Brüssel
Blumengehängen, elegant gezeichnete Kartuschen, architektonische Motive in Verbin-
dung mit stilisierten Adlern, monumental-harmonisch zum Vortrag gebracht.
Die van der Streckensche Fassung der Konstantinsfolge führt zu einer Bildteppich-
reihe, die anscheinend mit der besprochenen Serie in keinerlei Verbindung steht, zu der
Geschichte der Jungfrau Maria im Straßburger Münsterschatz (Abb. 3-45). Die Folge be-
fand sich ursprünglich im Besitze der Notre-Dame-Kathedrale zu Paris; der Besteller war
Le Masle, Prior des Roches, Sekretär und Vertrauter des allmächtigen Staatsministers
von Richelieu. Philipp de Champaigne liefert einen Teil der Kartons (146); Pierre
Damour ist als Wirker urkundlich bezeugt. Merkwürdigerweise trägt ein Teppich
der Reihe — Mariens Vermählung — die Brüsseler Marke ohne weitere Atelierbezeich-
nung. Noch eigenartiger erscheint die Tatsache, daß die Mittelkartusche der unteren
Bordüre des Marienlebens identisch ist mit der der Konstantinsreihe. Pierre Damour
kann nachweislich der größte Teil der Marienfolge zugesprochen werden; die Vor-
bereitungen beginnen 1640, die Zeit der Ausführung liegt wahrscheinlich in den Jahren
von 1650 bis 1657.
Die Brüsseler Marke und die völlige Ubereinstimmung der Kartusche sind nicht die
einzigen Merkmale, die für eine Überweisung von mindestens zwei Teppichen der
Straßburger Reihe an das Atelier Geraert van der Streckens sprechen. Ein genauer
Vergleich fördert noch mehr derartige Analogien zu Tage. Die Amorette rechts neben
der unteren Kartusche in Mariens Hochzeit entspricht wörtlich dem einen Putto in
der oberen rechten Seite der Bordüre von Konstantins Beglückwünschung. Das gleiche
gilt von dem kleinen geflügelten Burschen, der uns in der unteren Umrahmung des
Straßburger Teppichs den Rücken zudreht; wir finden ihn oben links in der Bordüre
des Konstantinbehanges. Völlig gleich ist der Eierstab und das Sima, das die Bor-
düren faßt.
Die ersten Stücke der Folge sind zweifellos nicht in dem Pariser Atelier Damours
gefertigt; für Brüssel zeugt die Marke, für van der Strecken die Bordüre. Es liegt die
Wahrscheinlichkeit vor, daß sowohl Philipp de Champagne als auch sein Neffe Jean
Baptiste zu Meister Geraert in Beziehungen standen, deren Art und Tragweite bislang
noch keine genügende Klärung hat finden können. Möglicherweise diente auch Justus
van Egmont, der vielfach für Meister Geraert tätig war und als Mitarbeiter Simon
Vouets uud Begründer der Pariser Akademie der bildenden Künste (1648) in der
Seinestadt bereits früh eine bedeutende Rolle spielte, als Vermittler.
Zu welchem Zeitpunkte gemeinsames Interesse die beiden Wirker Geraert van der
Strecken und Jan van Leefdael zusammenband, ist nicht mit Sicherheit festzustellen;
wir können den Beginn der fünfziger Jahre als wahrscheinlichen Termin annehmen.
Am 16. Januar 1662 schließt der Antwerpener Händler Carlos Vincque mit Jan van
Leefdael und Gerard van der Necken (!) einen Vertrag auf Lieferung der bekannten
Rubensschen Achillesfolge. Die Reihe besteht aus acht Teppichen, die bei einer Höhe
von fünf Ellen und Längen von 8, 7, 6, 6, 5, 5, 4 und 4 Ellen eine Gesamtoberfläche
von 225 Quadratellen aufweisen.
Der Auftraggeber macht entsprechend dem außerordentlich hohen Einheitspreise von
70 Gulden für die Quadratelle weitgehende Ansprüche, die nicht mehr wie früher
möglichst protzige Verwendung von Metallfäden, sondern peinlich genaue Wieder-
gabe der Vorlage mit Hilfe vermehrter Farbennuancen fordern. Das Streben, die
Bilddarstellung naturgetreu wiederzugeben, bricht sich unaufhaltsam Bahn (147).
Sind urkundliche Belege nur dürftig vorhanden, so reden die uns überkommenen
Arbeiten aus Meister Geraerts Manufaktur eine umso deutlichere Sprache.
Am 16. Februar 1907 kam in Paris der Tapisseriebestand des Schlosses Eu unter
den Hammer. Unter verschiedenen Serien fand sich auch eine Folge der Geschichte
Trojas mit vier Teppichen. Die Bordüren zeigten noch das ältere Schema der gewun-
denen Säulen; Frucht- und Blumengehänge mildern die architektonische Strenge. An-
scheinend handelt es sich um eine Wiederholung der erwähnten Achillesserie, zum
mindesten um eine Kombination. Eine lateinische Inschrift erläutert die Darstellungen.
