Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Amsterdam — Schoonkoven

Der Wirkereibetrieb Amsterdams setzt in stärkerem Umfange um 1580 ein; die
früheren Unternehmungen tragen mehr den Charakter von Kleinateliers. Wie in allen
holländischen Städten geht das Bedürfnis des reich gewordenen Bürgers nicht in erster
Linie auf prunkvolle Figurenfolgen sondern auf Kleinwirkereien und Tafelteppiche, die
das Haus heimisch gestalten, schmücken und dem Gaste den Begriff der Wohlhaben-
heit vorzaubern. Stände und Stadtverwaltungen sind eifrig bemüht, Versammlungssäle
und Bürgermeisterstuben durch Wappenwirkereien und Darstellungen aus den ruhm-
reichen Geschehnissen der Tage ein würdiges Gepräge zu verleihen, das zumeist eines
etwas behäbigen Anstriches nicht entbehrt. Kurz, der Aufbau der holländischen Manu-
fakturen ist nicht wie in Brabant in erster Linie auf das höfische Leben sondern auf
die bürgerlichen und städtischen Bedürfnisse eingestellt.

Am 28. Februar 1547 wird „Peter Jellot, van Brüssel, Tapechier" als Bürger von
Amsterdam aufgenommen. Arbeiten seines Ateliers sind bislang nicht bekannt (2).

Der 1564 in den Rechnungsbelegen erwähnte „Cussenmaicxter ende tapeetwercker"
Garbrat Claeszn ist der erste Wirker, der in Amsterdam bei städtischen Lieferungen
in Erscheinung tritt. Er fertigt vier Dutzend „groene cussens" und bezieht hierfür
insgesamt 133 Gulden 8 Stuivers. Von sonderlicher Bedeutung scheint das Unter-
nehmen nicht gewesen zu sein; 1568 setzt sich der Rat mit dem Leidener Wirker
Willem Andriesz in Verbindung, der für sieben Kissenblätter — sechs mit dem Amster-
damer Wappen, eins mit dem Schilde von Holland — mit 9 Gulden 16 St. abgefunden
wird (3).

Die Erfolge des Herzogs von Parma und die damit verbundene Ausrottung der
kalvinistischen Gemeinden der Südprovinzen bringen ein stärkeres Zufluten von Kunst-
handwerkern. Um 1586 erscheint Jan Jansz de Buck auf der Bildfläche. Das Unter-
nehmen wird von seinem Sohne Gerrit fortgesetzt, der zum letzten Male 1598 in den
Stadtrechnungen Erwähnung findet. Der Betrieb beschränkt sich im wesentlichen
auf die Anfertigung von Kleinwirkereien. Insgesamt liefert die Manufaktur: 1581 (Jan
Jansz) 12 Kissenblätter zu 5 Gulden das Stück, 1585 (Jan Jansz) 12 „cussens" mit dem
Stadtwappen zum gleichen Einheitspreise, 1587 (Jan Jansz) 18 Kissenblätter mit dem
Stadtwappen zu je 5 Gulden 5 St., 1593 (Gerrit Jansz de Buck) 12 Blätter mit dem
Amsterdamer Wappen für insgesamt 87 Gulden, 1595 (Gerardt de Buch) 25 Kissen-
blätter mit dem Stadtwappen zum Einheitspreise von 8 Gulden, 1598 (Gerrit Jansz)
12 „Cussens" mit dem gleichen Motive für insgesamt 100 Gulden. Andere Werkstätten
wie die der Sara Dircx (1585, 1588), des Jakob Pieters (1591) und des Meisters Jacques
(1592) erscheinen gleichfalls mit Kissenlieferungen.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts übernimmt das Atelier der Simays die Führung.
Der Name ist in den Belegen häufig entstellt: Symen, Simon, Semey, Cimay. Der
Seniorchef des Unternehmens ist der aus Oudenaarde eingewanderte Goosart (Grossaert,
Gosert, Gerrit, Gosen) Simays. Der jüngere Dirck Simays (Simon) ist ein Sohn oder
naher Verwandter des Meisters. Simays d. Ä. ist zugleich Wirker und Händler, der
stärkere Nachdruck liegt auf der letzteren Tätigkeit. Nach seinem Fortzuge von Oude-
naarde setzt sich der rührige Unternehmer zunächst in Antwerpen fest. Er steht 1573
in Geschäftsverbindung mit dem portugiesischen Tapisseriehändler Edouard Salvator
Rodrigues. Eine eigene Manufaktur scheint Simays in der Scheidestadt nicht betrieben
zu haben. Er erbt im September 1585 ein Haus und Grundstück in der Nähe der
Pant von einem Verwandten, dem Kapitän Adrian Simays. Wenig später veräußert
der Meister das Terrain an den bekannten Händler und Wirker Franz Sweerts,
1586 scheint seine Übersiedelung nach Amsterdam erfolgt zu sein. Der Name der
Firma taucht in den Belegen fast aller holländischen Manufakturen auf. U. a. steht
Dirck Simays auch mit Delft in Verbindung. Karel van Mander, der Patronen-
maler der Spierincxschen Manufaktur, fertigt — anscheinend ohne Vorwissen seines
Arbeitgebers — für ihn verschiedentlich Verdürenentwürfe. Bei der „Schlacht von
Bergen op Zoom^, dem von Spierincx gelieferten ersten Behänge der Middelburger
Folge, spielt Meister Goosaert (1592, 1595) eine Art Vermittlerrolle; er liefert ferner

530
 
Annotationen