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Grafschaft Hennegau.

Valenciennes.

Im 14. Jahrhundert zeigt die Grafschaft Hennegau rein agrarischen Charakter, an
eine Ausbeutung der reichen Bodenschätze wird noch nicht gedacht. Valenciennes
ist die einzige Stadt von Bedeutung. Das im INorden schon kräftig pulsierende indu-
strielle Leben, die mächtig sich entfaltende Tuchindustrie finden in dem ackerbau-
treibenden Hennegau keinen Rückhalt. Es fehlt vollkommen das drückende Übergewicht
der Städte, mit ihm die erbitterten wirtschaftlichen Kämpfe, der rasche Pulsschlag, der
das Flandern des 14. Jahrhunderts charakterisiert.

Valenciennes genießt das Dasein einer etwas verschlafenen Provinzstadt. Seine Zünfte
leben und arbeiten noch vollkommen im mittelalterlichen Geiste. Eine weitsichtige
kaufmännische Betätigung wie in Arras oder Tournai, wo die maßgebenden Wirkerei-
händler den führenden Geschlechtern angehören und zahllose Manufakturen mit Auf-
trägen versorgen, ist nicht bemerkbar. Wir finden lediglich einzelne Kleinwirker,
«tapisseurs" genannt, die mit den „ouvriers de hauteliche", den «bourgeteurs" und
„trippiers" in einer Zunft zusammengeschlossen sind. Wirker im eigentlichen Sinne
sind die „tapisseurs"; die „ouvriers de hauteliche" sind Handwerker, die mehr oder
weniger kostbare Gewebe auf rein mechanische Weise herstellen. Sie fertigen die
als «fustane, ostade, satin, brocassin, bourgette, estamine, bougeran, damas" bezeich-
neten Stoffe. Eine klare und scharfe Trennung tritt erst zu Ende des 15. Jahrhunderts
ein; bis etwa 1450 ist ein ständiges Hin- und Herfluten der beiden Begriffe zu beob-
achten. Die Verhältnisse liegen ähnlich in dem benachbarten Tournai.

Auf jeden Fall erscheint eine scharfe kritische Sonde bei jedem vorkommenden
Namen erforderlich.

Die erste Erwähnung eines Wirkers datiert aus dem Jahre 133". Jehan Jollain „le
tapisseur de Valenchiennes" — der Nachdruck liegt auf der betonten Einzahl — fertigt
für den Grafen von Hennegau, Wilhelm I. von Avesnes, ein Wirkereizimmer, d. h.
die Ausstattung eines Schlafgemaches mit einfachen Wand- und Bettbehängen, für
den Einheitspreis von vier sous tournois. Im ganzen handelt es sich um 131 Quadrat-
ellen. Außer dem Vertragspreise wird den Gesellen des Meisters eine Spende an Wein
gewährt.

Eine ähnliche Arbeit führt Jehan Jollain für eine nicht näher benannte Dame aus;
der Einheitspreis stellt sich etwas höher, er beläuft sich auf 4 s. 6 d. (1).

Sowohl Pinchart, der sich auf die Arbeiten des Barons de la Fons-M6licocq stützt,
als auch Boyer de St. Suzanne (2) und Dehaisnes bringen zahlreiche Meisternamen, die
nur mit Vorsicht zu betrachten sind.

1363 Pierrat Likien.

1368 Bressin Naulot.

Jehan Castelains (aus Kiövraing)

1384 Jehan Lacroix aus Arras

1388 Jehan de Lain aus Arras

1418 Jehan de Florence

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