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Verzeichnis

Lübecker Maler und Bildhauer bis zum Jahre 1530.

(Eine beträchtliche Anzahl unter den folgenden Notizen verdanke ich der Güte des Herrn Senator Dr. Brehmer in Lübeck, welcher dieselben bei seinen
Arbeiten in den Stadtbiichern aufgefunden und mir zur Benutzung mitgethcilt hat. Die betreffenden Angaben sind mit einem (B.) versehen;.

Abkürzungen

O. S. B. == Ober-Stadtbücher in Lübeck.
N. S. 13. =fc Nieder-Stadtbücher in Lübeck.
-L. U. B. — - Urkundenbuch der Stadt Lübeck.

Schröder-Auszug (Schr.-Ausz.) = Schröder'scher Auszug aus den Hypotheken-
hüchern, auf dem Hypotheken-Amte in Lübeck.

•4"

in Verzeichniss sämmtlicher urkundlicher Notizen, welche mir bisher

_I über Lübecker Maler und Bildhauer bis 1530 bekannt geworden

}^CT^ sind, kann nicht zum Zwecke haben, wirkliche, für sich abge-
schlossene Künstlerpersönlichkeiten vorzuführen, sondern nur eine
Zahl von Einzelnachrichten zusammenzustellen. Jedenfalls sind
diese aber auch ein Hülfsmittel, allniählig zur Kenntniss der Durch-
schnittsverhältnisse zu gelangen und bilden zugleich den Anknüpfungs-
punkt für weitere urkundliche Aufschlüsse.

Schon das dürftige Material , welches hier gesammelt ist, ge-
währt einzelne Einblicke. Wir sehen daraus, wie die Maler und
Bildhauer zum grossen Theil eine ganz bestimmte Strasse bewohnten,1)
nämlich den Pferdemarkt, wie dort bis nach der Mitte des 15. Jahr-
hunderts Haus bei Haus fast beständig in ihrem Besitze war und
erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts dies Zusammenwohnen
gelockert wurde, gleichsam als äusseres Zeichen der sich entwickelnden
Selbstständigkeit. Wir erfahren, wie sie ausser ihren Häusern Buden
zum Arbeiten und Ausstellen ihrer Werke hatten, welche sie theils
von der Stadt mietheten, theils sich selbst bauen Hessen; wie dann
die Häuser nach dem Tode oft übergingen in die Hand eines
jüngeren Malers, welchem die Wittwe meist sehr schnell nach dem
Tode ihres Mannes die Hand reichte, und welcher nach dem' Tode
dieser Frau dann wieder nichts Eiligeres zu thun hatte, als sich eine
zweite zu nehmen.

Oft wird der Sohn eines Malers Goldschmied, oder umgekehrt
der eines Goldschmiedes Maler, und wir treffen auch Brüder, welche
sich diesen beiden Gewerben gewidmet haben. Die »beldesnyder«
oder tsculptores imaginum« werde immer zugleich auch »meler« oder
>pictores« genannt, daneben giebt es aber eine grosse Reihe, welche

*) Dasselbe ist in Breslau nachgewiesen; vergl. Alwin Schult;. Urkundl.
üesch. der Breslauer Malerinnung. S. 35.

Mithofl = Mithoff, Künstler und Werkmeister Niedersachsens und Westfalens
2. Aufl. 1885.

Milde & Deecke = Milde & Deecke, Denkmäler bildender Kunst in Lübeck.

nur »pictores« heissen. Und in den Contracten und Bestellungen
finden wir bestätigt, dass die Schnitzer ihre Werke selbst bemalten
(staffirten), ja, auch die Flügel mit Gemälden versahen, wie es wenigstens
aus einem Conträct von 1421 aus ganz benachbarter Gegend her-
vorgeht, 2) wenn auch daneben wohl oft, in jüngerer Zeit jedenfalls,
diese Malereien besonderen Händen übergeben wurden. *) Dass an
grösseren Werken meist mehrere Kräfte thätig waren, lehrt die Be-
trachtung der Sachen selbst.

Auch mit manchen ausserordentlichen Dingen beschäftigten sich
zuweilen einzelne Maler, so wurde ca. 1250 der Magister Conradits
pictor in Lübeck als des Käthes >nuncius« in einer Rechtsangelegen-
heit nach der Lombardei geschickt, so berichtet ein Zeitgenosse in
seinen Aufzeichnungen unter dem Jahre 1483, dass der Maler
Frcdericus de Ueno die Anwendung eines mit Luft gefüllten Leder-
sackes zum Schwimmen auf dem Wasser erfand, wofür er 55 Gulden
erhielt.

Trotz der Zunfteinrichtungen, welche sich bemühten, den Ver-
dienst der einzelnen Meister möglichst auszugleichen, scheinen die
Vermögensverhältnisse doch recht verschiedene gewesen zu sein.
Einige müssen sich eines beträchtlichen Wohlstandes erfreut haben,
da wir sie im Besitze mehrerer Häuser finden; eine grössere Zahl
jedoch treffen wir in bedenklicher Geldnoth und beständig zur Ver-
pfandung ihrer unfertigen Werke sowie ihres Hauses gezwungen.

Dass die Maler und Bildhauer in ihrer gesellschaftlichen Stel-
lung einen Vorzug hatten vor den übrigen Handwerkern, ist für die
ältere Zeit wohl kaum anzunehmen. In der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts könnte es so scheinen, da der Maler Heinrich

2) Vergl. Conträct des Malers Henning Leptzow in Wismar, publ. v. Lisch
i. Jahrb. f. Mecklenbg. Gesch. Bd. XXIII 1858 S. 12 ff.
v) Vergl. Hans v. Collen.

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