Brüssel
Seit dem zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts tritt ein Verwandter des Meisters,
der den gleichen Vornamen führt, in Erscheinung. Eine Trennung des Franz Sweerts,
des Älteren, und des Jüngeren ist nicht immer möglich. Der jüngere Sweerts, Sohn
des Dominicus Sweerts und der Anna van Bodeghem, arbeitet mit Vorliebe mit Jan
Raes und verschiedenen spanischen und genuesischen Kaufleuten. Am 6. September 1614
verkaufen Jan Raes und der jüngere Sweerts an Antonio Bono eine Folge der Taten
der Apostel, die wahrscheinlich der Raes'schen Manufaktur entstammt. 1616 schließen
die beiden Geschäftsfreunde einen Vertrag mit Franco Cattaneo, betreffs Lieferung der
berühmten Decius Mus Folge nach den Rubens'schen Entwürfen. Daneben scheint
Franz Sweerts, der Ältere, Handel und Fabrikation lebhaft weiter betrieben zu haben.
„Francois Swrerts (!) l'aine" liefert 1613 dem erzherzoglichen Hofe eine goldgewirkte
Geschichte Josuas, die 225 Quadratellen faßt und mit nicht weniger als 11475 Livres
vergütet wird. Im darauf folgenden Jahre erwirbt von ihm der Graf von Vaudemont,
Prinz von Lothringen, zwei umfangreiche Wirkereizimmer, eine Geschichte St. Pauls
— 6 Stück mit 258 Quadratellen — und die Historie Scipios und Hannibals mit 288
Quadratellen. Der Einheitspreis beläuft sich auf 12 Gulden 12 Patars. Ein Verwandter
unseres Meisters ist möglicherweise ein in Antwerpen geborener Melchior Sweerts,
dessen Eltern Franco (Franz) Sweerts und Gertrude van Os sind. Er siedelt um 1620
nach Malaga über, um den Tapisseriehandel in Spanien intensiver betreiben zu können.
Leider sind die Zunftbücher und Listen der Brüsseler Wirker der Vernichtung anheim-
gefallen. Nur ein systematisches Durchforschen der alten Brüsseler und Antwerpener
Notariatsakten bietet die Möglichkeit, eine halbwegs ausreichende Klärung zu erzielen.
Der Vollständigkeit halber seien einige Brüsseler Wirker angeführt, bei denen ein
mittlerer oder größerer Betrieb angenommen werden kann.
Alphonse Wauters erwähnt einen Niclaes van der Sinnen, dessen Signatur sich auf
Brüsseler Wirkereien des Schlosses Sully befindet. Es handelt sich um zwei Stück
einer Noahfolge mit der Jahreszahl 1600. Dem letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts
gehören wahrscheinlich noch die Ateliers des Martin Reymbouts, des Nicaise Aerts,
des Jan Mattens, des Peter de Goddere und des Franz Tous (Tons) an. Auch Her-
mann Labbe, der 1612 die Leitung des lothringschen Ateliers in Nancy übernimmt,
dürfte in den voraufgegangenen Dezennien in Brüssel eine umfangreiche Werkstatt
im Betriebe gehalten haben. Zweifelhafter erscheint dies schon bei den jüngeren 1613
in Nancy zugewanderten Meistern.
Ein Hector Vueyns (Vuyns) „tapicero" bezieht nach den Belegen des Archives zu
Simancas am 12. Mai 1550 rund 631 Scudos. Es handelt sich wahrscheinlich um die
«tapiceria de Moros y David".
1591 wird der Brüsseler Wirker Jean de la Groeze erwähnt, der mit Holland in
geschäftlicher Verbindung steht.
Jan Flameng arbeitet unter dem besonderen Schutze des Herzogs von Alba; die Brüs-
seler Wirkerzunft wehrt sich heftig gegen seine Niederlassung. Es müssen gewich-
tige Gründe mitsprechen, die schließlich den allmächtigen Herzog bewegen, Flameng
im Stadtschlosse in seinen persönlichen Dienst zu übernehmen, um endlich dem Ge-
zänke ein Ende zu bereiten. Meister Jan ist an verschiedenen, nicht näher benannten
Behängen tätig. Möglicherweise kommen auch nur Ausbesserungsarbeiten in Frage;
wesentliche Folgen, wie die Verherrlichung der eigenen Siege, überträgt Alba Wil-
helm de Pannemaker.
Der Umfang der Manufaktur des Franz Raes ist zunächst noch völlig ungeklärt, Der Meister
gehört zu den ketzerischer Umtriebe Verdächtigen. Es gelingt ihm und seiner Frau, zu-
sammen mit dem Maler Andreas de Man, aus dem Brüsseler Gefängnisse zu entfliehen.
Wohin sich das Paar wandte, ist ungewiß. Möglicherweise gehörten sie der Kölner
«Geheimen Gemeine" an, die verschiedene Wirker unter ihren Mitgliedern zählte. Die
Kölner Akten entbehren leider größerer Genauigkeit; die meisten Tapissiers erscheinen
in den Urkunden nicht mit dem Familien- sondern nur mit dem Vornamen, bisweilen
unter Beifügung ihres Berufes.
