Brüssel
Achill, in der um 1630 entstandenen Bildteppichfolge, trägt die nämliche Tracht wie
der opfermütige römische Konsul, selbst der Löwenkopf oben in der Mitte des Kürasses
fehlt nicht. War ehedem das Wiederkehren charakteristischer Details das Zeichen
für die gleiche Wirkermanufaktur, so werden jetzt derartige Wiederholungen zum
Merkmal eines bestimmten Malerateliers.
Die Identifizierung der wesentlichsten Barockfolgen wird erleichtert durch die zeit-
genössischen Inventare.
Nehmen wir als Musterbeispiel eine der Listen, die 1673 dem Grafen Ferdinand
Bonaventura Harrach nach Spanien übersandt werden. Wir finden zunächst eine Ge-
schichte Jakobs nach den Entwürfen Bernards van Orley, ein sicheres Zeichen, daß
auch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die alte dekorative Schule noch
starke Anziehungskraft ausübt. Es folgen die Historie des Achilles nach Jordaens (!),
die Geschichte der freien Künste nach Franz Floris (!), der Triumph der Kirche nach
Rubens, die Geschichte des Antonius und der Kleopatra nach Justus van Egmont, die
zwölf Monate des Jahres, nach verschiedenen Meistern — ha fatto far da diversi Ii
piu principali pittori —, die Scipiofolge nach Raffael(!). 1679 wird dem Grafen die
Pomonareihe nach Entwürfen des „Mr Gentil" (Gentile) angeboten, ferner eine Wieder-
holung der zwölf Monate nach Teniers und anderen Künstlern, die Achillesserie, dies-
mal nach Rubens, die Taten der Apostel nach Raffael, die Geschichte des Julius Cäsar
nach Justus van Egmont, die Historie der Zenobia nach den Entwürfen des gleichen
Malers, eine Amazonenfolge nach Jordaens, die bekannte Eroberung von Tunis durch
Kaiser Karl Y. nach Tizian (!) und andere mehr (192). Die Liste ist typisch für der-
artige Aufstellungen. Die alten Meister, deren Namen mit berühmten Folgen verknüpft
sind, werden willkürlich durcheinander geworfen. Raffael wird mit Romano, Ver-
meyen mit Tizian verwechselt. Nicht ganz so schlimm geht es den Zeitgenossen.
Franz Floris muß für Cornelius Schut, Jordaens für Rubens herhalten, die Ehre der
Pomonafolge wird dem Brüsseler Meister Luigi Gentile zuteil, der übrigens nach Passeris
Zeugnis in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts viel für Bildteppichmanufakturen
arbeitete und aus diesem Grande das Steuerprivileg besaß. Genauer ist die Liste auf-
gestellt, die Dr. Mayer in seiner Geschichte der Wandteppichfabriken des Wittels-
bachischen Fürstenhauses als Beilage veröffentlicht (193).
Wir finden ein Zimmer „History Diana, Mahler Rubbenius", zwei Zimmer „die
Sieben freye Kunst, Mahler Cornelius Schütt", eine Folge „Landtschaften oder gehöltz,
Mahler Yadder mitt figürlein deren Mahler van Hachten", zwei Reihen „Historj Venus
undt Adonis, Mahler de Braun (Le Brun)", ein „Zimmer Galerien oder Blumentopf,
Mahler Langer Joann, eine Folge „Europa und Cadmus, Mahler Raphael Coxy" (nach
seinem Beinamen „der flämische Rafael"), die „Histori Decius, Mahler Rubbenius", die
Geschichte „Ester und Assuerus, Mahler Justus de Pape", die „Historij Salomon, zier-
lich undt herrlich ordinirt, Mahler Diepenbeke", von dem gleichen Künstler stammt
eine Moses- und eine Estherfolge, von Rubens die Achillesgeschichte, von Cornelius
Schut das „Lob der Weißheyt", von Cocxie die „Historia Ulyßis".
Von den Rubensschülern wird in erster Linie Justus van Egmont genannt. Auf
seine Tätigkeit als Autor der Zenobiaserie ist bei der Besprechung der Peemansschen
Manufaktur bereits hingewiesen. Der Meister scheint sein bestes Können dem Ent-
werfen von Bildteppichpatronen gewidmet zu haben. Seine Beziehungen zu Paris
— er ist Mitarbeiter des Hofmalers und Patronenzeichners Simon Youet — geben viel-
leicht einen Anhaltspunkt für die schon erwähnte Übertragung van der Streckenscher
Bordürenmotive in die von Pierre Damour in der Hauptsache gewirkte Madonnen-
geschichte im Straßburger Münster.
Justus van Egmont läßt sich 1653 wieder in Antwerpen nieder, 1658 malt er für
Marschall Daumont drei Tapetenpatronen, für die er den Betrag von 900 Gulden er-
hält. 1659 wird nach seinen Entwürfen die Geschichte Casars — 382 Quadratellen —
gewirkt. 1661 entsteht die Historie Marc Antons und der Kleopatra, von der das
New Yorker Metropolitanmuseum ein prächtiges Exemplar besitzt, das gleichfalls dem
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Achill, in der um 1630 entstandenen Bildteppichfolge, trägt die nämliche Tracht wie
der opfermütige römische Konsul, selbst der Löwenkopf oben in der Mitte des Kürasses
fehlt nicht. War ehedem das Wiederkehren charakteristischer Details das Zeichen
für die gleiche Wirkermanufaktur, so werden jetzt derartige Wiederholungen zum
Merkmal eines bestimmten Malerateliers.