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Blumengehängen, elegant gezeichnete Kartuschen, architektonische Motive in Verbin-
dung mit stilisierten Adlern, monumental-harmonisch zum Vortrag gebracht.
Die van der Streckensche Fassung der Konstantinsfolge führt zu einer Bildteppich-
reihe, die anscheinend mit der besprochenen Serie in keinerlei Verbindung steht, zu der
Geschichte der Jungfrau Maria im Straßburger Münsterschatz (Abb. 3-45). Die Folge be-
fand sich ursprünglich im Besitze der Notre-Dame-Kathedrale zu Paris; der Besteller war
Le Masle, Prior des Roches, Sekretär und Vertrauter des allmächtigen Staatsministers
von Richelieu. Philipp de Champaigne liefert einen Teil der Kartons (146); Pierre
Damour ist als Wirker urkundlich bezeugt. Merkwürdigerweise trägt ein Teppich
der Reihe — Mariens Vermählung — die Brüsseler Marke ohne weitere Atelierbezeich-
nung. Noch eigenartiger erscheint die Tatsache, daß die Mittelkartusche der unteren
Bordüre des Marienlebens identisch ist mit der der Konstantinsreihe. Pierre Damour
kann nachweislich der größte Teil der Marienfolge zugesprochen werden; die Vor-
bereitungen beginnen 1640, die Zeit der Ausführung liegt wahrscheinlich in den Jahren
von 1650 bis 1657.
Die Brüsseler Marke und die völlige Ubereinstimmung der Kartusche sind nicht die
einzigen Merkmale, die für eine Überweisung von mindestens zwei Teppichen der
Straßburger Reihe an das Atelier Geraert van der Streckens sprechen. Ein genauer
Vergleich fördert noch mehr derartige Analogien zu Tage. Die Amorette rechts neben
der unteren Kartusche in Mariens Hochzeit entspricht wörtlich dem einen Putto in
der oberen rechten Seite der Bordüre von Konstantins Beglückwünschung. Das gleiche
gilt von dem kleinen geflügelten Burschen, der uns in der unteren Umrahmung des
Straßburger Teppichs den Rücken zudreht; wir finden ihn oben links in der Bordüre
des Konstantinbehanges. Völlig gleich ist der Eierstab und das Sima, das die Bor-
düren faßt.
Die ersten Stücke der Folge sind zweifellos nicht in dem Pariser Atelier Damours
gefertigt; für Brüssel zeugt die Marke, für van der Strecken die Bordüre. Es liegt die
Wahrscheinlichkeit vor, daß sowohl Philipp de Champagne als auch sein Neffe Jean
Baptiste zu Meister Geraert in Beziehungen standen, deren Art und Tragweite bislang
noch keine genügende Klärung hat finden können. Möglicherweise diente auch Justus
van Egmont, der vielfach für Meister Geraert tätig war und als Mitarbeiter Simon
Vouets uud Begründer der Pariser Akademie der bildenden Künste (1648) in der
Seinestadt bereits früh eine bedeutende Rolle spielte, als Vermittler.
Zu welchem Zeitpunkte gemeinsames Interesse die beiden Wirker Geraert van der
Strecken und Jan van Leefdael zusammenband, ist nicht mit Sicherheit festzustellen;
wir können den Beginn der fünfziger Jahre als wahrscheinlichen Termin annehmen.
Am 16. Januar 1662 schließt der Antwerpener Händler Carlos Vincque mit Jan van
Leefdael und Gerard van der Necken (!) einen Vertrag auf Lieferung der bekannten
Rubensschen Achillesfolge. Die Reihe besteht aus acht Teppichen, die bei einer Höhe
von fünf Ellen und Längen von 8, 7, 6, 6, 5, 5, 4 und 4 Ellen eine Gesamtoberfläche
von 225 Quadratellen aufweisen.
Der Auftraggeber macht entsprechend dem außerordentlich hohen Einheitspreise von
70 Gulden für die Quadratelle weitgehende Ansprüche, die nicht mehr wie früher
möglichst protzige Verwendung von Metallfäden, sondern peinlich genaue Wieder-
gabe der Vorlage mit Hilfe vermehrter Farbennuancen fordern. Das Streben, die
Bilddarstellung naturgetreu wiederzugeben, bricht sich unaufhaltsam Bahn (147).
Sind urkundliche Belege nur dürftig vorhanden, so reden die uns überkommenen
Arbeiten aus Meister Geraerts Manufaktur eine umso deutlichere Sprache.
Am 16. Februar 1907 kam in Paris der Tapisseriebestand des Schlosses Eu unter
den Hammer. Unter verschiedenen Serien fand sich auch eine Folge der Geschichte
Trojas mit vier Teppichen. Die Bordüren zeigten noch das ältere Schema der gewun-
denen Säulen; Frucht- und Blumengehänge mildern die architektonische Strenge. An-
scheinend handelt es sich um eine Wiederholung der erwähnten Achillesserie, zum
mindesten um eine Kombination. Eine lateinische Inschrift erläutert die Darstellungen.
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