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Brüssel

1654 liefert Cordys der Ältere, gemeinsam mit Peter van den Berghe, an den Kur-
fürsten von Köln, der zugleich die Würde eines Bischofs von Lüttich bekleidet, auf
Ersuchen des Statthalters und seines Premierministers, des Grafen von Fuensaldagna,
zwei umfangreiche Tapisseriezimmer, deren Kosten sich auf nicht weniger als 10887 Gul-
den belaufen. Der Auftrag bringt den Meistern keine Freude. Noch 1672 ist die Hälfte
der Schuld ungedeckt.

Die Familie van den Berghen ist sowohl in Antwerpen als auch in Brüssel bekannt.
Ein Willem van den Berghe erscheint bereits 1419 als Wirkerlehrling in den Brüsseler
Zunftlisten, ein Heyn van den Berghe ist 1422 eingetragen; ein Antwerpener Anton van
den Berghe wird 1554 gelegentlich einer Eingabe bei der Neuregelung der Pantgebühren
aufgeführt. Ein Peter van den Berghe, vielleicht der Geschäftsfreund des Jakob Cordys,
tritt im ersten Jahrzehnte des 17. Säkulums als Zwischenhändler wertvoller Wand-
teppiche auf, die über Calais nach Spanien verfrachtet werden. Wauters schreibt dem
Brüsseler Tapissier Peter van den Berghe, der 1651 die Privilegierung erhält, einen
Teppich zu, der eine thronende Königin darstellt. Eine Nachprüfung der Angaben ist
nicht mehr möglich. Daß tatsächlich ein Brüsseler Wirker dieses Namens ein Atelier
von größerem Umfange besaß, bestätigt die Dido und Aeneasfolge im österreichischen
Staatsbesitze. Die Reihe besteht aus acht Teppichen, von denen verschiedene die
Brüsseler Marke und die Signierung PEETER . VAN DEN . BERGHEN tragen. Der
Meister ist Mitarbeiter der Reydams und van der Brüggen.

Der letzte in der Reihe der 1629 Privilegierten, Heinrich Mattens, gehört einem
alten Wirkergeschlechte an, das bereits im 16. Jahrhundert in Tätigkeit war. Cornelius
Mattens (1580—1640) und sein Sohn (?) Heinrich dürften die Verfertiger einer Scipio-
folge sein, die zum Teil — sechs Teppiche — sich noch in herzoglichem Besitze in
Madrid befindet; der Rest ist mit gleichfalls sechs Behängen in den Handel über-
gegangen (124). Die Ausführung ist reich und technisch vollendet. Die Signierungen —
ein Monogramm aus C und M bzw. H und M gebildet — dürften mit ziemlicher Sicherheit
den beiden Mattens zuzuschreiben sein. Die österreichische Staatssammlung besitzt eine her-
vorragende Folge aus der Geschichte Josuas (Abb. 322) mit einer gleichfalls aus C und M
in etwas abgewandelter Form zusammengesetzten Marke. Sollte Cornelius Mattens der Ur-
heber dieser Reihe sein, so würde er unbedenklich mit zu den besten Meistern seiner Zeit
zählen. Heinrich Mattens besaß ein Atelier, das den Durchschnitt der mittelgroßen
Betriebe erreichte; die Zeit seiner Wirksamkeit fällt in das erste Drittel des 17. Jahr-
hunderts. Mit starker Wahrscheinlichkeit ist einem zu Ende des 16. Säkulums tätigen
Gliede der Familie Mattens die Geschichte Zenobias und Aurelians in der Wiener
Staatssammlung zuzuschreiben. Die Reihe besteht aus sieben Teppichen, die als Marke
das lateinische M mit einem Querbalken, also H und M. zeigen. Die Folge wurde 1666
von einem Zwischenhändler für den Hof erworben. Ein Teppich aus der Folge der
Taten der Apostel, dessen Entstehungszeit in das erste Drittel des 17. Jahrhunderts
fällt — das Opfer zu Lystra —, trägt die gleiche Signierung (Abb. 323).

Jan Mattens wird 1633/34 als Doyen der Zunft geführt, er stirbt im gleichen Jahre.
Über seine Manufaktur, der bereits 1613 die Ehre der Privilegierung zuteil wird, die
also immerhin einen gewissen Umfang besessen haben muß, ist nichts näheres bekannt.

Wilhelm Toens wmd tapissier ä Bruxelles" liefert 1607 dem erzherzoglichen Paare
Albert und Isabella eine mit Seide und Wolle gewirkte, aus acht Teppichen bestehende
Geschichte Konstantins, die ihm mit einem Einheitspreise von 18 Livres vergütet wird.
Sie umfaßt 225 Quadratellen, so daß der Gesamtpreis auf 4050 Liv. zu stehen kommt.
Wilhelm Toens ist augenscheinlich identisch mit dem Wilhelm Tous, der in dem
Geubelsschen Prozesse als Zeuge auftritt. Er ist nach den Belegen 51 Jahre alt, also um
1550 geboren. Sein Atelier befindet sich in der Gerberstraße. Ein älterer Franz Toens,
maestro tapicero", erscheint unter dem 15. III. 1530 in den Belegen des Archives von
§imancas. Ein jüngerer Franz Toens wird 1613 privilegiert; die Manufaktur geht nach
kurzer Blüte bergab. Um 1616 haben sich seine geldlichen Verhältnisse so wenig günstig
entwickelt, daß er in den Schuldturm wandert. Der Betrag, den er dem Antwerpener

1k Göbel, Wandteppiche.

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