Leiden
Leiden.
Der Goudaer Wirker Willem Andriesz de Raet siedelt zu Ende der fünfziger Jahre
des 16. Jahrhunderts nach Leiden über. Die Zwischenepisode in Haarlem (1559) scheint
nur von kurzer Dauer gewesen zu sein. Nach Ch. M. Dozy findet sich der Name des
Meisters, der angeblich aus Brüssel stammt, bereits unter dem 20. Juni 1541 in der
Bürgerliste von Leiden (1). Der Verfasser identifiziert Meister Willem mit dem Maler
Willem Andrieszoon; die vergleichenden Angaben erscheinen einleuchtend. Die Ver-
bindung der beiden Künste kommt nicht allzu selten vor. Merkwürdig erscheint
immerhin, daß de Raet in Gouda nach den Patronen des Glasmalers Dirck Pietersz
Crabeth und nicht nach eigenen Entwürfen arbeitet.
1559 ist de Raet in Leiden endgültig ansässig, 1564 wird er Hauseigentümer, sein
Ableben fällt in das Jahr 1573. Die Tätigkeit seines Ateliers ist noch wenig ge-
klärt. 1568 liefert der Meister dem Amsterdamer Rate sieben Kissenblätter mit dem
Wappen der Stadt und dem Schilde von Holland; der Einheitspreis wird auf neun
Gulden 16 St. beziffert. Im gleichen Jahre wird ihm, gemeinsam mit seinem Leidener
Fachgenossen Jacob Jacobsz, die Vormundschaft der Kinder des verstorbenen Cornelis
Cornelisz übertragen.
Die einzige authentische Arbeit der de Raetschen Manufaktur birgt das Lakenhai-
Museum zu Leiden. Die Signatur — das Stadtwappen mit den gekreuzten Schlüsseln
und die Namensinitialen W A — läßt über die Herkunft keinerlei Zweifel (Abb. 510).
Der Teppich gehört zur Gattung der großblättrigen Verdüren. Er stellt eine außer-
ordentlich interessante Abart dar, die das Geerardsbergener (Enghiener) Distelmotiv
mit Brüsseler Tier- und Bordürenelementen verschmilzt. Sowohl Fauna als auch Flora
verraten den Einfluß der Hauptstadt Brabants, das gleiche gilt von dem architektonisch
gegliederten Aufbau des Rahmens. Frau Juno mit dem blinden Bogenschützen Amor
erinnert stark an die Wiedergabe der Caritas, die so häufig in den Brüsseler Bordüren
als Eckfüllung auftritt; als Gegenstück erscheint Gott Jupiter mit Blitz und Adler, auf
Wolken thronend. Die Farbengebung ist frisch, die technische Durchführung ein-
wandfrei.
1587 ist in Leiden die Bildteppichwirkerei erloschen. Der Delfter Meister Joost Jans
Lanckert tritt als Lieferant in Erscheinung. Erst zu Beginn des 17. Säkulums (1612)
taucht wieder ein Leidener W irkername — Carel Tavenier — in den Notariatsakten
auf. Nähere Einzelheiten fehlen zunächst gänzlich.
Am 24. März 1620 fungiert „Matheus Hendrixsz, tapytswerckern zu Leiden als sach-
verständiger Zeuge bei dem Vertragsabschlüsse zwischen Stanislaus Ciswicki und dem
Delfter Meister Maximilian van der Gucht.
Am 10. Dezember 1646 erscheinen in den Leidener Belegen „Charles le Roy, Tapicier
demeurant en cette ville de Leyde" sowie seine Ehefrau Catheline Ponseau.
562
Leiden.
Der Goudaer Wirker Willem Andriesz de Raet siedelt zu Ende der fünfziger Jahre
des 16. Jahrhunderts nach Leiden über. Die Zwischenepisode in Haarlem (1559) scheint
nur von kurzer Dauer gewesen zu sein. Nach Ch. M. Dozy findet sich der Name des
Meisters, der angeblich aus Brüssel stammt, bereits unter dem 20. Juni 1541 in der
Bürgerliste von Leiden (1). Der Verfasser identifiziert Meister Willem mit dem Maler
Willem Andrieszoon; die vergleichenden Angaben erscheinen einleuchtend. Die Ver-
bindung der beiden Künste kommt nicht allzu selten vor. Merkwürdig erscheint
immerhin, daß de Raet in Gouda nach den Patronen des Glasmalers Dirck Pietersz
Crabeth und nicht nach eigenen Entwürfen arbeitet.
1559 ist de Raet in Leiden endgültig ansässig, 1564 wird er Hauseigentümer, sein
Ableben fällt in das Jahr 1573. Die Tätigkeit seines Ateliers ist noch wenig ge-
klärt. 1568 liefert der Meister dem Amsterdamer Rate sieben Kissenblätter mit dem
Wappen der Stadt und dem Schilde von Holland; der Einheitspreis wird auf neun
Gulden 16 St. beziffert. Im gleichen Jahre wird ihm, gemeinsam mit seinem Leidener
Fachgenossen Jacob Jacobsz, die Vormundschaft der Kinder des verstorbenen Cornelis
Cornelisz übertragen.
Die einzige authentische Arbeit der de Raetschen Manufaktur birgt das Lakenhai-
Museum zu Leiden. Die Signatur — das Stadtwappen mit den gekreuzten Schlüsseln
und die Namensinitialen W A — läßt über die Herkunft keinerlei Zweifel (Abb. 510).
Der Teppich gehört zur Gattung der großblättrigen Verdüren. Er stellt eine außer-
ordentlich interessante Abart dar, die das Geerardsbergener (Enghiener) Distelmotiv
mit Brüsseler Tier- und Bordürenelementen verschmilzt. Sowohl Fauna als auch Flora
verraten den Einfluß der Hauptstadt Brabants, das gleiche gilt von dem architektonisch
gegliederten Aufbau des Rahmens. Frau Juno mit dem blinden Bogenschützen Amor
erinnert stark an die Wiedergabe der Caritas, die so häufig in den Brüsseler Bordüren
als Eckfüllung auftritt; als Gegenstück erscheint Gott Jupiter mit Blitz und Adler, auf
Wolken thronend. Die Farbengebung ist frisch, die technische Durchführung ein-
wandfrei.
1587 ist in Leiden die Bildteppichwirkerei erloschen. Der Delfter Meister Joost Jans
Lanckert tritt als Lieferant in Erscheinung. Erst zu Beginn des 17. Säkulums (1612)
taucht wieder ein Leidener W irkername — Carel Tavenier — in den Notariatsakten
auf. Nähere Einzelheiten fehlen zunächst gänzlich.
Am 24. März 1620 fungiert „Matheus Hendrixsz, tapytswerckern zu Leiden als sach-
verständiger Zeuge bei dem Vertragsabschlüsse zwischen Stanislaus Ciswicki und dem
Delfter Meister Maximilian van der Gucht.
Am 10. Dezember 1646 erscheinen in den Leidener Belegen „Charles le Roy, Tapicier
demeurant en cette ville de Leyde" sowie seine Ehefrau Catheline Ponseau.
562