Antwerpe n
der vorbildlichen Verschmelzung der handelnden Personen mit dem reich ausgestatteten
landschaftlichen Rahmen unbedenklich den Meisterwerken der Bildwirkerei einzuordnen
sind (Abb. 165). Voll signierte Wiederholungen mit einem dritten dazu gehörigen Be-
hänge — das Bacchusopfer — lieh Graf della Faille de Loverghem zu der Brüsseler
Ausstellung von 1910 (24). Ob das in Paris am 1./2. März 1906 versteigerte golddurch-
wirkte Brustbild eines jungen Mannes — nach Angabe der Chronique des Arts signiert
Van d'Ergoten — der Antwerpener oder Madrider Epoche zuzuschreiben ist, läßt sich
nicht mehr nachprüfen. Das gleiche gilt von einem Behänge, angeblich aus einer Pro-
serpinafolge, gezeichnet L (?) VAN DER . GOTTEN, der mit der Sammlung Goury
du Roslan 1911 in Paris unter den Hammer kam und den für die damalige Zeit nicht
unerheblichen Betrag von 21100 fr. erzielte (25).
Noch weniger geklärt als die Manufaktur der van der Goten erscheint das Atelier
der Familie Wauters. Die Dido und Äneasreihe des M. Wauters kommt verhältnis-
mäßig häufig vor — ich nenne nur die drei Folgen im österreichischen und schwedischen
(Abb. 355) Textilienschatze sowie im Besitze des Clevelandmuseums (26) —; es ist nicht
sicher, ob Brüssel, Antwerpen oder die römische Manufaktur des Kardinals Barberini,
deren Leiter Giovanni Francesco Romanelli der Entwerfer der Reihe war, als Erzeugungs-
ort in Frage kommt. Zwei ausgesprochen flämische Teppiche der Barockzeit mit der
Signierung des Peeter Wauters erschienen am 17. Mai 1907 in einer Pariser Auktion;
sie brachten Episoden aus der bekannten Reitschulfolge. Die Arbeit ging nicht über
den üblichen Durchschnitt hinaus. Von dem gleichen Antwerpener Meister erwarb
Nikolaus NauwTelaerts am 25. September 1677 eine Geschichte des Masinissa mit sechs
Behängen zum Einheitspreise von acht brabantischen Florins.
Schon reichlicher fließen die Quellen hinsichtlich der Manufaktur des Antwerpener
Wirkers Balthasar Bosmans. Das Würzburger Domkapitel trug sich bereits längere
Zeit mit dem Gedanken, das Gotteshaus zeitgemäß mit reichen Wirkereien auszustatten.
Ein angesehener Goldschmied der Stadt wird, gelegentlich einer Reise nach Antwerpen,
beauftragt, sich nach einem geeigneten Meister umzusehen. Er kommt mit Bosmans,
„der in die 40 knecht (Gesellen) halte und die vornemsten capelen (Kirchenteppiche)
zubereite" in nähere Beziehungen (27). Seine Empfehlung veranlaßt das Kapitel zu
eingehenderen Verhandlungen. Zwei Folgen stehen auf der Tagesordnung, das Leben
Sankt Kilians und die Chorstuhlwirkereien mit den Wappen der hochvermögenden
Herren. Meister Balthasar verlangt einen Quadratellenpreis von 6 Rthr., zuzüglich der
Unkosten für die Anfertigung der Patronen, die er mit nur 200 Rthr. veranschlagt,
„alldiweilen er den maier selber hat". Nach einigem Hin und Her wird der Auftrag
erteilt. Die Durchführung macht Schwierigkeiten, das stets uneinige Domkapitel leiht
verleumderischen Einflüsterungen sein Ohr. Auf eine Anfrage an den Rat von Ant-
werpen erwidert dieser, er könne die Bosmansschen Arbeiten nur loben, es entspreche
auch nicht den Tatsachen, daß der Meister die Teppiche Fachgenossen im Unterauftrage
vergeben habe. Im Dezember 1687 treffen die beiden ersten Behänge der Kiliansfolge
ein. Die von den Domherrn geübte Kritik zeugt von einer seltenen Unkenntnis. Man
bemäkelt den Preis, findet daß zu wenig Gold verwandt sei, schilt auf die zu hellen
Farben, denen Sonne und Staub bald den Garaus machen würden. Wohlweislich
beließ man es bei Worten, «da der rat zu Antwerpen in seinen schreiben die Teppich
überaus gerühmet, und wan man schon gegen den Tapetenmacher sich beschweren
wollte, er an gedachten rath judicem favorabilem hat". Merkwürdigerweise ist im
darauffolgenden Jahre die Stimmung gründlich umgeschlagen. Am 13. Juli 1688 hat
„seine hochfürstliche gnaden nichts zu erinnern"; es herrscht im Gegenteil die ein-
stimmige Ansicht, daß für den hohen Altar eine weitere Bildwirkerei dringend
erwünscht sei, «weilen anietzo obenherum die schöne neue teppich aufgehenkt
werden".