Die Identifizierung der wesentlichsten Barockfolgen wird erleichtert durch die zeit-
genössischen Inventare.
Nehmen wir als Musterbeispiel eine der Listen, die 1673 dem Grafen Ferdinand
Bonaventura Harrach nach Spanien übersandt werden. Wir finden zunächst eine Ge-
schichte Jakobs nach den Entwürfen Bernards van Orley, ein sicheres Zeichen, daß
auch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die alte dekorative Schule noch
starke Anziehungskraft ausübt. Es folgen die Historie des Achilles nach Jordaens (!),
die Geschichte der freien Künste nach Franz Floris (!), der Triumph der Kirche nach
Rubens, die Geschichte des Antonius und der Kleopatra nach Justus van Egmont, die
zwölf Monate des Jahres, nach verschiedenen Meistern — ha fatto far da diversi Ii
piu principali pittori —, die Scipiofolge nach Raffael(!). 1679 wird dem Grafen die
Pomonareihe nach Entwürfen des „Mr Gentil" (Gentile) angeboten, ferner eine Wieder-
holung der zwölf Monate nach Teniers und anderen Künstlern, die Achillesserie, dies-
mal nach Rubens, die Taten der Apostel nach Raffael, die Geschichte des Julius Cäsar
nach Justus van Egmont, die Historie der Zenobia nach den Entwürfen des gleichen
Malers, eine Amazonenfolge nach Jordaens, die bekannte Eroberung von Tunis durch
Kaiser Karl Y. nach Tizian (!) und andere mehr (192). Die Liste ist typisch für der-
artige Aufstellungen. Die alten Meister, deren Namen mit berühmten Folgen verknüpft
sind, werden willkürlich durcheinander geworfen. Raffael wird mit Romano, Ver-
meyen mit Tizian verwechselt. Nicht ganz so schlimm geht es den Zeitgenossen.
Franz Floris muß für Cornelius Schut, Jordaens für Rubens herhalten, die Ehre der
Pomonafolge wird dem Brüsseler Meister Luigi Gentile zuteil, der übrigens nach Passeris
Zeugnis in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts viel für Bildteppichmanufakturen
arbeitete und aus diesem Grande das Steuerprivileg besaß. Genauer ist die Liste auf-
gestellt, die Dr. Mayer in seiner Geschichte der Wandteppichfabriken des Wittels-
bachischen Fürstenhauses als Beilage veröffentlicht (193).
Wir finden ein Zimmer „History Diana, Mahler Rubbenius", zwei Zimmer „die
Sieben freye Kunst, Mahler Cornelius Schütt", eine Folge „Landtschaften oder gehöltz,
Mahler Yadder mitt figürlein deren Mahler van Hachten", zwei Reihen „Historj Venus
undt Adonis, Mahler de Braun (Le Brun)", ein „Zimmer Galerien oder Blumentopf,
Mahler Langer Joann, eine Folge „Europa und Cadmus, Mahler Raphael Coxy" (nach
seinem Beinamen „der flämische Rafael"), die „Histori Decius, Mahler Rubbenius", die
Geschichte „Ester und Assuerus, Mahler Justus de Pape", die „Historij Salomon, zier-
lich undt herrlich ordinirt, Mahler Diepenbeke", von dem gleichen Künstler stammt
eine Moses- und eine Estherfolge, von Rubens die Achillesgeschichte, von Cornelius
Schut das „Lob der Weißheyt", von Cocxie die „Historia Ulyßis".
Von den Rubensschülern wird in erster Linie Justus van Egmont genannt. Auf
seine Tätigkeit als Autor der Zenobiaserie ist bei der Besprechung der Peemansschen
Manufaktur bereits hingewiesen. Der Meister scheint sein bestes Können dem Ent-
werfen von Bildteppichpatronen gewidmet zu haben. Seine Beziehungen zu Paris
— er ist Mitarbeiter des Hofmalers und Patronenzeichners Simon Youet — geben viel-
leicht einen Anhaltspunkt für die schon erwähnte Übertragung van der Streckenscher
Bordürenmotive in die von Pierre Damour in der Hauptsache gewirkte Madonnen-
geschichte im Straßburger Münster.
Justus van Egmont läßt sich 1653 wieder in Antwerpen nieder, 1658 malt er für
Marschall Daumont drei Tapetenpatronen, für die er den Betrag von 900 Gulden er-
hält. 1659 wird nach seinen Entwürfen die Geschichte Casars — 382 Quadratellen —
gewirkt. 1661 entsteht die Historie Marc Antons und der Kleopatra, von der das
New Yorker Metropolitanmuseum ein prächtiges Exemplar besitzt, das gleichfalls dem
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