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S t . T r o n cl — Bergen o p Zoom

St. Trond (St. Truijen); Bergen op Zoom.

St. Truijen (Saint-Trond), in der heutigen belgischen Provinz Limburg, gehört zu
den zahlreichen kleinen Bildteppichmanufakturen, deren urkundliche Belege in Ar-
chiven vergraben oder verloren gegangen sind. Die Anfänge der Wirkerei in Saint
Trond gehen bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts zurück. Die bisherige
einzige Quelle bilden Antwerpener Notariatsbekundungen, die einige wenige Aufschlüsse
über die Handelsbeziehungen beider Städte übermitteln.

1492 bezieht der Antwerpener Tapisseriehändler Franz Ballinck, wohl ein Ver-
wandter des bekannten Jehan Ballincq, „drie packen tapisserien van Sintruyden", eine
weitere Sendung folgt einige Tage später. Auch Corneille van Bombergen steht in
Beziehung zu uTsint Truyden". Er sendet 1492 als Gegenleistung für drei Ballen
Wirkteppiche sechs Tonnen Heringe und sechs Kolis Feigen; das Geschäft scheint
mit einem Zwischenhändler, keinem Wirker, abgeschlossen zu sein(l). Ein ähnlicher
Kauf geht 1493 von statten.

1505 linden wir den Namen des Huybrecht Cakelaers „tapichier van Sinttruyden".
Sein Betrieb muß einen gewissen Umfang besessen haben. Der Meister verkauft auf
dem Markte von Bergen op Zoom 1504 dem Lyoner Händler Jean Fosson nicht
weniger als 2300 Quadratellen Wirkereien. In demselben Jahre schließt Heinrich
van Jnecke, „tapichier van Sint Gheertruyden", auf dem gleichen Markte einen
Lieferungsvertrag über 250 Quadratellen. Ähnliche Abmachungen erfolgen 1508 mit
dem schon erwähnten Antwerpener Corneille van Bomberghen. Obwohl in keinem
Falle die Art der Wirkerei näher erläutert wird, läßt der Preis, bezw. die Gegen-
leistung, ohne weiteres auf verhältnismäßig einfache Arbeiten schließen. Es kommen
zweifellos lediglich grobkettige Verdüren in Frage. Das Nachlaßverzeichnis Heinrichs
van Beeringen aus dem Jahre 1581 nennt u. a. eine gewirkte Wiegendecke «een
wieghcleet van Sint Truyen", mit drei Quadratellen Inhalt zum Einheitspreise von nur
zwei Escalins; wir finden ferner sieben Behänge „feuillage Sint - Truyens" in Größe
von 101/2 Quadratellen zu je 14 Escalins. Nach dem Belege handelt es sich um Stücke
uvan dblauwe compas". Der blaue Kreis ist zweifelsohne als Wirkermarke anzu-
sprechen, ähnlich wie das Kleeblatt „tclaverblatt", das sich auf einer weiteren Saint
Trondner Verdürenfolge — acht Stück — «gmen op gruen" findet, Weitere (35)
Verdüren der gleichen Manufaktur werden hinsichtlich des Wirkerzeichens leider nicht
näher erläutert.

1542 wandert Geraert Wauthier, einer der angesehensten Wirker der Stadt, nach
Amiens aus. Von ihm stammt eine Geschichte des Thobias.

Gelegentlich der Erörterung der Benutzungsordnung der 1555 eröffneten Antwer-
pener Pant werden u. a. die Vertreter der Wirkereien von Diest und Saint-Trond
vorstellig. Auf die Dauer von einem Jahr werden den „Diesterschen tapitserien ende
van Sint Truyen" gewisse Ubergangsbestimmungen zugestanden. Das bekannte Edikt
Kaiser Karls V. vom 16. Mai 1544 führt merkwürdigerweise Saint Trond nicht unter
den Städten auf, in denen der Wirkereibetrieb zünftig geregelt zugelassen ist. Trotz-
dem hat die Manufaktur bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, also zum mindesten
150 Jahre, bestanden. Die Religionskämpfe und die politischen Wirren scheinen auch
hier vernichtend eingegriffen zu haben. Außer mit Antwerpen stehen die Ateliers von
Saint-Trond in lebhafter geschäftlicher Verbindung mit dem zweiten, durch kaiser-
liches Edikt zugelassenen Bildteppichmarkt von Bergen op Zoom. Wahrscheinlich
stammt der Legwercker Wilhelm de Cramer, mit dem der Rat der letztgenannten
Stadt zwecks Ansiedlung verhandelt, aus Sint Truijen. Die Beratungen setzen am
30. Juli 1504 ein, sie kommen Ende des Jahres zum Abschlüsse. De Cramer verlangt
eine jährliche Beihilfe in Höhe von 50 Livres, ferner einen Vorschuß im gleichen Be-

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