Die Folge St. Kilians in der Ornatkammer des Würzburger Domes umfaßt acht
Behänge; entsprechend den vertraglichen Abmachungen sind Wolle, Seide, Gold und
Silberfäden verwandt. Wie leider so oft in Bildteppichen des 17. Jahrhunderts ist
456
der vorbildlichen Verschmelzung der handelnden Personen mit dem reich ausgestatteten
landschaftlichen Rahmen unbedenklich den Meisterwerken der Bildwirkerei einzuordnen
sind (Abb. 165). Voll signierte Wiederholungen mit einem dritten dazu gehörigen Be-
hänge — das Bacchusopfer — lieh Graf della Faille de Loverghem zu der Brüsseler
Ausstellung von 1910 (24). Ob das in Paris am 1./2. März 1906 versteigerte golddurch-
wirkte Brustbild eines jungen Mannes — nach Angabe der Chronique des Arts signiert
Van d'Ergoten — der Antwerpener oder Madrider Epoche zuzuschreiben ist, läßt sich
nicht mehr nachprüfen. Das gleiche gilt von einem Behänge, angeblich aus einer Pro-
serpinafolge, gezeichnet L (?) VAN DER . GOTTEN, der mit der Sammlung Goury
du Roslan 1911 in Paris unter den Hammer kam und den für die damalige Zeit nicht
unerheblichen Betrag von 21100 fr. erzielte (25).
Noch weniger geklärt als die Manufaktur der van der Goten erscheint das Atelier
der Familie Wauters. Die Dido und Äneasreihe des M. Wauters kommt verhältnis-
mäßig häufig vor — ich nenne nur die drei Folgen im österreichischen und schwedischen
(Abb. 355) Textilienschatze sowie im Besitze des Clevelandmuseums (26) —; es ist nicht
sicher, ob Brüssel, Antwerpen oder die römische Manufaktur des Kardinals Barberini,
deren Leiter Giovanni Francesco Romanelli der Entwerfer der Reihe war, als Erzeugungs-
ort in Frage kommt. Zwei ausgesprochen flämische Teppiche der Barockzeit mit der
Signierung des Peeter Wauters erschienen am 17. Mai 1907 in einer Pariser Auktion;
sie brachten Episoden aus der bekannten Reitschulfolge. Die Arbeit ging nicht über
den üblichen Durchschnitt hinaus. Von dem gleichen Antwerpener Meister erwarb
Nikolaus NauwTelaerts am 25. September 1677 eine Geschichte des Masinissa mit sechs
Behängen zum Einheitspreise von acht brabantischen Florins.
Schon reichlicher fließen die Quellen hinsichtlich der Manufaktur des Antwerpener
Wirkers Balthasar Bosmans. Das Würzburger Domkapitel trug sich bereits längere
Zeit mit dem Gedanken, das Gotteshaus zeitgemäß mit reichen Wirkereien auszustatten.
Ein angesehener Goldschmied der Stadt wird, gelegentlich einer Reise nach Antwerpen,
beauftragt, sich nach einem geeigneten Meister umzusehen. Er kommt mit Bosmans,
„der in die 40 knecht (Gesellen) halte und die vornemsten capelen (Kirchenteppiche)
zubereite" in nähere Beziehungen (27). Seine Empfehlung veranlaßt das Kapitel zu
eingehenderen Verhandlungen. Zwei Folgen stehen auf der Tagesordnung, das Leben
Sankt Kilians und die Chorstuhlwirkereien mit den Wappen der hochvermögenden
Herren. Meister Balthasar verlangt einen Quadratellenpreis von 6 Rthr., zuzüglich der
Unkosten für die Anfertigung der Patronen, die er mit nur 200 Rthr. veranschlagt,
„alldiweilen er den maier selber hat". Nach einigem Hin und Her wird der Auftrag
erteilt. Die Durchführung macht Schwierigkeiten, das stets uneinige Domkapitel leiht
verleumderischen Einflüsterungen sein Ohr. Auf eine Anfrage an den Rat von Ant-
werpen erwidert dieser, er könne die Bosmansschen Arbeiten nur loben, es entspreche
auch nicht den Tatsachen, daß der Meister die Teppiche Fachgenossen im Unterauftrage
vergeben habe. Im Dezember 1687 treffen die beiden ersten Behänge der Kiliansfolge
ein. Die von den Domherrn geübte Kritik zeugt von einer seltenen Unkenntnis. Man
bemäkelt den Preis, findet daß zu wenig Gold verwandt sei, schilt auf die zu hellen
Farben, denen Sonne und Staub bald den Garaus machen würden. Wohlweislich
beließ man es bei Worten, «da der rat zu Antwerpen in seinen schreiben die Teppich
überaus gerühmet, und wan man schon gegen den Tapetenmacher sich beschweren
wollte, er an gedachten rath judicem favorabilem hat". Merkwürdigerweise ist im
darauffolgenden Jahre die Stimmung gründlich umgeschlagen. Am 13. Juli 1688 hat
„seine hochfürstliche gnaden nichts zu erinnern"; es herrscht im Gegenteil die ein-
stimmige Ansicht, daß für den hohen Altar eine weitere Bildwirkerei dringend
erwünscht sei, «weilen anietzo obenherum die schöne neue teppich aufgehenkt
werden".
Die Folge St. Kilians in der Ornatkammer des Würzburger Domes umfaßt acht
Behänge; entsprechend den vertraglichen Abmachungen sind Wolle, Seide, Gold und
Silberfäden verwandt. Wie leider so oft in Bildteppichen des 17. Jahrhunderts ist
456