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Brügge

nicht näher genannten Brügger Wirker abzuliefern. Es ist fraglich, ob der Auftrag je
zur Ausführung kam.

Die Versuchung liegt nahe, die hier und da in den urkundlichen Belegen auf-
tauchenden Maler der «draps de Bruges" — es sei nur an Jan Bevelent erinnert, der
4422 nach Tournai übersiedelt «pour pooir poindre ouvrage a destrempe appel6 drap
de Bruges" — als Kartonzeichner anzusprechen. Die Möglichkeit liegt zweifelsohne vor,
immerhin fehlt bislang die Bestätigung, daß diese Spezialkünstler auch zum Entwurf
der Bildteppichpatronen zünftig zugelassen waren. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts
entfaltet Adrien Becaert eine umfassende Tätigkeit als Tuch-, vielleicht auch als Patronen-
maler; 1516 beginnt Peter Ciaeis I bei ihm seine Lehrzeit.

Das 17. Säkulum wurde in den voraufgegangenen Ausführungen bereits mehrfach
gestreift. Lassen uns die Brügger Urkunden bislang völlig im Stich, so bieten die zeit-
genössischen Inventarverzeichnisse immerhin manchen wertvollen Anhalt. Bereits die
Sachaufstellung nach dem Tode Gabrielle d'Eströes' (f 10. IV. 1599), der Geliebten
König Heinrichs IV., verzeichnet wune chambre de tapisserie de haulte lisse a gro-
tesques, facon de Bruges, contenant 8 pieces sur 3 aulnes de hault, les bordures ä
fondz blanc" (75 Par. Quadratellen) (12). Das französische Kroninventar unter Ludwig XIV.
nennt eine „Histoire de Julies C6sar". Die Folge besteht aus 15 Behängen, sie ist
44 Pariser Ellen lang und 31/* Ellen hoch. Die Bordüre zeigt Waffentrophäen auf
gelbem Grunde, in den beiden Ecken des oberen Rahmens prangen Engel, das Wappen
des Bestellers schmückt die Mitte. In dem reichen Lagerbestande aus dem Nachlasse
des Antwerpener Händlers Daniel Fourment, des Schwiegervaters Peter Paul Rubens',
findet sich die rührsame Geschichte Celadons — acht Teppiche, 5 flämische Ellen
hoch, 223x/2 Quadratellen Inhalt. Die Bildwirkerei wird in Brügge noch um die Mitte
des 18. Jahrhunderts geübt.

Das Nachlaßinventar des Prinzen Karl Alexander von Lothringen vom 16. Oktober
1780 verzeichnet eine Brügger Reihe „d'apres le dessin de Teniers", die auf nicht
weniger als 2000 Livres geschätzt wird, die demnach eine neue und erstklassige Arbeit
gewesen sein muß.

Von Interesse erscheint das Urteil des mehrfach erwähnten Pariser Wirkers, der in
den Jahren 1691/92 auch der Brügger Manufaktur seinen Besuch abstattet (13). «La
fabrique de Bruges le dispute ä toutes ces villes (Enghien, Oudenaarde, Antwerpen,
Brüssel) pour l'anciennet6: eile ne s'appliquait autrefois qu'ä la hautelisse, mais dans
ses dessins, ses figures et ses fleurs, on y apercoit une negligeance extraordinaire, qui
fait que le tout n'est pas assez nuancö; leurs couleurs ont longtemps surpassö toutes
les autres fabriques par leur beaute\ Cette fabrique n'est pas difficile ä connaitre; son
travail est toute de laine et peu de soye; eile donne beaucoup dans l'antiquite et
c'est ce qui la rend aride, et d'un grain dur et mal travaille, ce qu'on remarque aise-
ment ä ses chaines grosses et velues. Pour ce qui est de ses verdures, le goüt n'en est
pas des plus estimös,: eile a cependant changö aujourd' hui quelque chose dans sa
maniere de travailler, mais non pas dans le fond, car cette fabrique est toujours la
meme11.

Das Urteil trifft im allgemeinen zu. Die Farbenfreudigkeit der Brügger Teppiche
fand bereits Erwähnung. Auch die Beanstandungen sind, soweit die Arbeiten klöster-
lichen Typs und wohl auch die Gebrauchsverdüren in Frage kommen, mehr oder
weniger berechtigt. Die Textur der Folge zu Salins ist tatsächlich ziemlich grob, die
Verwendung von Seide nur sparsam. Im übrigen spricht aus dem Gutachten eine
gewisse Voreingenommenheit. Gar manche Brügger Wandteppiche des 17. Säkulums
vermögen sehr wohl mit den Behängen der Pariser Ateliers zu wetteifern.

In erster L mie kommt die mit neun Teppichen unvollständige Monatsreihe im öster-
reichischen Staatsbesitze in Betracht. H. L. de Lomenie, Graf von Brienne, berichtet
in seinen Memoiren von einer Brügger Monatsfolge, die Philipp IV. von Spanien, ge-
legentlich des Friedensschlusses mit Frankreich (7. XI. 1659), Kardinal Mazarin, dem
allmächtigen Minister Ludwigs XIV., als diplomatisches Geschenk überreichen läßt.

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