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Brügge

Dame de la Poterie. Die gleiche Kirche besitzt einen Behang, Episoden aus dem
Leben des heiligen Augustin, mit der Datierung 1627, ferner zwei Teppiche einer
Madonnenreihe — Verkündigung und Darbringimg — mit der Jahreszahl 1639, sowie
die Reste — 3 Teppiche mit 18 Darstellungen aus dem Leben der Schutzheiligen —
eines umfangreichen Chorstuhlhehanges. Die Szenen sind durch einfache Säulen ge-
trennt, Verse in flämischer Mundart erläutern die Motive. Als Vorlage dienten die
Federzeichnungen eines im Mus6e de la Poterie noch erhaltenen Manuskriptes. Die
Behänge dürften zu Beginn des 17. Jahrhunderts in einem Brügger Kloster entstanden
sein, sie zeigen alle Vorzüge und Schwächen dieser Gattung (11). Handwerklich er-
reicht die Arbeit kaum den Durchschnitt.

Die Kloster wirkerei scheint in Brügge einen verhältnismäßig breiten Raum einge-
nommen zu haben. Für Notre-Dame-de-Sion ist der Brauch urkundlich bezeugt, der
jede neueintretende Novize zur Stiftung oder Anfertigung eines Antependiums ver-
pflichtete. In der Regel handelte es sich nur um kleinere Stücke. Das Kirchen-
inventar von 1570/71 erwähnt Arbeiten des Laienbruders Jean Piegousse, der von
1541 — 1548 tätig war, dessen kunstreicher Hand die Altarbehänge mit der Verkün-
digung, dem Propheten Elias, ferner zahlreiche Kissenblätter mit dem Bilde der Jung-
frau, mit Engeldarstellungen und Symbolen — Kelch, Phönix und dergleichen mehr —
entstammten.

Es erscheint fraglich, ob die «Überführung der Reliquien des St. Augustin^ im Musee
du St. Sang zu Brügge aus einer klösterlichen Werkstatt hervorging (Abb. 468). Die
Durchführung der Einzelheiten, namentlich der reichen Brokate, Iaht eher auf ein er-
fahrenes Atelier schließen. Für die Annahme spricht auch die Stadtmarke — Fliete
und gekröntes gothisches b — in der Wirkerkante zur Rechten und das Meisterzeichen
1. D. R. in der unteren Lisiere. Unter den Gestalten der Heiligen Frigdianus und
Herculanus erscheint die Datierung ANNO 1637. Der Teppich stammt aus der Abtei
Eeckhoute, das Wappenschild ist das des Abtes Nikolaus van Troostenberghe.

Einer Brügger Werkstatt des ausgehenden 16. Jahrhunderts schreibt Alexandre Pin-
chart einen Jagdteppich — Rehhatz — zu, der 1874 aut der Pariser Ausstellung wei-
teren Kreisen bekannt wurde, eine von Tieren belebte reiche Blumen- und Frucht-
bordüre rahmt das Bild; die Wirkerkante zeigt die bekannte Stadtmarke.

Ist das urkundliche Quellenmaterial der Brügger Bildwirker des 16. Jahrhunderts
nur recht mangelhaft, so gestaltet sich der Nachweis der für die Manufakturen der
Zwynstadt einst tätigen Patronenmaler nicht wesentlich glücklicher.

Außer den schon genannten Meistern Gilles den Stichele, Jennyn Fabiaen, Wilhelm
de HoJlandere, Julius de Pundt und dem 1553 verstorbenen Maler und Miniaturisten
Wilhelm Wallinc verdient Lancelot Blondeel (f 1561), der bekannte Maier-Architekt,
eingehendere Berücksichtigung. Er entwirft 1523—24 verschiedentlich Zeichnungen
für Glasmalereien, ferner die Bildteppichkartons des Schöffensaales. Das Haupt der
flämischen Ritter des heiligen Johannes von Jerusalem, Louis de la Vall6e, genannt Passey,
gibt ihm am 22. August 1534 die Patronen „Fhistoire de Sainct Pol lapostre" in Auftrag,
«commenchant ladicte histoire au septiesme chapitre des actes des apostres lä au Sainct
Pol prenait plaisir ä veoir lapider St. Estienne et gardoit les habits de ceulx qui le lapi-
doient et ainsi en ensuivant toute l'histoire de Sainct Pol jusques ä son decoüement".

Es handelte sich demnach um lange Rückenlaken, die in einer Reihe von Einzel-
darstellungen das Leben des Apostelfürsten schilderten. Zwei weitere Kartons stellten
dar: «L'histoire du trespas de Nostre Dame avecq les 12 apostres, paysage, massonerie
ou chambre tel comme il appartient ä l'histoire" sowie «Comment Nostre Dame tust
enleve es cieulx auecq les anges autour d'elle, en haut le ciel ouvert auecq la benoite
Trinite, et en bas, les XH apostres autour du sepulcre la ou on la vient ensep-
velir».

Meister Lanceloot bezieht für den Entwurf der 226Vö Quadratellen fassenden Folge
einen Einheitspreis von 3 sols gros monnaye de Flandre, ferner als besondere Ver-
gütung ttung pourpoinct de satin". Nach Fertigstellung sind die Patronen an einen

32 (jöbel, VVaudteppiche.

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