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Bischofs von Rottenburg, Johann Bapt. v. Keller, die Bischofsweihe empfangen. Nun fand
im Münster die feierliche Inthronisation statt, durch die der Erzbischof Besitz von seinem hohen
Amt ergriff. Die päpstliche Bulle „Provida solersque“ vom 16. August 1821 hatte die alte
Diözese Konstanz, zu der auch Freiburg gehörte, aufgelöst und den Erzbischof des neu zu grün-
denden Bistums zum Metropoliten der oberrheinischen Kirchenprovinz bestellt. Das Münster
„Unsrer Lieben Frau“, bislang Pfarrkirche der Freiburger Bürger, war damit zur Metropolitan-
und hohen Domkirche erhoben worden.

Langwierige Verhandlungen zwischen Staat und Kirche, die schon 1818 in Frankfurt ein-
setzten, waren diesem Ereignis vorangegangen. Am 9. Januar 1821 wurde nach endlosen Be-
sprechungen beschlossen, das im Großherzogtum Baden zu errichtende Bistum zur Erzdiözese
zu erheben. Die günstige Lage Freiburgs innerhalb des badischen Landes und vor allem der
repräsentative Bau des gotischen Münsters waren wichtige Argumente, die nun beim Streit der
Städte Rastatt, Bruchsal und Freiburg um den Sitz des neuen Erzbischofs entscheidend in die
Waagschale fielen. Am 16. August 1821 kam Freiburg die Ehre zu, Bischofsstadt zu werden2.
Weitere sechs Jahre dauerte es, bis der badische Großherzog Ludwig den Tag der Konsekration
und Inthronisation des Erzbischofs kurzfristig auf Sonntag, den 21. Oktober 1827, legte. Ob-
wohl Zeit genug war, die Vorbereitungen für die lang erwartete Feier zu beschließen, scheiter-
ten die Verhandlungen meist an der zögernden Bürokratie der Karlsruher Behörden. So fehlten
noch im letzten Augenblick die von dort versprochenen liturgischen Gewänder. Drei Tage
vor dem Fest wandte sich daher der großherzogliche Oberhofmarschall Christian Freiherr
v. Gayling auf Bitten des designierten Erzbischofs Dr. Boll in einem dringenden Schreiben an
den Vertrauensmann des Großherzogs in Karlsruhe, Major v. Flennenhofer, er möge dafür
sorgen, daß die Paramente sofort „mit Extrapost“ nach Freiburg geschickt würden. „Es ist
äußerst nötig, daß die bischöflichen Ornate hierher kommen, weil es sonst ärmlich aussehen
und zu manchen unangenehmen Äußerungen Anlaß geben könnte.“3

In aller Eile wurden nun erst durch den Karlsruher Stadtpfarrer Philipp Kirch fünf brokatene
Ornate in der großherzoglichen Hofökonomie-Verwaltung ausgesucht, wo sie seit Aufhebung
des Fürstbistums Speyer lagerten, und „auf allerhöchsten Befehl aus dem disseitigen Vorrath
zu Händen des Herrn Ministerial Rath Zahn, zur Beförderung nach Freiburg abgegeben“4.
Mit drei Pferden bespannt, jagte die Eilpost am 19. Oktober mit der kostbaren Fracht nach
Freiburg und kam am Tage vor der Inthronisation dort an. Außer den Ornaten waren „drei
reich mit Gold bestickte Bischofs-Mitren“, Pontifikalschuhe und Handschuhe und ein „Coquet
mit Hermelin-Schweifen“ eingepackt worden. Beim Auspacken stellte sich heraus, daß der
Hermelinkragen nicht mehr verwendet werden konnte, da er von „Schaben“ vollkommen
zerfressen war. In der Hast des Verpackens hatte man dies in Karlsruhe nicht bemerkt.

Die dringendst benötigten Kultgeräte waren einen Monat früher, und zwar am 18. September,
von dem Offizial Hermann v. Vicari, dem späteren Freiburger Erzbischof, aus dem Konstanzer

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