen
des Antwerpener Certificat Boeck. Andererseits kommt der Familienname in verschie-
denen Wirkerstädten zu häufig vor, um weitergehende Schlußfolgerungen zu recht-
fertigen.

Von Brüsseler Wirkern des 16. Jahrhunderts erwähnt Donnet (46) einen Wilhelm
de Kempenere, der 1534 mit dem Antwerpener Händler und Goldschmied Georg de
Veseleer in Geschäftsverbindung steht. Er verkauft ihm am 21. Januar 1534 20 Wirker-
teppiche, von denen zehn ablieferungsfertig und zum Teile reich mit Gold und Silber
gearbeitet sind. Es handelt sich um zwei Folgen, eine Geschichte der „Ypesina" in
zehn Teppichen mit Metallfäden und die Historie Jakobs in Seide und Wolle. Kem-
penere war der Inhaber einer der größeren Wirkereifirmen Brüssels, er betrieb sein
Atelier in der Heergracht. Der Meister wird 1539 gelegentlich einer Geschichte des
Herkules erwähnt, die er für die Statthalterin Maria von Ungarn arbeitet. Die Tätig-
keit der Manufaktur ist noch wenig geklärt. De Kempenere ist mit der bekannten
Wirkerfamilie de Clerck verwandt; ein Leghwerker Jan de Clerck betreibt um 1499
gleichfalls eine Manufaktur in der Heergracht.

Wilhelm de Kempenere wird 1543 anscheinend in religiöse Streitigkeiten verwickelt.
Der Rat von Brabant erkennt gegen ihn und seine Berufsgenossen Jan Dermoyen,
Josse van Grimbergen und den Antwerpener Georg Ballinck, genannt van der Beke,
auf Verbannung und Gütereinziehung. Auf den Einspruch der Schwerbetroffenen hin
begnügt sich ein zweites, milderes Urteil vom 8. März 1543/1544 mit erheblichen
Geldstrafen (47). Die Familie der Kempenere oder Kempeneer liefert im 16. und

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