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Brüssel

schönen Königin Zenobia. Am 23. Januar 1676 schließt Franco Mendez de Castro, einer
der bekannteren Antvverpener Wirkereihändler, mit Peemans den Vertrag auf Lieferung
einer Zenobiafolge von zwölf Teppichen nach den Kartons des „Justus Yerus ab
Egmont" (Joost van Egmont). Die Angabe ist insofern eigenartig, als Wauters den
Mechelner Maler Jan Snellinck, den Älteren, als Entwerfer der Reihe nennt.

In dem schon mehrfach erwähnten Schriftwechsel des Grafen Ferdinand Bonaven-
tura Harrach mit Anton Le Roy de St. Lambert wird am 31. März 1679 u. a. auch die
„Histoire d'Aurelianus empereur Romain et Zenobia, reine d'Egipte (141), fabrique de
Bruxelles, en 8 pieces, dessein de Juste d'Egmont, riche en soie, de 6 aunes d'hauteur

et 61 de tour, mesurant en tout 366 aunes ä 14 florins aune......5124 fl." erwähnt.

Die Folge besitzt der Herzog von Montalto, der bereit ist, die Serie drei Gulden unter
Einkaufspreis dem eifrigen Unterhändler Anton le Roy zu überlassen.

Tatsache ist, daß Jan Snellinck 1608 für den Oudenaarder Wirker und Händler
Georg Ghuys eine aus acht Kartons bestehende Zenobiafolge liefert. Die Vorlagen
gehen später zu dem Betrage von 6000 Gulden in Peemans' Besitz über; der sie in
einen kleineren Maßstab übertragen läßt und hierfür nicht weniger als angeblich
9000 Gulden aufwendet, Es ist klar, daß Kartons aus dem ersten Jahrzehnt des lau-
fenden Jahrhunderts ein halbes Säkulum später nicht mehr ohne weiteres in Bild-
teppiche zu übersetzen sind. Es muß Wunder nehmen, daß Meister Geraert derart
veraltete Patronen, die nicht einmal den Vorzug ehemaliger Berühmtheit besaßen, an-
kaufte. Ein Blick auf die in mehrfachen Wiederholungen noch vorhandene Zenobia-
geschichte zeigt deutlich, daß von den Snellinckschen Entwürfen nichts mehr übrig
geblieben ist. Bilddarstellungen und Bordüren sind das Werk des Justus Verus ab
Egmont, der zu den besten Antwerpener Patronenmalern zählt. Die Umarbeitung,
richtiger gesagt die Neubearbeitung, fällt wahrscheinlich in die Mitte der sechziger
Jahre.

Franco Mendez de Castro bewilligt Meister Geraert einen Einheitspreis von 15 Gulden
die gesamte Folge von zwölf Teppichen bedeckt eine Fläche von rund 630 Quadratellen;
die Kosten belaufen sich auf die für die damalige Zeit enorme Summe von 9450 Gulden.
Peemans übernimmt die besondere Verpflichtung, die ihm zur Verfügung stehenden
Kartons auf das genaueste wiederzugeben und nur die besten Materialien und die leb-
haftesten Farben — „des plus haults et plus vifs et reluisants couleurs" — zu ver-
wenden (142). Die Ablieferung erfolgt nach acht Monaten. Peemans muß schon einen
recht ausgedehnten Betrieb besitzen, wenn er auch nur die Hälfte der Reihe bis zu
dem vorgeschriebenen Termine durch eigene Kräfte fertigstellen will, ganz abgesehen
davon, daß schwerlich alle Stühle verfügbar waren.

Die Geschichte der Königin von Palmyra hat sich mehrfach in staatlichen und pri-
vaten Sammlungen erhalten. Die Jagdszene, aus dem Besitze des Herrn H. Braqueniö,
kam 1897 zur Versteigerung (143). Sie trägt die Brüsseler Marke und den Wirker-
namen G. PEEMANS in der blauen Kante. Vereinzelte Teppiche besitzt der bayerische
Staatsschatz (Abb. 340). Die Sammlung des Prado umschließt fünf von Peemans signierte
Teppiche der Reihe, darunter das besonders wirkungsvolle Hochzeitsmahl Zenobias mit
Odänathos und den Triumph Aurelians. Nach einer Angabe in L'Art 1892 (144) soll
eine weitere Wiederholung sich im Museum zu Aubusson befinden. Die Geschichte
der Königin von Palmyra und Ägypten fand in Spanien umso begeistertere Aufnahme,
als Calderon de la Barcas Komödie La Gran Cenobia sich in der gleichen Zeitspanne
einer außerordentlichen Beliebtheit erfreute. Ein Einfluß der Dichtung auf die Folge
liegt nicht vor. Von besonderer Schönheit ist die ebenso reich, wie schwungvoll
durchgeführte Bordüre. Uber einem Becken, dessen Corpus mythologische Figuren
schmücken, in das Delphine den belebenden Strahl springen lassen, schwebt ein Putto,
der üppige Girlanden in den Armen auffängt. Ein reiches Gefäß füllt die Mitte der
unteren, eine Kartusche die der oberen Umrahmung. Die Lösung zeigt nahe Verwandt-
schaft mit den köstlichen Bordüren der van der Streckenschen Manufaktur. Augen-
scheinlich arbeiteten für beide Betriebe die gleichen Patronenzeichner.

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