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Lübecker Malerei bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts.

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pärliche Nachrichten über die Malerei und Plastik in Lübeck gehen
zurück bis in das 13. Jahrhundert. Ausser einer beträchtlichen
" Anzahl von clipeatores oder Schilderern werden urkundlich auch
Maler und Bildschnitzer erwähnt wie Magister Conrad 1250,
Magister Christianus 1293 und Magister Matthias 1290—1304.1)
Auch muss Lübeck als Lieferungsplatz für Kunstwerke schon einige
Bedeutung gehabt haben, wie aus einem Briefe hervorgeht, in
welchem 1276 -H. de Luchowe frater, vicegardianus in Lubelce*
an den Gordian Wasmud der Minoriten in Riga schreibt, dass
Wühelmus Crane den Brüdern in Riga 5 vermacht habe und
dann fortfährt: »si cum dicta pecunia täbulam vobis congruentem
comparare velitis, tantam summam, que cum ista suficiat. simul
cum mensura longitudinis et latitudinis (latd ausgestrichen) tabule
transmittatis, si autem non, quid cum denariis ordinär i debet.
rescribatis etc.«.2) Dass die Bischöfe von Münster sich im drei-
zehnten Jahrhundert mehrfach in Lübeck ihre Siegel herstellen Hessen,3)
zeigt, dass auch die Goldschmiedekunst bereits im Aufschwünge war,
und dies wirft ebenfalls auf die andern Kunstzweige ein günstiges Licht.

Reichlicher schon tritt uns im 14. Jahrhundert die Auskunft
entgegen; besonders aus der zweiten Hälfte sind uns Künstlernamen
in grösserer Zahl aufbewahrt und auch eine Reihe von Werken selbst
bis in unsere Zeit erhalten. Lieber die Thätigkeit der einzelnen
Meister fehlt allerdings alles Nähere, doch ist aus den urkundlichen
Angaben aus dieser Zeit ersichtlich, dass die Malerei und Bild-
schnitzerei bereits in mehreren Familien sich von Vater auf Sohn
vererbte, und dass die meisten »pictores« und »SCtilptores« des
14. Jahrhunderts, deren Wohnhaus uns angegeben wird, auf dem
Pferdemarkt ansässig waren, ihre Thätigkeit sich also dem Orte nach
eng zusammenschloss.

Wenn wir erfahren wollen, woher diese Maler und Bildschnitzer
oder ihre Lehrer kamen, so ist es wichtig, zu sehen, woher über-
haupt die Bevölkerung und damit die Cultur Lübecks ihren Einzug
hielt. Und da treten uns in allererster Linie Westfalen und die
Rhcinlande entgegen. Lübeck erhielt das Christenthum wie auch
sein Recht aus Westfalen') und der Umstand, dass sehr viele Strafen

*) Vergl. das Künstlerverzeichniss (K. Verz.) am Schlüsse.
-) Publicirt in der altpreussischen Monatsschrift. Neue Folge. Bd. X. S. 529.
Königsberg 1873.

») Vgl. Wehrmann ■ Zunftrollen. S. 8 — L, U. B. I. S. 427 — K. Verz,
unter > Alexander.«

4) Pauli: Lübeckischc Zustände im M. A. I. S. 58.
A. Fahne: Die Westfalen in Lübeck. 1855.

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in Weinabgaben bestanden, deutet auf die Rheinlande.') Unter den
Lübecker Familien im 14. Jahrhundert, welche nach Ortsnamen be-
nannt sind, finden sich unter 50 mindestens 20 westfälische2), und
da die Stadt als Handelscentrum schnell emporblühte, so zogen
diese Familien beständig neue Kräfte aus der Heimath nach sich,
weil hier der aufstrebenden Jugend ein weites Feld zum Erwerbe
geboten war. In Folge des wachsenden Reichthums wird dann auch
bald die Kunst auf demselben Wege gefolgt sein. Bei den mit
einem Städtenamen behafteten Künstlern ist es meist nicht fest-
zustellen, ob sie selbst aus dem betreffenden Orte herstammen, oder
ob bereits eine frühere Generation von dort eingewandert ist. Nur
bei wenigen Persönlichkeiten lassen sich hierüber bestimmte Schlüsse
ziehen. So steht bei dem »pictor« Magister Albertus oder Albertus
vonmc Crane'') fest, dass er aus Soest stammte; 13o4 wird er noch
als civis Susatensis in Lübeck erwähnt und 1355/56 ist seine
Lübecker Bürgermatrikel ausgestellt. Auch die Malerfamilie
>xfc Bralcelc«*) lässt sich zurückverfolgen bis auf den »Gotscalcus
pictor«, bei dem die Bezeichnung »de Brakcle« noch nicht fest
zum Namen gehört und der daher nach den überlieferten Daten
ungefähr um die Mitte des 14. Jahrhunderts aus dem alten west-
fälischen Städtchen eingewandert sein wird. Noch im 15. Jahr-
hundert sehen wir später den Bildschnitzer und Maler Hans Hus-
mann'') aus Westfalen nach Lübeck ziehen und sich dort niederlassen.

Dass sich an der Kunstthätigkeit aber auch Kräfte des Landes
selbst betheiligten, zeigt der Name Hermann Walter de Colbergh
(seit ]305), der mit seinem Sohne (ca. .1340) in Lübeck ansässig
war, sowie Bcnselimis de Stratzeborgh (wohl Strassburg in der
Ukermark) 13H6—1411. Fasst man die beträchtliche Zahl von
Bildschnitzern und Malern zusammen, welche in der Stadt Grund-
besitz hatten, so geht daraus hervor, dass sich bereits eine aus-
gedehnte Kunstthätigkeit festgesetzt hatte. Dass ferner Werke von
grösserem Werthe in Lübeck entstanden, zeigt eine Urkunde im
Nieder-Stadtbuch daselbst vom Jahre 1382, nach welcher dem Maler
NicoJdUS Bylowe °) für eine Tafel, welche er dort noch in Arbeit
hatte, 163 Mark mit Aussicht auf noch weitere Zulage gezahlt
werden, was für jene Zeit eine sehr ansehnliche Summe ist.

Daher ist kein Grund vorhanden, die einzige Lübecker Tafel-
malerei, welche uns aus dieser Zeit erhalten blieb, der Stadt ab-

') Pauli a. a. O. I. S. 94.

2) Pauli a. a. O. I. S. 00 — Fahne a. a. O. ^

*, 5 u. °). Vergl. das Künstlerverzeichniss am Schlüsse unter den betreffenden

Namen.

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