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Seit dem zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts tritt ein Verwandter des Meisters,
der den gleichen Vornamen führt, in Erscheinung. Eine Trennung des Franz Sweerts,
des Älteren, und des Jüngeren ist nicht immer möglich. Der jüngere Sweerts, Sohn
des Dominicus Sweerts und der Anna van Bodeghem, arbeitet mit Vorliebe mit Jan
Raes und verschiedenen spanischen und genuesischen Kaufleuten. Am 6. September 1614
verkaufen Jan Raes und der jüngere Sweerts an Antonio Bono eine Folge der Taten
der Apostel, die wahrscheinlich der Raes'schen Manufaktur entstammt. 1616 schließen
die beiden Geschäftsfreunde einen Vertrag mit Franco Cattaneo, betreffs Lieferung der
berühmten Decius Mus Folge nach den Rubens'schen Entwürfen. Daneben scheint
Franz Sweerts, der Ältere, Handel und Fabrikation lebhaft weiter betrieben zu haben.
„Francois Swrerts (!) l'aine" liefert 1613 dem erzherzoglichen Hofe eine goldgewirkte
Geschichte Josuas, die 225 Quadratellen faßt und mit nicht weniger als 11475 Livres
vergütet wird. Im darauf folgenden Jahre erwirbt von ihm der Graf von Vaudemont,
Prinz von Lothringen, zwei umfangreiche Wirkereizimmer, eine Geschichte St. Pauls
— 6 Stück mit 258 Quadratellen — und die Historie Scipios und Hannibals mit 288
Quadratellen. Der Einheitspreis beläuft sich auf 12 Gulden 12 Patars. Ein Verwandter
unseres Meisters ist möglicherweise ein in Antwerpen geborener Melchior Sweerts,
dessen Eltern Franco (Franz) Sweerts und Gertrude van Os sind. Er siedelt um 1620
nach Malaga über, um den Tapisseriehandel in Spanien intensiver betreiben zu können.
Leider sind die Zunftbücher und Listen der Brüsseler Wirker der Vernichtung anheim-
gefallen. Nur ein systematisches Durchforschen der alten Brüsseler und Antwerpener
Notariatsakten bietet die Möglichkeit, eine halbwegs ausreichende Klärung zu erzielen.
Der Vollständigkeit halber seien einige Brüsseler Wirker angeführt, bei denen ein
mittlerer oder größerer Betrieb angenommen werden kann.
Alphonse Wauters erwähnt einen Niclaes van der Sinnen, dessen Signatur sich auf
Brüsseler Wirkereien des Schlosses Sully befindet. Es handelt sich um zwei Stück
einer Noahfolge mit der Jahreszahl 1600. Dem letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts
gehören wahrscheinlich noch die Ateliers des Martin Reymbouts, des Nicaise Aerts,
des Jan Mattens, des Peter de Goddere und des Franz Tous (Tons) an. Auch Her-
mann Labbe, der 1612 die Leitung des lothringschen Ateliers in Nancy übernimmt,
dürfte in den voraufgegangenen Dezennien in Brüssel eine umfangreiche Werkstatt
im Betriebe gehalten haben. Zweifelhafter erscheint dies schon bei den jüngeren 1613
in Nancy zugewanderten Meistern.
Ein Hector Vueyns (Vuyns) „tapicero" bezieht nach den Belegen des Archives zu
Simancas am 12. Mai 1550 rund 631 Scudos. Es handelt sich wahrscheinlich um die
«tapiceria de Moros y David".
1591 wird der Brüsseler Wirker Jean de la Groeze erwähnt, der mit Holland in
geschäftlicher Verbindung steht.
Jan Flameng arbeitet unter dem besonderen Schutze des Herzogs von Alba; die Brüs-
seler Wirkerzunft wehrt sich heftig gegen seine Niederlassung. Es müssen gewich-
tige Gründe mitsprechen, die schließlich den allmächtigen Herzog bewegen, Flameng
im Stadtschlosse in seinen persönlichen Dienst zu übernehmen, um endlich dem Ge-
zänke ein Ende zu bereiten. Meister Jan ist an verschiedenen, nicht näher benannten
Behängen tätig. Möglicherweise kommen auch nur Ausbesserungsarbeiten in Frage;
wesentliche Folgen, wie die Verherrlichung der eigenen Siege, überträgt Alba Wil-
helm de Pannemaker.
Der Umfang der Manufaktur des Franz Raes ist zunächst noch völlig ungeklärt, Der Meister
gehört zu den ketzerischer Umtriebe Verdächtigen. Es gelingt ihm und seiner Frau, zu-
sammen mit dem Maler Andreas de Man, aus dem Brüsseler Gefängnisse zu entfliehen.
Wohin sich das Paar wandte, ist ungewiß. Möglicherweise gehörten sie der Kölner
«Geheimen Gemeine" an, die verschiedene Wirker unter ihren Mitgliedern zählte. Die
Kölner Akten entbehren leider größerer Genauigkeit; die meisten Tapissiers erscheinen
in den Urkunden nicht mit dem Familien- sondern nur mit dem Vornamen, bisweilen
unter Beifügung ihres Berufes.
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